GDL, HDL oder HDGDL
Wer liebt sie nicht, die Abkürzungen im Leben. Stuttgarter Rapper, die sich ihrerseits Fanta 4 abkürzen, machten einen ganzen Songs daraus. Und in Ermangelung von wirklich spannenden Nachrichten an den Kapitalmärkten in dieser Woche, ist die gesamte Nation auf zwei Themen fokussiert: GDL und BTW. Letztere, die Bundestagswahl, dominiert alle Gazetten: Talkshows, Umfragen und Straßenplakate. Erstere, die Gewerkschaft der Lokführer, dominiert das gesamte Leben aller Pendler, Urlauber und Geschäftsreisenden. Die funken SOS, weil ihr ICE JWD nicht mehr ankommt. Alles klar? Na ja, eines ist klar, die GDL und der Bahnvorstand werden sich keine SMS mit HDL-Inhalt schicken. Dabei wäre es so schön, wenn alle Beteiligten bald ein HDGDL unter Ihre Tarifverhandlungen setzen könnten. Apropos liebhaben: Die Notenbanken könnten schon bald beginnen, ihre enge Beziehung zum Zinsmarkt zu lösen:
FED, EZB oder TGIF
Letzte Woche hatte ich Ihnen versprochen, die Ergebnisse der FED-Sitzung noch nachzureichen, die man –wie immer– salbungsvoll aus Jackson Hole verkündete. Um es kurz zu machen: Nichts Neues! Inflation ist aus Sicht des Notenbankchefs Jerome Powell weiterhin vorübergehend. Man diskutiere weiterhin ganz vorsichtig mit viel Konjunktiven über den möglichen, langsamen, bedachten Einstieg in zaghafte kleine Rückführungen des Anleihekaufprogrammes. Abschmelzen statt Abschaffen ist die Devise, aber auch nur, wenn man am Arbeitsmarkt weiter Verbesserungen sieht, dessen Qualität und Quantität allerdings dehnbar sei. Kurzum: Hier wird verbalerotisch gesäuselt, um den Markt in Watte zu packen. Die EZB stellt in Anbetracht der jüngsten Inflationsentwicklung, zu der ich gleich komme, ebenfalls Überlegungen an, wie man damit umzugehen habe. Allerdings ist dort das Lager der ultralockeren Geldpolitikanhänger noch deutlich größer. Kritische Äußerungen zur Inflationsentwicklung werden zügig wieder eingefangen, um die Märkte nicht zu verunsichern. Geldpolitischer Diskurs verkommt zur weichgespülten „Wir lassen nichts anbrennen und retten jeden“-Mentalität. Unter der Woche sorgt man für weiter reichlich Liquidität und gegen Ende der Woche heißt es: TGIF!
CPI, VPI oder MFG
Doch die Zahlen sind eindeutig, der VPI (Verbraucherpreisindex) in Deutschland meldete in dieser Woche neue Höchststände: 3,9% Inflation. Zuletzt lag die Preissteigerung im Jahre 1993 so hoch. Und weil Sie sich daran wohl kaum noch erinnern werden: Die Zinsen lagen damals bei 6%. Der VPI heißt in den USA CPI (Consumer Price Index) und stieg zuletzt auf 5,4% Inflation an. Der große Unterschied zu früheren Inflationssteigerungen liegt im aktuellen Zinsniveau. Null- oder Negativzinsen werden bei weiter steigenden Mieten, Löhnen oder Rohstoffpreisen nicht mehr zu rechtfertigen sein. Und nicht die Notenbanken werden den Leitzins anpassen, sondern die Akteure an den Kapitalmärkten werden mit freundlichen Grüßen höhere Zinsen fordern. Aus meiner Sicht unausweichlich, aber auch kein Beinbruch für weiter steigende Aktienbörsen. Warum? Das können Sie in meinem aktuellen sehr ausführlichen Interview für die Börsen-Zeitung nachlesen: „Eine mäßige Inflation macht der Börse nichts aus“ In diesem Sinne ändert sich auch nichts an meiner Einschätzung zu weiter steigenden Aktienkursen, auch wenn einige Auguren schon wieder darauf aufmerksam machen, dass der eben begonnen Börsenmonat September statistisch eher negativ daherkommt. Kürzen wir meine Ausführungen für heute ab: THX und MFG.
Ihr Volker Schilling