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SMART ANLEGEN

„Hin und her macht Taschen leer“: Dominik Wenzelburger, Gründer des Finanzblogs Depotstudent.de im Interview

von Jen Gontovos

Wohin mit dem Geld? Dieses Luxusproblem hat Dominik Wenzelburger dazu gebracht, sich mehr mit seinen eigenen Finanzen auseinanderzusetzen. Er wollte, dass sein verdientes Geld für ihn arbeitet und nicht nur faul auf dem Girokonto rumliegt und sogar durch die Inflation an Wert verliert. Sein eigenes Bestreben und der Durst nach Informationen führten ihn letztendlich dazu sein erlerntes Wissen auf seinem Finanzblog der depotstudent.de an andere weiterzugeben.

Auf depotstudent.de stellt er mittlerweile gemeinsam mit einem ausgewählten Team aus Finanzjournalisten, Vermögensverwaltern und Börsenexperten Inhalte rund um die Themen Finanzen und Geldanlage bereit und gibt smarte Tipps für nachhaltige Investments.

Du hast den Finanzblog depotstudent.de gegründet – verdienst du damit hauptsächlich deinen Lebensunterhalt oder bist du noch wo anders aktiv?

Mit depotstudent.de bin ich seit 01.01.2021 in Vollzeit selbständig – ich bestreite meinen Lebensunterhalt aktuell praktisch ausschließlich durch dieses Projekt. Die Jahre davor habe ich das Projekt neben meinem Vollzeit-Beruf als Wirtschaftsingenieur betrieben. Durch mein Wertpapier-Portfolio erhalte ich darüber hinaus Dividenden und es sammeln sich Wertzuwächse an. Das sehe ich als wachsendes Standbein, das mir bereits jetzt ohne Arbeitsaufwand regelmäßige Einnahmen beschert.

Wie früh sollte man anfangen zu investieren? Ab wann ist eine Geldanlage in Aktien denn wirklich ratsam?

Ich lese immer mal wieder den Ratschlag, dass man erst dann zu investieren beginnen sollte, wenn man „richtig“ Geld hat. Was auch immer das im Einzelfall bedeuten mag. Ich habe da einen etwas anderen Standpunkt. Klar, wenn kein Geld da ist, lässt sich auch nicht investieren. Ich finde es aber gut, wenn jemand auch mit „kleinem“ Geld anfängt zu investieren, da man dadurch viel lernt. Also ruhig bereits mit 18, 20, 25 den ersten kleinen ETF-Sparplan starten oder sich für ein paar Hundert Euro ein paar Anteile kaufen. Warum? Man lernt die Börse kennen, man lernt mit den Schwankungen umzugehen und sicherlich auch seriöse Angebote von unseriösen Angeboten zu unterscheiden. Außerdem macht man Fehler an der Börse lieber mit 100 € als mit 100.000 €. Frühes Lehrgeld ist häufig günstiger.

Ist ein kapitalbasiertes Rentensystem ratsam? Welche Möglichkeiten wären hier die besten deiner Meinung nach?

Ich sehe kaum eine andere Möglichkeit, um die Rente zu finanzieren. „Einfach durchreichen“ oder „Umlageverfahren“ wie es beim aktuellen Rentensystem so schön genannt wird, um eine akzeptable Rentenhöhe zu sichern wird schwierig bis unmöglich. Vor allem, sobald sich die demografische Situation ins Extreme entwickelt. Sicherlich muss man sich die mögliche Umsetzung im Detail anschauen, aber vom Grundsatz her ist der Aktienmarkt trotz aller Schwankungen eine langfristig hervorragende Möglichkeit, um Kapital aufzubauen – welches dann über die Rente wieder verzehrt werden könnte.

Gibt es ein Geheimrezept für Erfolg auf dem Kapitalmarkt?

Ich halte mich grundsätzlich von Geheimrezepten und „heißen Tipps“ fern. Ein paar Weisheiten wie „Time in the Market beats Timing the Market“ oder „Hin und her macht Taschen leer“ sind sicherlich nützlich. Das hat für mich zwar nichts mit Geheimrezepten zu tun, aber ein langfristiger Anlagehorizont, Geduld und das gepaart mit einer Buy-and-Hold-Strategie dürften für die meisten Anleger die beste Strategie sein.

Gibt es einen Fahrplan welcher Einstieg für den Anfang ratsam ist und welche Steigerung würdest du empfehlen?

Im ersten Schritt sollt man sich einen groben Überblick über die verschiedenen Anlageklasse (Aktien, Anleihen, Immobilien, …) verschaffen und sich überlegen, was aktuell am besten zu einem passt. Ich persönlich habe den Einstieg durch passives Investieren mit ETFs auf den globalen Aktienmarkt gemacht. Vor allem aus dem Grund, dass ich keine einzelnen Aktien analysieren wollte und das Risiko dadurch vermieden wird, dass man Fehlgriffe mit einzelnen Unternehmen macht. Wer Spaß daran hat, kann mit der Zeit auch Einzelaktien beimischen oder sich zu den Bereichen Kryptowährungen, P2P Kredite und zu anderen risikoreicheren Anlagemöglichkeiten informieren.

Wo kann ich mir Hilfe suchen, wenn ich nicht durchblicke auf dem Kapitalmarkt? Was würdest du empfehlen?

Gerne natürlich bei mir auf der Website. Also grundsätzlich denke ich, dass die Mischung es macht. Sich gerne ein Buch für die Grundlagen kaufen, in Blogs und Foren stöbern und auch mal einen Finanzberater kontaktieren. Auch wenn ich bei meiner ersten Finanzberatung (damals bei der Sparkasse) keine Produkte abgeschlossen habe, so habe ich doch einige Fragen für mich klären können und habe Einblicke in die Welt der Geldanlage erhalten.

Wie riskant ist der Einstieg auf dem Kapitalmarkt?

Da muss man sich fragen: Was bedeutet Risiko? Risiko am Kapitalmarkt bedeutet für mich als langfristigen Buy-and-Hold-Anleger in erster Linie: Kursschwankungen. Für Menschen, die ihr Geld kurzfristig parken möchten und das Geld in vielleicht 1-2 Jahren wieder entnehmen möchten, ist das Risiko für Wertverluste am Aktienmarkt hoch. Der Kapitalmarkt kann also durchaus sehr riskant sein. Für Menschen, die ihr Geld langfristig (10, 20, 30 Jahre) anlegen möchten, ggfs. sogar für die Rente beiseitelegen und dann schrittweise entnehmen, für diese Menschen ist der Kapitalmarkt meiner Einschätzung nach nicht sonderlich riskant. Dabei denke ich aber vor allem an global gestreute ETFs. Wer in Einzelaktien investiert und nicht ausreichend diversifiziert, trägt natürlich auch die Risiken der einzelnen Unternehmen wesentlich stärker. Denn einzelne Aktien können im schlimmsten Fall praktisch wertlos werden können.

Gibt es Bereiche, von denen du abraten oder warnen würdest?

Es ist schwierig und häufig auch etwas unfair, bestimmte Bereich generell zu verteufeln. Bei Dienstleistern, Brokern oder irgendwelchen Plattformen, die von „schnellem Geld“ oder „sicheren und hohen Renditen im zweistelligen Bereich“ sprechen, würde ich lieber zweimal hinschauen. Und im Zweifel die Finger davonlassen. Auch die Kostenstrukturen mancher aktiv gemanagter Fonds sind erschreckend. Da würde ich tendenziell lieber auf ETFs setzen. Diese kommen zumindest häufig mit 0,2 – 0,3 % laufenden Kosten pro Jahr hin, während manche Fonds 1,5 % und mehr fordern. Was ich auch schwierig finde: Kryptowährungen werden von vielen Menschen als „Chance auf schnelles Geld“ wahrgenommen. Da wird ein Depot eröffnet, schnell ein paar Kryptos gekauft, ordentlich Provision bezahlt und wenn nach wenigen Wochen oder Monaten dann ein Minus im Depot steht, wird wieder verkauft. Das ist natürlich der falsche Weg und hat mit Vermögensaufbau wenig zu tun.

Wie erkenne ich eigentlich ein gutes Investment an der Börse?

Ein gutes Investment muss aus meiner Sicht immer zur persönlichen Strategie passen. Für mich sind ETFs sehr zeitsparende und effiziente Anlageprodukte. Und einmal verstanden und eingerichtet ist es egal, ob 100 € oder 1 Mio. € investiert werden sollen. Der Zeitaufwand wird nicht größer. Um ein „gutes Investment“ oder einen „guten Trade“ ausfindig zu machen, gibt es eine Vielzahl an Strategien. Damit werden immerhin ganze Bücher gefüllt. Dabei spielt es vor allem eine Rolle, ob man sich als langfristiger Investor oder als kurzfristiger (Day)Trader sieht. Für einen Daytrader ist ein gutes Investment etwas ganz anderes als für einen Buy-and-Hold-Investor oder einen Verfechter der Dividendenstrategie.

Wo kann ich mich am besten informieren über Aktien und Co. Was ist deine tägliche Lektüre?

Ich nutze möglichst viele und möglichst verschiedene Quellen. Websites, Bücher, Youtube, Foren und was es sonst so gibt. Für mich ist es nicht nur für meine persönliche Geldanlage, sondern auch für die Website sehr wichtig zu verstehen: Was fragen sich Anleger? Was beschäftigt die Menschen? Wozu kann ich Antworten liefern? Eine Kombination vieler Quellen ist zumindest meiner Ansicht nach ein vielversprechender Weg, um ein recht zutreffendes Gesamtbild zu erhalten. Bücher von Investment-Größen wie Warren Buffet und Andre Kostolany bieten dabei sicherlich ganz andere Einblicke als Diskussionen in Online-Foren. Aber beides ist für mich hilfreich.

Was sind denn die häufigsten 5 Fehler bei der Geldanlage?

Auf meiner Website gibt es ein kleines eBook mit den häufigsten Fehlern bei der Geldanlage, daher wird das jetzt vielleicht ein kleiner Spoiler. Einige der größten sind meiner Meinung nach:

In etwas investieren, was man nicht versteht.

Bei Geldanlagen bleiben, die weniger als die Inflation einbringen (z.B. Tagesgeld).

Gebühren nicht im Blick haben: Zum Beispiel laufende Kosten bei Fonds und Orderkosten beim Broker.

Geldanlage „ohne nachzudenken“ an Berater abgeben, ohne das Thema selbst zu verstehen.

Wildes Traden ohne Ahnung, obwohl entspanntes und langfristiges Investieren besser zu einem passt.

Kann man überhaupt noch wirklich an der Börse ein Vermögen aufbauen, auch wenn man nicht zum Anfang viele Mittel hat?

Vor allem junge Menschen, die noch viele Jahre und Jahrzehnte bis zum Verzehr des Vermögens haben, können mit kleinen Beträgen Großes bewirken. Der Faktor Zeit kann Wunder wirken. Mit Renditen von 7 % bis 8 % pro Jahr bieten die globalen Aktienmärkte langfristig gute Chancen für den Vermögensaufbau. Nach Inflation, Kosten und Steuern lassen sich praktisch etwa 3 % bis 5 % Real-Rendite erwirtschaften. Bei 4 % Real-Rendite erhält man aus einem 50 € Sparplan nach 40 Jahren immerhin fast 60.000 €.

Du bist viel in der Finanzwelt unterwegs, hat sich hier etwas geändert in Bezug auf Frauen und Finanzen? Hast du selbst was bemerkt?

In den letzten Jahren sind vermehrt Bücher, Coachings, Websites, Youtube-Kanäle und vieles mehr speziell für das Thema „Frauen und Finanzen“ erstellt und vermarktet worden. Vieles davon sehr erfolgreich. Inwieweit diese Entwicklung repräsentativ ist und ob sich der Einfluss an Zahlen belegen lässt, kann ich nicht beurteilen. Dass dieses Thema in der Finanzszene einen festen Platz bekommen hat, ist aber nicht zu bestreiten und eine positive Entwicklung.

ein Artikel von
Jeniffer hat sich in ihrem journalistischen Dasein interessanten und vor allem motivierenden Geschichten von Gründer und Gründerinnen verschrieben. Und genau damit bereichert sie ZASTER.