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BÖRSE

Frischer Wind an der Deutschen Börse

von Pauline Brinkmann

DAX 30, diesen Namen haben wir seit circa 30 Jahren im Kopf, wenn es um Themen rund um Börse und den Finanzmarkt geht. Doch aufgepasst! Ab sofort heißt dieser nicht mehr DAX 30 sondern DAX 40. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der Deutsche Aktienindex wurde Anfang September diesen Jahres um 10 Werte erweitert. Andreas von Brevern, der Sprecher der Deutschen Börse erhoffe sich laut eigener Angaben durch die Erweiterung des DAX nun ein breiteres Abbild von mehr Werten und mehr Branchen der deutschen Wirtschaft. Doch was bedeutet diese Veränderung in der Konsequenz?

In erster Linie hat dies für den MDax eine Verkleinerung um 10 Werte zur Folge, dieser schrumpft ab sofort von 60 auf 50 Werte. Mit der Aufnahme der zehn neuen Unternehmen in den DAX wird außerdem die Gewichtung innerhalb des DAX angepasst.  

Der DAX stand in der Vergangenheit des Öfteren in der Kritik mit dem Vorwurf, dass er lediglich die sogenannte Old Economy abbilden würde. Unter diese alte Industrie fällt beispielsweise der Maschinen­bau-, die Auto­mobil-, die Bau- oder die Chemie­industrie. Dienstleistungs­unternehmen sind im DAX hingegen vergleichsweise unterrepräsentiert.

Laut einer Analyse der Deutschen Bank wird der Dax 40 „insgesamt diversifizierter, robuster und etwas jünger“. Die Zahl der Unternehmen, die jünger als 50 Jahre sind, dürfte sich in etwa verdoppeln, liegt aber weiterhin im einstelligen Bereich.

Aber wie zukunftsgerichtet ist diese Veränderung im Endeffekt wirklich? Ist der DAX in der Zukunft gerade im Hinblick auf die ESG Kriterien überhaupt fortschrittlich genug angelegt?

Kritiker beanstanden: In seiner jetzigen Form sei der DAX nicht mehr zeitgemäß. Grund dafür? Die kürzlich zur Debatte gestandene Forderung, solche Unternehmen von der DAX-Mitgliedschaft auszuschließen, die mehr als 10 Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung umstrittener Waffen machen, wurde verworfen. Jedenfalls für den neu in den DAX einsteigenden Luft- und Raumfahrt­konzern Airbus wäre eine Nachhaltigkeitsregelung dieser Art zum Problem geworden.

Von diversen Seiten kam der Vorschlag im Zuge der Novellierung generell mehr Nachhaltigkeitskriterien in das Regelwerk zu implementieren. Diesem Gedanken wurde seitens der Börsianer jedoch in keinerlei Hinsicht nicht Rechnung getragen.

Ein weiteres Problem: Der DAX ist im Hinblick auf zukunftsweisende Technologien eine echte Innovationsbremse. Denn ab sofort gelten neue Kriterien für den Börseneintritt. 

Fortan muss der Börsennachwuchs vor seinem Amtsantritt mindestens auf Basis des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen in den vorhergehenden beiden Geschäftsjahren profitabel gewesen sein. Was für den Laien nach einem logischen Prozedere klingen mag, ist für junge Unternehmer ein haarsträubendes Unterfangen. Wie jüngst das prominente Beispiel des Autobauers Tesla zeigte, der trotz seiner Gründung im Jahre 2003, erst im Jahr 2020 schwarze Zahlen schrieb, sind aufstrebende Gründer meist erst nach vielen Jahren profitabel. Diese neue Voraussetzung versperrt mithin gerade neuen Unternehmen aus dem Technologie- oder Klimasektor den Weg zu einem innovationstreibenden Börsenpush. Denn diese versprechen sich durch den frühzeitigen Börseneintritt meist eine wirtschaftliche Blüte, die auf dem internationalen Parkett Früchte trägt.

Eine weitere Änderung hat sich für börsennotierten Unternehmen im Hinblick auf eine fristgerechte Veröffentlichung von Zwischenberichten ergeben. So sollen jene, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen zukünftig aus dem Leitindex aussortiert werden. Die Zusammensetzung des DAX soll in der Zukunft zweimal statt nur einmal jährlich regulär überprüft werden. Dabei wird der Börsenwert, also die Marktkapitalisierung, zum wichtigsten Kriterium. Das   zweite Kriterium für eine Aufnahme in einen Index, der Börsenumsatz, fällt ab sofort jedoch weg. Denn es wird – und dies gilt auch für die anderen Indizes, wie MDax, SDax und TecDax – durch die Mindestliquiditätsanforderung ersetzt.

Ausschlaggebend für diese rechtlichen Neujustierungen war der Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard, der noch Monate nachdem im Sommer 2020 seine milliardenhohen Luftbuchungen ans Licht kamen, seinen Platz im DAX innehatte.

Doch wer wird uns abseits der uns bekannten DAX-Giganten fortan an der Börse beehren? 

Neben den Berliner Unternehmen Zalando und Hellofresh werden zukünftig ebenso der deutsch-französische Flugzeugbauer Airbus, der Chemikalienhändler Brenntag, die Holdinggesellschaft Porsche, der Sportartikelhersteller Puma, das Biotechnologie- und Diagnostikunternehmen Qiagen, der Pharma- und Laborzulieferer Sartorius, der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers sowie der Aromen- und Duftstofehersteller Symrise in den DAX einsteigen.

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ein Artikel von
Pauline Brinkmann
Pauline studiert in Potsdam und Lausanne Rechtswissenschaften. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch nicht Mietverträgen, sondern politischen und gesellschaftlichen Prozessen.