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Wie glücklich macht Geld?

Erfolgsmodell Jobsharing: Stark wie Zwei!

von Frank Behrendt

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass vor vielen Jahren einer meiner früheren Chefs den konstruktiven Vorschlag von zwei Mitarbeiterinnen, sich nach der Elternzeit einen Job gleichberechtigt zu teilen, unwirsch als „unpraktikables Mutti-Modell“ abgekanzelt hat.

Heute, im Zeitalter des Fachkräftemangels und einer immer größeren Zahl von kreativen und flexiblen Arbeitsmodellen sieht das zum Glück anders aus. Die Möglichkeit der Arbeitsplatzteilung gibt es übrigens bereits seit fast 20 Jahren und ist im Paragraph 13 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gesetzlich geregelt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können danach vereinbaren, dass zwei oder mehrere Arbeitnehmer:innen sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen.

Einen Boom hat Jobsharing in den letzten Jahren im Gesundheitswesen erfahren. Um die durchgehende Besetzung einer verantwortlichen Position – zum Beispiel in Krankenhäusern – zu gewährleisten und das Aufstellen von Dienstplänen zu erleichtern, hilft das Modell vorzüglich. Immer mehr Personaler:innen sind zudem überzeugt, das eine Tandemkonstellation nicht nur den Arbeitnehmer:innen nutzen, sondern auch dem Arbeitgeber einen echten Mehrwert bieten kann: Denn zwei Menschen bringen in Summe oft deutlich mehr fachliche Kompetenzen, Soft Skills und Erfahrungen mit, als die meisten Solisten. Der Einsatz von Job-Duos ist dabei nicht nur auf den unteren Hierarchieebenen praktikabel, sondern auch in Leitungsfunktionen.

Bei der Plan.Net Group, einem führenden Digitaldienstleister für Customer Experience & Commerce und Teil der Serviceplan Group, haben kürzlich zwei starke Frauen zusammen den Job des „Head of Delivery Management“ übernommen: Anke Eberhard und Helena Rheborg teilen sich die Rolle und verantworten gemeinsam das Management großangelegter Digital-Experience-Programme sowie deren Agentur- und länderübergreifende Bereitstellung für Kund:innen.

Ihr CEO, Wolf Ingomar Faecks, der als visionärer Manager gilt, freut sich nicht nur über zwei kompetente neue Kolleginnen an Bord, sondern sieht darin auch ein klares Signal. Er sagt: „Die Tandem-Besetzung spiegelt die Agilität und Transformationsbereitschaft wider, die unsere Arbeitswelt heute fordert.“ Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich vor Jahren meiner Frau, die seinerzeit aufgrund unserer kleinen Kinder zunächst Teilzeit arbeiten wollte, den Tipp gab, sich mit einer Kollegin, ebenfalls junge Mutter, als Duo auf eine ausgeschriebene Vollzeitstelle im Bereich Kommunikation an einer privaten Hochschule zu bewerben.

Die Personalerin war zwar zunächst überrascht, aber fand schnell Gefallen an der Idee. Auch der Chef ließ sich gerne überzeugen und die Einstellung des dynamischen Tandems sorgte auch für eine positive mediale Präsenz der Hochschule und positionierte diese als modernen Arbeitgeber. Fun-Fact: Da die beiden Frauen zufälligerweise auch den gleichen Vornamen tragen, war die Kommunikation besonders einfach, denn eine Melanie ging schließlich immer ans Telefon und konnte weiterhelfen. „Jobsharing bietet nicht nur Vorteile für die Tandempartner. Auch die Teams profitieren von dem Know-how zweier Köpfe und die Mitarbeiter haben immer einen Ansprechpartner“, heißt es beim Chemiekonzern BASF.

Dort gibt es intern sogar eine Jobsharing-App, mit der sich Gleichgesinnte vernetzen und zu Arbeitspartnern werden können. Auch bei BMW hat sich Jobsharing als sinnvolle Alternative etabliert. Seit Oktober 2020 steht das Modell prinzipiell für Angestellte des ganzen Unternehmens zur Verfügung. „Arbeitszeit sollte in zukunftsgerichteten Unternehmen kein Maßstab mehr für Führungsleistung sein“, sagte Richard Jäger, Chef von Randstad Deutschland in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. „Hier sind in erster Linie entsprechende fachliche und soziale Kompetenzen gefragt, alles andere ist eine Frage der Organisation und nicht der 40-Stunden-Woche.“ Nils Schmidt, Vorstand des renommierten Verbandes für Fach- und Führungskräfte (DFK) ist überzeugt, daß intelligent umgesetzte Jobsharing-Modelle auf allen Ebenen auch den Betrieben viele Vorteile bieten: „Die Motivation steigert sich auch aufgrund der Möglichkeit zur Vereinbarung von Beruf mit Familie und Freizeit.

So haben nicht nur Frauen die Möglichkeit, für die Familie da zu sein, sondern auch die Väter“. Ich persönlich habe als Chef immer die Devise vertreten, dass sich Arbeitsmodelle flexibel an die individuellen Lebenssituationen der Mitarbeitenden anpassen müssen. Deshalb haben wir im Management in enger Abstimmung mit dem HR-Team immer nach Lösungen gesucht, bei denen wir unsere gut ausgebildeten Mitarbeitenden jederzeit maximal für das Unternehmen nutzen konnten und dennoch ihre individuellen Wünsche nach Flexibilität und Zeit für Partner:in oder Familie erfüllt wurden. Als ich kürzlich eine frühere Personalerin aus einer meiner ersten Agentur-Stationen in der Stadt traf erinnerte sie mich an einen Spruch, den ich dazu vor vielen Jahren immer wieder gerne gebracht habe: „Glücklichere Menschen übertragen ihren positiven Spirit auch in den Job.“ Daran hat sich aus meiner Sicht bis heute nichts geändert. 

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.