Seit langem führen japanische Unternehmen den technologischen Fortschritt weltweit an und treiben den Übergang zu einer ressourceneffizienteren Wirtschaft voran. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern konnte sich Japan nie allein auf eigene natürliche Ressourcen verlassen. Die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen und Kernenergie schuf jedoch Anreize für eine effiziente Nutzung von Energie. Japans Fokus auf langfristige Investitionen und seine Fähigkeiten im Ingenieurwesen und der industriellen Technologie führten zu wichtigen technologischen Durchbrüchen.
Traditionell war die Unternehmenskultur in Japan geprägt von Geheimhaltung, schlechter Unternehmensführung und mangelnder Offenheit gegenüber fortschrittlicheren westlichen Unternehmensnormen. Vieles davon hat sich geändert, denn Japan ist gerade dabei, den Aktienmarkt zu öffnen, um westliche Investoren zu gewinnen. All das begann 2013 unter Premierminister Shinzo Abe, aber der Wunsch nach Veränderung und Verbesserung durch gute Unternehmensführung und bessere Kapitalrenditen hält an.
Mit Interesse stellten wir fest, dass 11 der 21 Meetings in Englisch stattfanden. Als ich 2007 zum ersten Mal in Japan war, konnten wir froh sein, wenn überhaupt Englisch gesprochen wurde. Zudem war mehr als die Hälfte der Unternehmensvertreter weiblich, was für Japan und seine Unternehmenskultur ebenfalls ein wichtiger Schritt ist. Während der Meetings wurde immer wieder auf das „moderne Japan“ im Gegensatz zum „traditionellen Japan“ hingewiesen. Nach fast 20 Jahren regelmäßiger Besuche konnte man den Wandel spüren.
Trotz Jetlag und drückender Hitze trafen wir einige interessante Unternehmen. Ein großes Thema dabei war KI. Japan spielt eine wichtige Rolle in der Lieferkette der Halbleiterindustrie, und KI kommt der gesamten Lieferkette zugute. Wir trafen Tokyo Electron, das bei der Vorbereitung der Chips hilft, bevor sie durch eine Lithografiemaschine geschickt werden. Außerdem trafen wir Advantest, das Halbleiterchips auf Fehler testet, um die Qualität zu verbessern und fehlerhafte Produkte zu reduzieren. Das sind nur einige Unternehmen, die vom Aufschwung des Halbleiterzyklus und vom Superzyklus im Zusammenhang mit KI-Investitionen profitieren.
Wir haben mehrere Unternehmen besucht, die in den Sektoren Elektrofahrzeuge (EV) und Industrieautomation tätig sind und aktuell schwächeln. E-Auto-Produzenten enttäuschten die Investoren, weil die schwache Nachfrage in Europa und den USA auf ein großes Angebot von Herstellern aus aller Welt traf. Nidec etwa arbeitet mit einem europäischen Erstausrüster (OEM) zusammen und kämpft mit Nachfrage- und Rentabilitätsproblemen. Seine EV-Sparte ist eine Enttäuschung. Wir trafen auch Rohm, einen Zulieferer für Elektrofahrzeuge und die industrielle Automatisierung. Beide Unternehmen erlebten eine deutliche konjunkturelle Schwäche, aber sie bleiben langfristig zuversichtlich, was die Nachfrage angeht. Wann der Aufschwung kommt, ist offen. Anleger brauchen Geduld, bis der strukturelle Rückenwind das Wachstum schließlich vorantreiben wird.
Wir besuchten Keyence, seit mehr als zehn Jahren eine der Schlüsselpositionen in unseren Sustainable Future Global- und Managed-Strategien. Keyence beherrscht den globalen Markt für maschinelles Sehen und Sensortechnologien. Seine Technologie ist entscheidend für die Erkennung fehlerhafter Produkte in hochmodernen Fertigungsprozessen, die für Smartphones oder Elektrofahrzeugen eingesetzt werden. Seit wir in Keyence investiert sind, stehen wir in ständigem Austausch mit dem Unternehmen und haben das Management auch jetzt wieder auf Probleme angesprochen. Insbesondere forderten wir eine bessere Offenlegung zu den Auswirkungen der Produkte und Angaben zur Anzahl der fehlerhaften Produkte, zu deren Aufdeckung Keyence beiträgt. Außerdem haben wir weitere Verbesserungen bei der Governance-Struktur angemahnt und das Unternehmen dazu gedrängt, uns mitzuteilen, was es mit dem vielen Bargeld in seiner Bilanz vorhat.
Unser letztes Treffen in Osaka fand mit einer anderen langfristigen Beteiligung statt: Daikin. Im Dezember lösten wir in den Global- und Managed-Strategien unsere Positionen in dem weltweit führenden Hersteller energieeffizienter Klimaanlagen auf, nachdem unser Versuch gescheitert war, das Unternehmen von einer Kündigung seines Vertrags mit dem japanischen Verteidigungsministerium (MoD) zu überzeugen. Obwohl es sich dabei ausschließlich um Rauchbomben für Trainingszwecke handelt und das Geschäft klein ist, haben wir beschlossen, die Position zu verkaufen. Bei einem Treffen mit dem Daikin-Management wurde uns (nach dem Verkauf) mitgeteilt, dass das Unternehmen im Januar beschlossen hatte, sich aus dem Geschäft mit dem japanischen Verteidigungsministerium zurückzuziehen. Wir waren mehr als 10 Jahren investiert und freuten uns, dass unsere Verkaufsentscheidung das Management zu diesem Schritt bewog.
Wir verließen Osaka und fuhren mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkasen zurück nach Tokio. Dort trafen wir eine Reihe beeindruckender Unternehmen, die sich auf Technologie-Anwendungen in allen Bereichen der japanischen Wirtschaft konzentrieren. Dazu gehörte GMO Payments, das die Einführung eines elektronischen Zahlungsverkehrs in einem Land vorantreibt, das bei der Umstellung von Bargeld auf digitale Zahlungen weit hinter seinen westlichen Nachbarn zurückliegt. Wir trafen zudem den Gründer von Rakus, einer Software-as-a-Service (SAAS)-Plattform, die japanischen KMU zu mehr Effizienz verhilft.
Insgesamt hatten wir das Gefühl, dass japanische Unternehmen entschlossen sind, sich ausländischen Investoren gegenüber zu öffnen. Die Ära des Misstrauens gegenüber ausländischen Investoren und Eigentümern weicht der Notwendigkeit, die Offenlegung und die Unternehmensführung zu verbessern und vor allem bessere Qualitätskennzahlen wie Eigenkapital- und Kapitalrendite anzustreben.
Ein Gastbeitrag von Simon Clements und Chris Foster, Fondsmanager bei Liontrust.
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