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MODEZIRKUS, ABER FAIR

Eine Modemacherin mit Ideen, Zielen und Wünschen: Rebekka Ruetz im Interview

von Alicia Peters

2009 gründete die gebürtige Tirolerin ihr Modelabel rebekka ruétz. Seit 2011 präsentiert sie ihre besonderen Kollektionen auf der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin. Erst vergangene Woche brachte sie erneut ein Stück Zillertal und Lebensfreude auf den Laufsteg im Kraftwerk Berlin. Unsere ZASTER-Autorin Alicia durfte die von der Natur geprägte Mode der Tiroler Designerin bestaunen und sich anschließend mit ihr zum Interview treffen. Dabei hat sie herausgefunden, dass Rebekka nicht nur besondere, sondern vor allem auch nachhaltige Mode produziert. Eine weitere Erkenntnis: Stylisch geht auch erschwinglich!

Welche Kosten entstehen bei der Herstellung eines Kleidungsstücks?

Das kann man oft gar nicht genau sagen. Aber gerade am Anfang eines Kleidungsstücks, wenn man einen neuen Schnitt erstellt, die ersten Anproben macht, entstehen immer sehr viele Kosten, weil sehr viele Menschen an dem Prototyp arbeiten. Die Musterung ist also immer sehr kostspielig. Im späteren Verlauf der Anfertigung amortisiert sich dann der Preis.

Magst du mir den Unterschied zwischen Fast Fashion und Slow Fashion erklären?

Gerne! Wir haben uns ja der Slow Fashion verschrieben. Für uns bedeutet das, dass wir nur zwei Kollektionen im Jahr rausbringen: Einmal im Frühling / Sommer und einmal im Herbst / Winter. Wir haben einen „langsamen“ Zyklus.

Fast Fashion – das machen meist große Konzerne – bedeutet im Gegensatz dazu, dass es sehr viele Kollektionen gibt. Teilweise wird wirklich jeden Monat eine neue Kollektion herausgebracht, also zwölf ganze Kollektionen im Jahr! Mich persönlich stört das ziemlich. Ich finde das überhaupt nicht nachhaltig. In dem Moment, in dem es eine neue Kollektion gibt, ist die vorherige Kollektion sozusagen schon wieder „abgelaufen“. Ich finde diesen Gedanken furchtbar, denn nur weil es eine neue Saison gibt, bedeutet das nicht, dass die Kleidung plötzlich nichts mehr wert ist.

Mit Slow Fashion wollen wir die Lebensdauer von Kleidung verlängern und Lieblingsteile, die auch von ihrem Stil her nachhaltig sind, über viele Jahre tragbar machen… So wenig Neues wie möglich, damit viel Altes mit Herz getragen werden kann.

Was muss man heutzutage bei der Gründung eines Modelabels beachten und wie hebt man sich von anderen Labels ab?

Das ist eine gute Frage! Ich habe mein Label ja bereits vor zwölf Jahren gegründet. Ich glaube, die eigene Sprache ist am wichtigsten, um auch langfristig gut und kreativ arbeiten zu können. „Was möchte ich machen? Worin bin ich gut?“ Das sind Fragen, die sich Modeschaffende zuallererst stellen sollten. Und dann ist es für ein Modelabel wichtig, auch schon bei der Gründung darauf zu achten, digital zu arbeiten: Online präsent zu sein, ein gutes Konzept zu haben, den Kunden anzusprechen und generell ein gutes Netzwerk zu haben. Heutzutage erreicht man den Endkunden viel leichter, als es damals noch der Fall war und das ist eine ganz tolle Chance.

Der Nachhaltigkeitsgedanke, den ich unter anderem auch gerne mit meiner Mode vertrete, spricht heutige Zielgruppen an und ist in unserer Gesellschaft immer wichtiger geworden. Nachhaltigkeit hat sich zum wahren Trend entwickelt, was ich einerseits sehr toll finde, weil mehr Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema gelenkt wird, andererseits wird es aber auch oft einfach schnell mal irgendwo draufgeschrieben. Ich glaube, man muss sich wirklich gut überlegen: „Wie produziere ich langfristig nachhaltig?“ Das ist nach wie vor eine Herausforderung für uns Modelabels. Ich bin da auch lange noch nicht an meinem Ziel angelangt, weil Nachhaltigkeit mit viel Aufwand verbunden ist – es ist sehr viel einfacher, etwas nicht Nachhaltiges herzustellen. In Hinblick auf das Klima und die Umwelt hat man eigentlich nur eine Wahl, aber letzten Endes muss jeder die Entscheidung, wie man produzieren möchte, für sich treffen – abhängig von unterschiedlichsten Faktoren.

BERLIN, GERMANY – SEPTEMBER 08: (Photo by Stefan Knauer/Getty Images for MBFW)

Welche Kosten entstehen für dein Unternehmen bei der Planung besonderer Events wie Modewochen?

Gerade eine Fashion Week ist immer mit sehr, sehr vielen Kosten verbunden. Hilfreich und toll – auch unabhängig von solchen Events – sind Kooperationen. Wir haben gerade beispielsweise eine Kooperation mit dem Schuhanbieter Skechers. Auf diese Weise haben wir nicht nur die Möglichkeit unsere Präsenz gegenseitig zu pushen, sondern auch zusammen ein Event zu gestalten und tatsächlich auch umzusetzen – denn es entstehen wirklich große Kosten!

Gerade am Anfang, wenn man ein Label frisch gegründet hat, ist es oft schwierig, an Fashion Weeks teilzunehmen. Zunächst muss man sich in der Modewelt etablieren und sich einen Namen machen. Man muss präsent sein, um gesehen zu werden, schlau und kreativ, aber auch charmant handeln. Dann fällt es auch leichter, zu anderen Herstellern zu sagen „Wollen wir kooperieren? Ich finde es toll, was du machst!“.

Hast du Tipps, wie man sich günstig elegant kleiden kann?

Natürlich. Ich bin Fan von Second Hand Läden und Vintage! Das sind super Möglichkeiten, wie man sich gute Kleidung leisten kann, die echt stylisch und meistens auch echt leistbar ist. Es hat nicht jeder das Portemonnaie für teure Kleidung, aber ich empfinde Großkonzerne als schwierige Alternative. Was ich auch finde: Weniger ist mehr! Dann lieber ein bisschen sparen, sich etwas Besseres leisten und es länger tragen, als sich jeden Monat ein neues Kleidungsstück zu kaufen. Es ist auch eine Herausforderung, zu sagen: „Ich habe meine 5 Teile und die trage ich jetzt lange und kombiniere sie neu – mit schönen Accessoires, die ich ebenfalls nachhaltig tragen kann.“ Oft peppt schon ein neues Kleidungstück den ganzen Kleiderschrank auf, dazu braucht man gar nicht zehn neue Teile.

Ich glaube auch, wenn man sich der Arbeit hinter der Mode bewusst wird und sich überlegt, wie viele Menschen an einem einfachen T-Shirt, geschweige denn einer aufwendigen Jacke gearbeitet haben, dann kommt man zu mehr Wertschätzung und trägt seine Klamotten vielleicht auch gerne etwas länger. Oft wird vergessen, dass hinter Mode keine Maschinen stecken – da sitzen wirklich Menschen hinter, die ihre Lebenszeit widmen. Selbst für ein T-Shirt braucht es ein paar Stunden, bis es genäht ist und davor stehen Stunden an Arbeit für das Design. Daran sollte man sich immer wieder erinnern.

Was würdest du dir für die Zukunft der Mode wünschen?

Ich würde mir von den Kunden und natürlich auch von den ganzen Konzernen ein Erwachen wünschen. Ein Erwachen und eine Wertschätzung des Ganzen, wie ich es eben gerade schon angesprochen habe. Denn Mode ist nach wie vor – auch beim Großkonzern – eine wundervolle Handarbeit. Ich wünsche mir, dass die Menschen begreifen, dass Mode kein Wegwerfartikel ist. Man wirft einen vom Tischler angefertigten Tisch auch nicht einfach weg. Ich würde mir auch ein Stück Verlangsamung in der Modebranche wünschen. Ich denke bei den Leuten, die Mode herstellen, bedarf es auch noch einem großen Aufwachen und Nachdenken, was wir hier wirklich mit unserem Planeten und unseren Ressourcen machen. Das ist auch eine Frage, die mich persönlich sehr beschäftigt. Denn eigentlich haben wir ja schon zu viel von allem und hier gilt es Lösungen zu finden, das, was wir haben, besser zu verwenden. Anstatt mehr und mehr zu produzieren, sollten wir auch in der Mode besser mit dem umgehen, was bereits da ist.

ein Artikel von
Alicia Peters
Alicia Peters

Alicia hat sich im Rahmen ihres Studiengangs „Kultur der Metropole“ mit stadtkulturellen Veränderungen beschäftigt und sich nebenbei das nötige Wissen zum Leben im Großstadtdschungel Berlin angeeignet. In ihrer Kolumne "Young, broke (?) and happy" nimmt sie die Leser*innen mit auf ihren Weg zu finanzieller Selbstbestimmtheit und berichtet dabei von eigenen Erfolgen und Rückschlägen.