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Wie glücklich macht Geld?

Eine Lobeshymne auf das Lob

von Frank Behrendt

Als ich vor vielen Jahren junger Texter in einer großen Düsseldorfer PR-Agentur war, fragte ich nach ein paar Wochen meinen Chef, ob meine abgelieferten Werke eigentlich gut waren. Er zog die Augenbrauen hoch und sah mich fragend an, bevor er antwortete. „Na klar, sonst hätte ich doch längst was gesagt.“

Im weiteren Fortgang des Gespräches vermittelte ich ihm, dass mir ein Feedback wichtig wäre, in jede Richtung. Er verstand und erklärte mir in der Kaffeeküche, woher seine jahrelange Art, nur negative oder gar keine Feedbacks zu geben, herkam. „Als ich so jung war wie du, hat mir mein Chef, ein Schwabe, immer gesagt: Nicht gemeckert ist genug gelobt.“ Wir lachten beide, obwohl man mit diesem amüsant klingenden Spruch heute im Zeitalter einer transparenten Feedbackkultur keinen Blumentopf mehr gewinnen könnte.

Mein damaliger Vorgesetzter hat sich unser Gespräch zu Herzen genommen und ich erhielt fortan sowohl konstruktive Kritik als auch lobende Worte. Damit kam ich wunderbar klar. Ich selbst habe es später als Chef ebenso gehandhabt. Wenn wir uns heute im Agenturteam mal wundern, warum Kunden kein Feedback geben, zitiere ich gerne zur allgemeinen Erheiterung den legendären Ausspruch des schwäbischen Minimallisten-Chefs. Wie gut ein Lob tut, erlebte ich kürzlich, als ich gemeinsam mit meiner Frau das „Heute Journal“ mit Anchorman Christian Sievers im ZDF schaute. Gerade in diesen schwierigen Zeiten mit wenig guten News, ist er einer, der es mit seiner Art außergewöhnlich gut hinbekommt, die Zuschauer:innen angemessen durch schwer erträgliche Nachrichten zu führen.

Dafür schätze ich ihn sehr, das habe ich dann einfach mal getwittert. Nachdem der Tweet on war, flogen mir die Like-Herzen nur so aufs Smartphone-Display. Kaum war die Nachrichtensendung vorbei, poppte auch Moderator Sievers höchstpersönlich in meiner Timeline auf: „Ich schätze sehr, dass Sie dabei sind. Schwere Zeiten, aber klasse Team hier beim Heute Journal. Und ganz herzlichen Dank für das Lob!“ Damit hatte ich nicht gerechnet, umso mehr freute ich mich, dass er sich gefreut hatte.

„Ein Lob löst echte Glücksgefühle aus“, hatte uns der Leadership-Coach Dr. Bertold Ulsamer auf einem Führungskräfteworkshop eingetrichtert. Wir jungen Führungskräfte hatten damals zwar eher finanzielle Incentives als Zeichen der Anerkennung im Kopf, aber wir probierten die Tipps vom Meister immer nach Rückkehr in den Business-Alltag aus. Und siehe da: Loben war der Hit. Die strahlenden Gesichter der Mitarbeitenden, wenn sie ehrlich und herzlich für etwas gelobt wurden, wärmten mein Chef-Herz. Also hörte ich nie wieder damit auf.

Jahre später las ich in einem Business-Magazin ein Interview mit dem erfolgreichen Unternehmer und Virgin-Gründer Richard Branson, der nach den Gründen für seinen unglaublichen Erfolg gefragt wurde. Er sagte: „Ich habe immer daran geglaubt, dass die Art wie man seine Mitarbeiter behandelt auch die Art ist, wie diese später Kunden behandeln.“ Word. Branson lobte oft und gerne und berichtete, dass er immer wieder beobachtete, wie Menschen aufblühten, wenn man sie lobte. Er sagte aber auch, dass Lob nur dann den von ihm gewünschten Effekt hätte, wenn es ehrlich und emotional ausgesprochen wird. Er hat es offenbar oft genug richtig gemacht, seine Companies waren und sind extrem erfolgreich, Branson selbst ist inzwischen mehrfacher Milliardär.

Erstaunlicherweise ist trotz solcher positiven Beispiele eine vernünftige Lobes-Kultur nicht Gang und Gäbe. Bei Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit in Unternehmen gibt es viel zu oft das Ergebnis, dass es an Wertschätzung, individueller Anerkennung und einem ehrlichen Lob mangelt. Dabei motiviert Lob nicht nur und führt zu besseren Ergebnissen, es dient auch dem gesundheitlichen Wohlbefinden. Wissenschaftler des Instituts für Medizinische Soziologie der Universität Düsseldorf fanden in einer Langzeitstudie heraus, dass fehlende Wertschätzung Herz-Kreislauferkrankungen und psychische Leiden fördern kann. Ein richtiges Lob dagegen, erklärten die Forscher, senke die Krankheitsrisiken deutlich. Auch wenn Lob gesund macht, übertreiben sollte man es aber auch nicht, denn bei inflationärem Loben verhält es sich wie beim ständigen Nachdrucken von Geld in Wirtschaftskrisen: Es wird immer weniger wert. Dass man nicht immer auf das Lob von anderen angewiesen sein muss, zeigte mir kürzlich meine große Tochter. Sie führt seit geraumer Zeit ein „Lob-Tagebuch“, in das sie jeden Abend konsequent drei Dinge schreibt, die ihr an diesem Tag gut gelungen sind. Es geht dabei gar nicht um große Erfolge, oft sind es auch die kleinen erfreulichen Dinge, die einem am Ende des Tages ein gutes Gefühl vermitteln. Eine sehr lobenswerte Idee.

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Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.