© Carola Ferstl / NDR
BÖRSENWISSEN

„Eine Art Finfluencer-Siegel wäre auf YouTube sicherlich gut“ – Im Gespräch mit Finanzexpertin Carola Ferstl

von Pauline Brinkmann

Dank Menschen wie Finanzexpertin Carola Ferstl brauchen wir uns künftig keine Sorgen mehr über unser Finanzwissen machen. Auf unterhaltsame und seriöse Weise erklärt Ferstl auf YouTube alles, was man rund um die Börse und Geldanlagen wissen muss.

Wie sie das macht? Zwei bis drei Mal die Woche lädt sie informative Videos zu Themen wie beispielsweise nachhaltige Geldanlage, Kryptowährungen oder allgemein zum aktuellen Marktgeschehen an der Börse hoch. Meistens interviewt sie dazu spannende Experten wie zum Beispiel Anlageberater Heiko Thieme, Finanz-Bestsellerautor Marc Friedrich oder Investor Markus Elsässer.

Mein persönliches Fazit: Wer diesen YouTube-Kanal nicht abonniert, verpasst nicht nur kluge Analysen von Carola Ferstl selbst, sondern auch echte Insidertips von zahlreichen Finanzexperten. Hierbei handelt es sich definitiv um ein Format, bei dem die tägliche Bildschirmzeit endlich mal sinnvoll investiert ist.

Hattest du zu Beginn deiner YouTube-Aktivitäten gewisse Strategien, was den Aufbau deines Kanals betrifft?

Das Thema Börse beschäftigt mich schon seit Jahren. Das Schöne war, dass ich dadurch jetzt einige Gäste einladen konnte, die mich bereits vorher kannten von meiner Arbeit beim Fernsehen. Demnach war das ein Wiedersehen mit alten Bekannten und das hat mir wahrscheinlich geholfen, da einige von denen auf YouTube schon richtig groß sind.

Da du gerade das Thema Fernsehen angesprochen hast, glaubst du, dass YouTube hier in Zukunft als Informationsquelle die Nase vorne hat?

Ich war zu Beginn selbst überrascht, dass mittlerweile so viele Leute als sozusagen ehemalige Fernsehzuschauer auf YouTube unterwegs sind. Doch eigentlich überrascht es mich auch nicht mehr, weil man natürlich auf YouTube immer zu allen Zeiten das sehen kann, was einen interessiert und man dadurch eine unendliche Vielfalt hat. Das ist natürlich viel besser, als beim Fernsehen zu warten, bis eine bestimmte Sendung kommt. Und gerade bei den jungen Leuten, das sehe ich bei meinen Kindern, ist YouTube als Plattform zum Lernen mit Tutorials wirklich sinnvoll.

Das heißt, Du siehst das Ganze auch aus einer unternehmerischen Perspektive?

Absolut!

Ab welchen Aufrufzahlen lohnt es sich denn?

Wir haben bei YouTube sogenannte Tausender Kontaktpreise. Die Finanzthemen haben verhältnismäßig gute Kontaktpreise, aber diese liegen trotzdem unter 10 Euro. Das schöne ist, dass die Videos weiterhin Einnahmen bringen, auch wenn sie einige Zeit später angesehen werden.

Wurde YouTube denn nicht längst überholt durch TikTok und Co.? Nehmen sich Menschen noch die Zeit für ein 15 Minuten Video?

Ich bin selbst überrascht, dass es so viele tun. Ich dachte zu Beginn, über 10 Minuten muss man nicht gehen und jetzt stelle ich fest, dass durchaus 20 bis 30 Minuten gut funktionieren. Tatsächlich schauen das aber vor allem ältere Menschen, nicht die Generation TikTok. Teilweise spielen wir über die YouTube Shorts oder über TikTok aber mittlerweile auch Ausschnitte aus Interviews aus.

Siehst du in diesen verkürzten Informationsvideos auch eine Gefahr der Desinformation, weil Themen nur vordergründig beleuchtet werden?

Ja, das ist die große Herausforderung. In der Schule lernt man auch nicht alles in 60 Sekunden und so ist es eben auch beim Thema Finanzbildung. In 15-sekündigen Videos kannst du kein tiefergehendes Wissen vermitteln. Aber es wird sich in Zukunft zeigen, wie diese Lernmethoden sich entwickeln, ich bin definitiv sehr interessiert dort mitzumachen und teste mich da gerade auch ran.

Werden Finanzthemen auf den sozialen Medien mitunter zu witzig dargestellt und wird dadurch gerade beim Thema Geldanlage eine Casino Mentalität befeuert?

Die ganzen Apps werden tatsächlich mit vielen psychologischen Methoden konstruiert, so dass sie möglichst verführerisch wirken. Apps wie Robinhood und Trade Republic sind mit Sicherheit auch genauso aufgebaut, dass es wie ein Spielcasino wirkt. Da haben sich sicherlich auch viele Leute die Finger verbrannt. Aber YouTube hat für seine Creator auch einige solche Funktionen, wie zu Beispiel die Trinkgeldfunktion. Das Thema Geld im Internet wird immer virtueller und da besteht natürlich auch die Gefahr, dass man die Kontrolle verliert.

YouTube hat eine relativ niedrige Markteintrittsbarriere, wodurch sich dort viele selbsternannte Experten versammeln. Wünscht du dir in diesem Bereich eine strengere Reglementierung seitens der Plattform?

Was ich feststelle und das ist glaube ich auch der Grund, warum mein Kanal jetzt schon so erfolgreich ist, ist, dass die Leute natürlich sehen, dass ich wirklich schon lange Jahre im Fernsehen unterwegs bin und dadurch sehr viel Erfahrung mitbringe. Und dadurch geben sie mir wahrscheinlich einen Vertrauensvorschuss, da sie davon ausgehen, dass die Informationen, die ich teile, absolut seriös sind.

Bei diesen ganzen Themen nach dem Motto „Ich mache dich ganz schnell reich“ haben mit Sicherheit gerade in diesen Börsenzeiten schon einige junge Leute ihr Geld verloren und ich glaube, das zeigt ihnen auf, dass man eher auf seriöse Themen und Personen mit Expertise vertrauen sollte.

Kürzlich hat YouTube bekanntgegeben, dass es in Zukunft ein extra Siegel für seriöse Informationen im Bereich Gesundheit geben wird. Wäre das auch für Themen rundum Wirtschaft sinnvoll?

Ich glaube, das wäre spannend! Wir haben uns im Fernsehen über Jahre bemüht einen gewissen Standard aufzubauen, dass man nicht wahllos irgendetwas empfiehlt und die Leute in irgendwelche Sachen reinjagt. Sondern, dass man die Verantwortung, die man trägt, auch wahrnimmt. So eine Art Finfluencer-Siegel wäre auf YouTube sicherlich auch gut.

Wie steht es um das Thema Frauen und Finanzen und wirst du als Frau in diesem Bereich weniger ernst genommen?

Ganz am Anfang bin ich von Männern wahrscheinlich nicht ernst genommen worden. Ich habe mir das dann über die vielen Jahre aber auch erarbeitet, dass Männer mich dann auch aufgrund meiner Erfahrungen, jetzt doch ernstnehmen. Aber ich hoffe und da blicke ich auch besonders auf die Bücher, die ich in den vergangenen Jahren, für Frauen geschrieben habe, um sie zu motivieren Geld an der Börse zu investieren, dass es für Frauen die Eintrittsschwelle heruntersetzt, dass sie sich ein Kanal von einer Frau vielleicht lieber anschauen. Aber es sind keine reinen Frauenthemen, die ich bediene, sondern allgemeine Marktthemen, bei denen ich alle mitnehmen möchte. Nach wie vor, ist es aber leider so, dass Frauen sich deutlich weniger für diese Themen interessieren. Das sehe ich auch an meinem Kanal, bei welchem ich nur 10% weibliche Follower habe.

ein Artikel von
Pauline Brinkmann
Pauline studiert in Potsdam und Lausanne Rechtswissenschaften. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch nicht Mietverträgen, sondern politischen und gesellschaftlichen Prozessen.