© Kelly Sikkema / Unsplash
FÜR IMMER UND EWIG

Ehegattensplitting: Warum Steuerklassen 3 und 5 nicht immer die richtige Wahl sind

von Stefan Heine

Eheleute sollten Steuerklasse 3 und 5 haben: Diese vermeintliche Regel geistert durch viele Köpfe. Warum es nicht immer die richtige Wahl ist und warum es eigentlich eine ganz andere Lösung braucht, erklärt Steuerexperte Stefan Heine.



Wer verheiratet oder verpartnert ist, hat die Qual der Wahl: Welche Steuerklassen-Kombination soll es sein? Um die Überlegungen dahinter zu verstehen, hier etwas Hintergrund: Die Lohnsteuerklasse legt in Deutschland fest, wie viel Lohnsteuer monatlich anfällt. Je nach Steuerklasse gibt es unterschiedliche Grenzen, ab denen Steuern gezahlt werden müssen. Es gibt sieben Steuerklassen und diese orientieren sich vor allem am Familienstand und an der Beschäftigung. So richtet sich Steuerklasse 1 an Alleinstehende mit einem Job und ohne Kinder, Steuerklasse 2 an Alleinerziehende mit höherem Entlastungsbetrag und Steuerklasse 6 an Menschen mit mehreren sozialversicherungspflichtigen Jobs.

Die Steuerklassen 3, 4, 4 mit Faktor und 5 sind wählbar für Verheiratete – je nach Verdienst. Und hier fängt es an, komplizierter zu werden. 

Die Standard-Steuerklasse für Paare ist 4 und 4

Standardmäßig werden alle Verheirateten und Verpartnerten in die Steuerklasse 4 und 4 einsortiert. Hier sind die Abzüge wie in Klasse 1, der Grundfreibetrag ist für beide Partner:innen gleich; deshalb wird die Kombination vor allem 4/4 bei ähnlichem Einkommen empfohlen. Meist folgt nach der Abgabe der Einkommensteuererklärung eine Erstattung. 

Vorteile und Nachteile von Steuerklasse 3 und 5

Die Kombination 3 und 5 wird vor allem dann genutzt, wenn die Partner:innen unterschiedlich verdienen. Steuerklasse 3 geht an den:die Gutverdiener:in, Steuerklasse 5 an die schlechter verdienende Person. Der Grund: In dieser Kombination wird bei Steuerklasse 3 der Grundfreibetrag verdoppelt, bei der Person in Steuerklasse 5 auf null gesetzt. Das führt dazu, dass unterjährig mehr Netto vom Brutto hängen bleibt – das muss bei der Steuererklärung dann aber meist wieder zurückgezahlt werden. 

4 mit Faktor, der Steuerklassen-Trick für Paare

Bei der Kombination, in der beide Steuerklasse 4 mit Faktor wählen, gibt es einen faireren Ausgleich in der Versteuerung als bei der Kombination aus 3 und 5. Damit das gelingt, errechnet das Finanzamt für beide Personen einen Faktor anhand ihres erwarteten Einkommens. Damit bleibt zwar unterjährig weniger Netto als bei 3/5 übrig, aber es muss meist auch weniger nachgezahlt werden. Und psychologisch ist es für die weniger verdienende Person auch gut, da ihr mehr Geld bleibt.

Ein Steuerklassenwechsel ist mittlerweile auch mehrmals im Jahr möglich, bei Antragstellung bis 30.11. wird er noch im laufenden Jahr berücksichtigt. 

Bei allem hin und her wird aber oft vergessen: Egal welche Kombination gewählt wird, die Paare zahlen in jeder Kombination identische Steuern. Manche nur eben früher als andere; deshalb sollte die vordergründige Überlegung bei der Auswahl der Steuerklassen sein, ob man lieber am Ende des Monats ein hohes Nettoeinkommen hat oder lieber Nachzahlungen vermeidet.

Steuerklasse beeinflusst Elterngeld und kann Altersarmut begünstigen

Wenn Paare sich für die Kombination 3 und 5 entscheiden, ist wichtig zu bedenken, dass das Nettoeinkommen bei Lohnersatzleistungen wie dem Arbeitslosengeld sowie beim Elterngeld als Berechnungsgrundlage dient. Wenn also eine Geburt ins Haus steht, ist es finanziell lohnend, dass die Person mit viel Eltern­zeit in der Steuerklasse 3 ist – denn mehr Nettoeinkommen bedeutet mehr Elterngeld. Gleichzeitig kann Steuerklasse 5 aber auch zur Altersarmutsfalle werden, weil es sich oft nicht zu lohnen scheint, wenn die Person etwa nach der Elternzeit wieder mehr arbeitet. Deshalb gibt es bereits seit längerem Diskussionen über eine Reform, etwa hin zu einem Familiensplitting. Doch bis dahin braucht es leider weiterhin Steuerklassenrechner.

ein Artikel von
Stefan Heine
Stefan Heine ist gelernter Fachanwalt für Steuerrecht und CEO bei smartsteuer. Er will den Menschen die Angst vor dem Thema Steuern nehmen. Gemeinsam mit seinen Kolleg*innen digitalisiert er dazu den analogsten Prozess Deutschlands – die Steuererklärung.