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Der Blick aus Zürich

Dreht die Börse China?

von Mikey Fritz

Gott und die Welt schauen auf die amerikanischen Big Techs, die den globalen Börsentrend bestimmen. Chinas Aktienmarkt kommt in dieser Betrachtungsweise nicht vor. Doch die ersten institutionellen Investoren beginnen still und heimlich wieder Kapital nach Osten zu lenken, was den chinesischen Benchmarks neues Leben einhaucht. 

Das Wachstum ist nach China zurückgekehrt. Schon im 1. Quartal überraschte Peking mit einem annualisierten Bruttoinlandsprodukt von 5,3 %. Insgesamt erreichte die Wirtschaftsleistung 29,63 Mrd. Yuan (ca. 3,81 Billionen Euro). Damit haben die Chinesen allein im März-Quartal trotz zahlreicher Feiertage fast so viel geleistet wie Deutschland im gesamten Jahr 2023. 

Die USA erreichten im Vergleich dazu hingegen nur noch ein Wachstum von 1,6 %. Deutlich weniger als erwartet und weniger als die Hälfte des Wachstums im 4. Quartal, aber immer noch etwas mehr als rund 6,6 Billionen Euro, was noch einmal die Verhältnisse zwischen China und den USA ins rechte Licht rückt.

Wer wächst, gewinnt

Doch China macht nicht nur beim Blick in den Rückspiegel eine gute Figur. Auch Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor und das verarbeitende Gewerbe signalisieren nun seit mehreren Monaten, dass mit einer Fortsetzung der Expansion gerechnet werden kann. Ohne Zweifel sah das 2023 noch anders aus. 

Im vergangenen Jahr enttäuschte China noch. Anfang 2023 hatte sich die Börse darauf eingestellt, dass die chinesische Wirtschaft nach dem Ende der drakonischen Lockdowns einen Schnellstart hinlegen wird und investierte entsprechend stark in den chinesischen Kapitalmarkt. Zweistellige Milliardenbeträge flossen innerhalb kürzester Zeit nach China. Doch spätestens mit Beginn des 3. Quartals 2023 war klar, dass die Spekulation nicht aufgeht, sondern Peking zunächst einmal die brodelnde Immobilienkrise bereinigen muss, um den Finanzsektor nicht zu gefährden. Die Folge war, dass das ausländische Kapital so schnell wieder abfloss, wie es am Jahresbeginn gekommen war. 

Ist China immer noch „uninvestierbar“?

Zum Jahreswechsel war der Pessimismus sogar so groß, dass China bei den meisten Anlegern als „uninvestierbar“ galt. Allein schon der Gedanke, dass sich die Lage verbessern könnte, wurde vom Mainstream komplett verworfen. Was jedoch übersehen wurde, war, dass die schwache Situation im vergangenen Jahr eine Folge der Entscheidungen der Politik war, während die meisten Unternehmen vergleichsweise gute Geschäfte machten. Ergo: Nur die Politik konnte die Hürden beseitigen, womit Peking auch schon im Sommer 2023 begonnen hatte. Der Pivot-Punkt der Politik lässt sich dabei auf den Juli 2023 festlegen. Die Änderungen kamen anfänglich nur zaghaft, wurden aber immer ausgeprägter und beginnen sich im 1. Quartal 2024 nun erstmals in den Zahlen der Unternehmen widerzuspiegeln. 

Das ist entscheidend, denn mit dem Pivot der Politik wurde das letzte fehlende Puzzleteil geliefert. Denn der chinesische Kapitalmarkt ist sehr preiswert. Im Schnitt ist der amerikanische Markt im Vergleich rund vier Mal teurer. Des Weiteren war kaum jemand investiert, womit der Markt viel Raum für Kurssteigerungen und steigende Bewertungen hat. Und letztlich ergab sich mit der Wende der Politik auch der notwendige Katalysator, um dem Wirtschaftswachstum Entfaltungsraum zu geben.

Bullen-Party von Hongkong bis Schanghai

Aktuell feiert der chinesische Aktienmarkt eine regelrechte Bullen-Party. Unbeachtet, denn alle schauen auf die dominierende AI-Rallye an der Wall Street. Was jedoch nichts daran ändert, dass die Spekulation auf einen Rebound des gesamten chinesischen Marktes vor allem von den institutionellen Investoren vorangetrieben wird.

Wichtige Benchmarks wie der CSI 300 Index und der Hang Seng Index stehen nun im Fokus. Ersterer steht für den chinesischen Onshore-Markt und Letzterer für den Offshore-Markt. Beide haben jüngst die gleitende 200 Tage-Linie übersprungen, die langfristige Trendwenden signalisiert. Obendrein arbeiten beide Benchmarks daran, ihre langfristigen Abwärtstrends, die seit 2021 bestehen, zu überwinden. Gelingt dieser Break im Mai, kann aus dem Rebound eine neue Hausse entstehen. Diesen derzeit wenig beachteten Markt im Auge zu behalten, kann sich also sehr lohnen. 

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Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Mikey Fritz an der Börse. Seine Karriere begann er als Wirtschaftsredakteur für die n-tv „Telebörse“. Es folgte die Gründung der FM Research in Berlin, welche Privatkunden und institutionelle Kunden mit eigenem Kapitalmarkt-Research beriet. Vor 15 Jahren setzte er einen neuen Schwerpunkt auf das Portfoliomanagement bei großen Vermögensverwaltern in der Schweiz und Deutschland sowie auf die Beratung von Finanzinstituten. Die Redaktion des Zürcher Finanzbriefes ist und bleibt aber sein Steckenpferd.