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EURO, Dollar, Schilling

Dirty Dancing, Dirty Harry, Dirty Dozen

von Volker Schilling

ZASTER-Kolumnist Volker Schilling analysiert auch in dieser Woche wieder das Geschehen auf den Finanzmärkten.

Dirty Dancing

Ich komme gerade zurück von unserer Kino-Roadshow „The Glorious Fundstars“ und mein Blick auf die Ereignisse dieser Woche erinnern mich spontan an den Blockbuster Dirty Dancing. Die Börse ist dabei das Tanzparkett, auf dem die Anleger eine heiße Sohle hinlegen, solange die Musik spielt. Zwischen Kursgewinnen und Konjunktursorgen tanzt das Kapital munter weiter, auch wenn der Beat gelegentlich aussetzt. Nvidia führt mit eleganten Drehungen, xAI wird davon beschwingt und erhöht die Taktzahl, OpenAI fordert AMD zum Tanz auf und der Rest der Tech-Branche ist am Headbangen.

Und während Anleger versuchen, im Takt der Märkte zu schwingen, setzt das Gold zur spektakulären Hebefigur aus Dirty Dancing an. Nur wer den Mut hat, bei lauter Börsenmusik auch weiterhin ausgelassen zu tanzen, wird am Ende Applaus bekommen. Dirty Dancing an der Börse ist eben keine Choreografie, sondern ein Zustand. Goldpreis, Dax, S&P500, Nasdaq, alles auf Rekordhoch. Anleger summen das passende Lied „Time of my life“. Ganz anders hier:

Dirty Harry

In der Politik werden die Helden rar, dafür die Revolver schärfer. Clint Eastwoods legendäres „Do you feel lucky, punk?“ hängt dieser Tage über Frankreichs Präsident Macron. Der Rücktritt des Premier Lecornu legt erneut die Regierungsgeschäfte in Frankreich lahm, während sich die Parteien gegenseitig die Schuld in die Aktentaschen schieben.

Und in Deutschland bricht die Industrieproduktion ein. Minus 4,3 % werden für den August gemeldet, obwohl nur minus 1 % erwartet wurden. Genug Pulver, um die Bundesregierung nervös am Abzug spielen zu lassen, endlich die Wirtschaft zu unterstützen. Doch stattdessen gibt man sich mit einem Wirtschaftswachstum von gerade einmal 0,2 % in 2025 zufrieden. Gleichzeitig feuert es aus allen Rohren: BMW senkt Ergebnisziele und verliert 4 Mrd. Euro an Börsenwert, die EU-Kommission will die Zölle auf Stahl auf 50 % verdoppeln und in Amerika bleibt der Beamtenapparat weiterhin geschlossen. Hinweise auf vermehrte Feuergefechte mehren sich. Wer zieht, muss treffen. Dirty Harry würde sagen: „Nur zu, versüß mir den Tag.“ Doch bei allen desaströsen Meldungen dieser Woche gibt es auch einen Lichtblick:

Dirty Dozen

Die Schlagzeile in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag: Israel und Hamas einigen sich auf eine erste Phase des Friedensplans, auf Basis des Trump-Plans. Waffenruhe, Geiselaustausch, Rückzug, Hoffnung. Was nach Diplomatie klingt, wirkt in der politischen Realität wie eine Szene aus dem Film The Dirty Dozen, dem Dreckigen Dutzend. Friedrich Merz sah das wohl, als er die militärischen Ausführungen Israels als „Drecksarbeit“ bezeichnete. Die Drecksarbeit hat aus Sicht der Israelis zum Erfolg geführt. Der Friedensplan beinhaltet 20 Versprechen, aber ein Dutzend Zweifel, und keiner weiß, ob die Umsetzung auf Dauer Erfolg hat. Der Markt reagiert sofort. Ölpreise stabilisieren sich, Rüstungswerte atmen aus und Analysten schreiben von einem „vorsichtigen Hoffnungsschimmer“. Aber alle wissen: Ein Friedensschluss ist kein Schlussstrich. Die Geschichte beginnt gerade erst.

Die Bedingungen sind brüchig, die Fronten porös und das Vertrauen zart wie Dirty Diana. Trumps Plan ist ein geopolitischer Deal: Man tauscht Geiseln gegen Gefangene, Unsicherheit gegen Schlagzeilen und Kriegsmüdigkeit gegen mediale Erleichterung. Anleger jubeln, als sei der Nahe Osten plötzlich ein Happy End geworden. Doch wer die Region kennt, weiß, dass hier noch viele Nachverhandlungen bevorstehen, politisch, wirtschaftlich, menschlich. The Dirty Dozen bleibt damit das passende Sinnbild für die Region: Ein wilder Trupp aus Interessen, Egos und Erwartungen, die sich in einer brüchigen Allianz zusammenraufen. Es ist kein Happy End, aber immerhin der Moment, in dem der Film endlich eine Wendung nimmt. Die heutige Ausgabe meiner Kolumne beende ich daher quick and dirty.

Ihr Volker Schilling

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Volker Schilling
Volker Schilling

Volker Schilling ist Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG und Asset Manager bei Der Zukunftsfonds. Er ist regelmäßig gefragter Experte für Fernsehsender (n-tv, Bloomberg, ARD Börse) und viele andere Medien. In seiner ZASTER-Kolumne „Euro, Dollar, Schilling“ blickt er jeden Freitag auf die wichtigsten Themen des Finanzmarkts zurück.