© Photo Artur Derr / Bastian Kunkel /
GUT VERSICHERT?

„Die wichtigsten Versicherungen sind in der Regel die, die existenzielle Risiken abdecken.“ – Im Gespräch mit Bastian Kunkel

von Michael André Ankermüller
Bastian Kunkel betreibt unter der Marke „Versicherungen mit Kopf“ deutschlandweit die größten unabhängigen Versicherungs-Kanäle auf YouTube, Instagram und TikTok mit über 600000 Followern. Dort erklärt der gelernte Kaufmann  für Versicherungen und Finanzen und studierte Finanzfachwirt – vor allem in Videoform –  die komplexe Welt der Versicherungen. ZASTER-Chefredakteur Michael André Ankermüller hat ihn zum Interview getroffen.

Wie bist du auf die Idee deiner Online-Präsenz „Versicherungen mit Kopf“ gekommen?

Die meisten Menschen machen einen großen Bogen um Versicherungen und Versicherungsvermittler. Und ehrlicherweise macht es als Versicherungsmakler auch wenig Spaß, sich mit Menschen über Versicherungen zu unterhalten, die weder ein Interesse daran haben, noch die Wichtigkeit dieser erkannt haben. Daher habe ich mich Ende 2015 gefragt, ob es nicht auch Menschen gibt, die sowohl ein Interesse an Versicherungswissen haben, als auch die eigene Versicherungssituation regeln möchten.

Die anschließende Frage war: “Wo finde ich diese Menschen?”, welche dann zur finalen Frage “Wie finden diese Menschen mich?” geführt hat. Und die Antwort darauf waren Erklär-Videos auf Social Media, bzw. damals zu Beginn hauptsächlich YouTube. Heute finden uns die Menschen über YouTube, Instagram, TikTok, Google und auch mein Spiegel-Bestseller-Buch “Total ver(un)sichert –  was du mit 18 über Versicherungen wissen solltest, aber mit 30 immer noch nicht weißt” und buchen dann anschließend eine kostenlose Onlineberatung bei uns. So macht der Job und auch die Gespräche mit den Menschen um einiges mehr Spaß.

Sind die Deutschen im Allgemeinen nicht sowieso überversichert?

Die Frage der Überversicherung in Deutschland ist nicht pauschal zu beantworten. Es gibt Fälle, in denen Menschen mehr Versicherungen haben, als sie tatsächlich benötigen. Überversichert bedeutet aber eben nicht gleichzeitig auch, dass man gut versichert ist. Man kann viele Versicherungen haben, aber die wirklich wichtigen fehlen dennoch – etwas, was wir in der Beratungspraxis doch sehr häufig erleben. Wichtig ist eine individuelle Bedarfsanalyse, um festzustellen, welche Versicherungen wirklich notwendig sind. 

Welche Versicherungen sind deiner Meinung nach wirklich wichtig?

Die wichtigsten Versicherungen sind in der Regel die, die existenzielle Risiken abdecken. Dazu gehören die Haftpflichtversicherung, die Berufsunfähigkeitsversicherung und eine angemessene Krankenversicherung. Für Hausbesitzer ist eine Wohngebäudeversicherung unerlässlich, und für Familien kann eine Risikolebensversicherung wichtig sein. Auch hier gilt: Versicherungen sind bis auf wenige Ausnahmen –  z.B. die private Haftpflichtversicherung – immer angepasst an die jeweilige Person und deren individuellen (finanziellen) Risiken auszuwählen. Nur so kann ein wirklich adäquater Schutz sichergestellt werden.

Bevor man eine Versicherung abschließt, sollte man auf was achten? Welche Fehler sollte man vermeiden?

Vor dem Abschluss einer Versicherung sollte man genau prüfen, ob der Versicherungsschutz den persönlichen Bedürfnissen entspricht – am besten zusammen mit jemanden, der auch wirklich Ahnung von Versicherungen hat und nicht nur eine Meinung. Wichtige Aspekte sind z.B. die Deckungssumme, Selbstbeteiligung oder Ausschlüsse. Ein häufiger Fehler ist, sich nur auf den Preis zu konzentrieren und nicht auf das Preis-Leistungs-Verhältnis. Natürlich kann man manche Versicherungen auch selbst online abschließen. Man sollte sich nur immer die Frage stellen, wie gut man als Nicht-Experte wirklich bewerten kann, ob man an alle wichtigen Punkte gedacht hat. Vor allem, wenn man weiß, dass der Abschluss der Versicherung zusammen mit einem Berater genauso viel kostet. Bei der Auswahl des Versicherungsvermittlers hilft ein Blick im Vorfeld auf die Online-Bewertungen und die allgemeine Internetpräsenz. Zudem kann man auch nach Empfehlungen im eigenen Umfeld fragen.

Wieso ist Versicherungsdeutsch so kompliziert?

Versicherungsbedingungen sind oft komplex, da sie eine Vielzahl von Risiken und Szenarien abdecken müssen. Dies führt zu einer spezifischen Fachsprache, die für Laien schwer verständlich sein kann. Es gibt jedoch Bestrebungen, Versicherungsbedingungen klarer und verständlicher zu gestalten. Mein Ansatz ist hier der folgende: In dem Maße, in welchem Versicherungen an Komplexität verlieren, in genau dem Maße wird wieder das Vertrauen in Versicherungen wachsen.

Die beliebteste Versicherung der Deutschen?

Wenn ich jetzt mal rein auf die Aufrufzahlen meiner Videos auf Instagram, TikTok und YouTube schaue und auch auf die Fragen, welche wir bekommen, dann liegt hier die Kfz-Versicherung mit Abstand ganz vorne. Ich denke, das liegt vor allem daran, dass eben viele Deutsche ein Auto besitzen, möglichst wenig für die Versicherung bezahlen wollen und bei dieser Versicherung auch die meisten Schäden entstehen, was wiederum zu vielen Fragen führt.

Auf welche Versicherungen kann man ehrlicherweise verzichten?

Ob man auf bestimmte Versicherungen verzichten kann, hängt auch hier von der individuellen Situation ab. Versicherungen für spezifische Risiken, wie beispielsweise eine Reisegepäckversicherung, sind oft nicht zwingend notwendig. Auch eine Handyversicherung kann man sich in der Regel sparen. Denn die eigene finanzielle Existenz ist beim Verlust des Handys vermutlich nicht gefährdet. Aber genau dies sollte ja immer der Ansatz beim Abschluss einer Versicherung sein. 

Ein Blick in die Zukunft: Wie könnten sich Versicherungen in der Zukunft ändern? Wird es schwieriger werden, beispielsweise eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine private Krankenversicherung abzuschließen?

Die Versicherungsbranche wird zunehmend digitalisiert und personalisiert. In der Zukunft könnten wir mehr individualisierte Tarife und dynamische Prämien sehen, basierend auf persönlichem Verhalten und Risikoprofilen. Es könnte auch einfacher werden, Versicherungen abzuschließen, da digitale Prozesse die Antragstellung vereinfachen. Allerdings könnten sich die Kriterien für die Risikobewertung ändern, was Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Kosten bestimmter Versicherungen wie der Berufsunfähigkeits- oder privaten Krankenversicherung haben könnte. Hier müssen wir einfach mal abwarten, wie sich die Branche allgemein und Versicherungsprodukte im Speziellen entwickeln werden. Insgesamt hoffe ich einfach, dass die Komplexität abnimmt.

ein Artikel von
Michael André Ankermüller
Michael lebt in Berlin, beschäftigt sich gerne mit Wirtschafts- und Finanzthemen und arbeitet als Journalist, Blogger, Autor sowie Berater für Digitale Medien. 2014 gründete er das sehr erfolgreiche Blogazine Blog.Bohème.