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„Das Thema Altersvorsorge ist so unsexy – allein das Wort schon“

von Philipp Nagels

Chanyu Xu ist mit 30 Jahren Seriengründerin und Chefin von ONO Labs. Als Unternehmerin sie ist viel beschäftigt, möchte etwas eigenes schaffen. Eine gute Altersvorsorge könnte für Xu dabei eher nebenbei herausspringen.

„Man hofft natürlich, dass man zu den 0,001 Prozent gehört, die es schaffen.“ Chanyu Xu, 30 Jahre alt und Seriengründerin, grinst. Sie hat in der letzten halben Stunde von ihren Eltern erzählt, die als Studenten vor der Wende nach Deutschland kamen und mit harter Arbeit ein kleines Restaurant-Imperium aufbauten. Und von ihrem eigenen Unternehmen, ONO Labs, ihrem vierten Startup, das maßgeschneiderte Produkte für Frauen im Bereich Gesundheit und Ernährung kreiert und vertreibt.

Doch jetzt soll sie bitte mal was sagen zu: Altersvorsorge. „Das Thema Vorsorge ist so unsexy, allein das Wort schon“, lacht sie. Xu – sie wird seit Kindestagen bei ihrem Nachnamen gerufen – erklärt: „Ich muss ehrlicher Weise sagen, dass ich noch nicht so viel an Altersvorsorge gedacht habe. Aber klar, wenn man im Startup-Bereich unterwegs ist, arbeitet man auch ein bisschen dafür.“

Was sie meint: Man spekuliert auf den großen Exit, also auf den Verkauf des eigenen Unternehmens an Investoren. Im besseren Fall können dabei sechs-, sieben- oder achtstellige Summen herausspringen. Im schlechteren ist das Geld, das man anfangs selbst in den Aufbau des Unternehmens steckt, weg. So, wie bei Eating with the Chefs. Xus Food-Startup, ihr drittes, musste im vergangenen Jahr den Betrieb einstellen. „Lehrgeld“, so die gebürtige Chinesin.

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Meine Eltern haben quasi 365 Tage im Jahr gearbeitet.

Chanyu Xu kam mit drei Jahren nach Deutschland. Sie lebte mit ihrer Familie zunächst in Düsseldorf, wuchs dann in Jena auf. Ihre Eltern eröffneten ein Restaurant, dann noch eines und noch eines, bis sie in den Hochzeiten zehn gleichzeitig betrieben. Gastronomie, Essen und Unternehmertum – diese Dinge wurden ihr quasi in die Wiege gelegt. Das, und die Bereitschaft, hart für die eigenen Ziele zu arbeiten. „Meine Eltern haben quasi 365 Tage im Jahr gearbeitet“, so erinnert sie sich. „Es war selbstverständlich, dass mein Bruder und ich an Feiertagen mithalfen, beim Kellnern oder hinter der Theke.“

Selbst anpacken, Herrin des eigenen Schicksals sein, das lag Xu schon immer. Es sei ihr stets wichtig gewesen, etwas zu kreieren, sagt sie. Ihr erstes Startup, Customer Alliance, gründete sie bereits mit 22 Jahren. Es hat sich zu einem mittelständischen Unternehmen entwickelt, das europaweit 4000 Hotels mit Softwarelösungen ausstattet und etwa 100 Mitarbeiter beschäftigt. Mit ONO Labs plant die ehrgeizige Unternehmerin nun den nächsten Coup.

Xu: „Ich wollte functional food für Frauen entwickeln, das nicht auf Abnehmen oder Fitness getrimmt ist.“ So entstand die Idee zu 100 Prozent pflanzlichen und veganen Vitaminpräparaten / Vitaminprodukten für Schwangere oder Frauen mit Kinderwunsch. Die erste Produktlinie hat die Geschäftsführerin mit ihrem Team gerade auf den Markt gebracht.

Ich bin nicht der Mensch, der jede Versicherung abschließt. Ich lebe im Hier und Jetzt.

Apropos Kinder: Wie sieht es denn jetzt aus mit der Altersvorsorge, Frau Seriengründerin? „Also ich glaube viele in unserer Generation arbeiten auf ein Eigenheim hin“, sagt sie, „zumindest unter meinen Freunden.“ Sie selbst sei noch auf der Suche nach ihrer Traumimmobilie. Die eigene Wohnung, das eigene Haus – das wäre der erste Schritt zu einer Altersvorsorge. Riester-Rente oder vergleichbares kamen für Xu nie in Frage. „Ich bin nicht der Mensch, der jede Versicherung abschließt. Ich lebe im Hier und Jetzt.“

Über die Jahre habe sie „ein bisschen was angespart“, erläutert sie, und schaue aktuell, wie sie das sinnvoll und nachhaltig investieren könne. Durchaus auch mit ihren Eltern. „Die haben es vorgelebt und ganz gute Lösungen für die Vorsorge gefunden.“ Dazu gehören unter anderem Immobilien. „Da überlege ich mit meinem Vater, wie wir das weiter entwickeln können. Also auf kleiner Flamme, wir reden nicht von ganzen Häuserblocks.“

Xu lacht wieder. Unsexy hatte sie das Thema genannt, doch zu beschäftigen scheint es sie schon. „Ja, also indirekt ist das allgegenwärtig da“, räumt sie ein. Viele ihrer Freunde aus der Startup-Welt hätten es mit um die 30 bereits geschafft, sich eine gewisse Vorsorge zu erarbeiten. Klar, das würde sie mit ONO Labs auch gerne schaffen. Selbstständig sein, ein neues, einzigartiges Produkt für Frauen kreieren und am Ende?

Vielleicht sogar zu den 0,001 Prozent gehören.

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Philipp Nagels