© Raúl Nájera / Unsplash
ALTERSVORSORGE

Das amerikanische Rentensystem: Vorbild für Deutschland?

von Pauline Brinkmann

Mittlerweile hat auch der Letzte verstanden: Das deutsche Rentensystem ist dringend reformbedürftig und wird bei einem „weiter so“ über kurz oder lang kollabieren. Doch lohnt sich im Hinblick auf Reformvorschläge ein Blick über unsere Landesgrenzen hinaus?

Machen es unsere Freunde im inner- und außereuropäischen Ausland wirklich besser? Als potenzielles Vorbild könnten hier die USA in Betracht kommen, ein Land, das beim Thema Vorsorge stark auf Eigenverantwortung setzt. In den USA gibt es erst seit dem Jahre 1935 eine bundesweite gesetzliche Rente. Die Initialzündung dazu war die Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929, die deutlich machte, dass es für die staatliche Unterstützung im Alter eine nationale Lösung braucht.

Abgelöst hat diese bundesweite Regelung ein System in welchem jeder Bundesstaat ein eigenes Rentensystem hatte. Aktuell wird das zur Mindestsicherung dienende Sozialversicherungssystem, namens „OASDI“ (Old Age, Survivors and Disability Insurance) noch durch Umlagen finanziert. Eingezahlt wird von allen Berufstätigen bis auf wenige Ausnahmen.  Die Beitragssätze differieren je nachdem, ob man einer Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber nachgeht.

So zahlen Arbeitnehmer monatlich mindestens 6,2 Prozent ihres Bruttoarbeitslohns ein, während  Selbständige knapp 12,4 Prozent zahlen müssen. Allerdings wird das Einkommen nicht endlos besteuert, im Jahre 2022 lag die Beitragsbemessungsgrenze bei 147.000 Dollar. Da heißt, dass auf das zusätzliche Gehalt keine Steuern erhoben werden.

Doch was geschieht mit dem Geld?

Ähnlich wie in Schweden wandert auch in den USA das über Beiträge generierte Geld in Fonds. Genauer gesagt in den „Social Security Trust Fund“, einen Rentenreservefonds. Die aus diesem Fonds wachsenden Überschüsse werden sodann in spezielle nicht handelbare Staatsanleihen investiert. Entsprechenden Zinszahlungen werden dann wiederum dem Fonds gutgeschrieben. 

Allerdings soll dieser Fonds nach jüngsten Berechnungen schon im Jahr 2035 insolvent gehen. An der Auszahlungen der Renten selbst, soll dies allerdings nicht ändern, fraglich bleibt jedoch die Höhe der Zahlungen.

Wie hoch ist die Rente in den USA?

Anders als wir es von unseren europäischen Freunden aus Schweden und Norwegen kennen, gibt es in den USA keine sogenannte Mindestrente. Gleichwohl finden im Berechnungsprozess die niedrigeren Einkommen eine stärkere Gewichtung. Um einen Anspruch auf Rentenzahlung zu erhalten, muss man 10 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Im Anschluss wird dann das sozialversicherte Einkommen auf das durchschnittliche Lohnwachstum angepasst und auf den Durchschnittsverdienst zwei Jahre vor dem Renteneinstieg indexiert. 

Doch wo liegt das Renteneintrittsalter?

Für jene Personen die vor 1960 geboren wurden gilt das reguläre Eintrittsalter von 65 Jahren. Alle danach Geborenen müssen noch zwei Jahre länger arbeiten, bis 67. Doch auch ein früherer Renteneinstieg ist ab einem Alter von 62 Jahren mit Abschlagszahlungen in Höhe von 5 bis 6 Prozent pro Jahr möglich. Ebenso kann man sich mit einer längeren Lebensarbeitszeit bis 70 Jahre Aufschläge in Höhe von 8 Prozent pro Jahr verdienen. Im Jahre 2022 konnte man damit bei regulärem Renteneintritt maximal 3.345 US-Dollar pro Monat erhalten, ohne steuerliche Abgaben.

„Pension Plan – Die Betriebsrente

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in den USA keinen Anspruch auf eine Betriebsrente. Allerdings wird dieses Konzept immer häufiger von Arbeitgebern genutzt, um auf dem Arbeitsmarkt attraktiver zu wirken. Hier gilt es zwischen zwei verschiedenen Modellen zu differenzieren, dem der definierten Pensionszusage (defined benefit plan) und dem der definierte Beitragszusage (defined contribution plan).

Im Rahmen des Modells der Pensionszusage wird dem Arbeitnehmern eine festgesetzte Rente garantiert. Hier zahlt der Arbeitgeber einen Anteil des Lohns auf ein Konto auf das keine steuerlichen Abgaben entfallen. Optional kann der Arbeitnehmer hier auch einzahlen. Im Hinblick auf die Planung und die Investitionen liegt das Risiko vollumfänglich bei dem Arbeitgeber. Ausschlaggebende Faktoren für den Berechnungsprozess sind solche wie die Beschäftigungszeit oder das Durchschnittseinkommen. Auch hier müssen Rentner bei einem früheren Renteneintritt mit Abschlagszahlungen rechnen. Ausgezahlt wird in jenem Modell wahlweise als Leibrente oder in Form einer einmaligen Kapitalauszahlung. Das Wahlrecht steht dem Arbeitnehmer zu.Das andere Modell der definierten Beitragszusage gewinnt jedoch gerade unter Unternehmern immer mehr an Beliebtheit, da das Risiko hier der Arbeitnehmer trägt.

Private Vorsorge

Auch die private Vorsorge wird in den USA immer wichtiger. Ähnlich wie in Deutschland investieren die Bürger auch hier ihr Geld in Fonds, Aktien oder Anleihen. Abseits dessen existieren allerdings auch solche Finanzprodukte, die den fondsgebundenen Rentenversicherung sehr ähneln, die sogenannten „garanteed income annuities“, sprich Renten mit garantiertem Einkommen. 

Im Rahmen dieser überlassen die Käufer jener Annuität dem Versicherungsunternehmen eine gewisseSumme an Kapital, wofür sie wiederum eine feste monatliche Auszahlung zu einem beliebigen Zeitpunkt erhalten. Die beiden beliebtesten Modelle sind hier die festverzinsliche aufgeschobene Rente (fixed-rate deferred annuities) und die indexierte Rente (indexed annuities). Bei ersterem wird eine vorher festgelegte Summe über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren auf ein festverzinsliches Konto eingezahlt. Das hier angelegte Geld kann man sich im Anschluss auszahlen lassen oder weiter anlegen.

Im Rahmen der sogenannten indexierten Rente erhalten die Käufer Auszahlungen, die sich an einem Marktindex, wie beispielsweise dem S&P orientieren. Steigt der Basisindex, so werden die Kursgewinne vom Versicherer bei einer bestimmten Summe einbehalten. Andererseits, werden in schlechten Phasen Auszahlungen von bis zu 3 Prozent garantiert. Jenes Modell ist gerade bei volatilen Märkten von großer Beliebtheit.

ein Artikel von
Pauline Brinkmann
Pauline studiert in Potsdam und Lausanne Rechtswissenschaften. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch nicht Mietverträgen, sondern politischen und gesellschaftlichen Prozessen.