Also bewarb ich mich lieber an der Deutschen Journalistenschule in München, mit meiner Muttersprache stand ich schließlich nicht auf Kriegsfuß. Trotzdem habe ich das Bild mit den diplomatischen Brückenbauern immer im Kopf behalten. Als ich mich jetzt mit dem neuen Buch „Die neue Macht der Corporate Influencer“ der beiden geschätzten Branchenkollegen Winfried Ebner und Klaus Eck beschäftigte, kamen mir die Mitarbeitenden, die ihre Companies in den Sozialen Netzwerken vertreten, auch vor wie digitale DiplomatInnen.
Auf LinkedIn stellt sich einer der beiden Autoren mit einem wunderbaren Satz vor: „Hallo, mein Name ist Winfried Ebner und ich baue Menschen-Netzwerke für die Telekom.“ Die selbstorganisierte TelekomBotschafter-Community ist seit 2015 auf über 300 Teilnehmende weltweit gewachsen. So hat sich aus einer Einzelinitiative eine #Werkstolz-Bewegung entwickelt, die z.B. allein auf Twitter mehr als 20.000.000 Impressionen pro Jahr erreicht – mit überdurchschnittlichen Interaktionsraten. Mitautor Klaus Eck, der zahlreiche Unternehmen bei der Implementierung von Corporate-Influencer-Programmen berät, hat in einem Beitrag für „CLAP“ – das People-Magazin der Kommunikationsbranche – mit acht Thesen treffend dargestellt, wie man ein solches Programm garantiert zum Scheitern bringt. Was sich lustig anhört, ist leider oft bitterer Ernst. Denn nicht immer passt eine Unternehmenskultur zu einer solchen Strategie.
Natürlich sieht es das C-Level gerne, wenn sich ihre Mitarbeitenden freiwillig zum Wohle des Unternehmens einsetzen, die Company preisen oder es in hitzigen Diskussionen auf Twitter, Facebook & Co. verteidigen. Aber dafür muss es eine Unternehmenskultur geben, die alles andere als toxisch ist. Wenn die Chefetage Botschafter:innen möchte, die das Ansehen des Arbeitgebers maximal mehren, dann dürfen sie diese nicht durch unendliche Freigabeprozesse quälen oder sich – wie Deutsche Telekom Chefkommunikator Philipp Schindera es einmal auf dem Kommunikationskongress treffend beschrieb – als „Kommunikationspolizei“ aufspielen. Ebner und Eck erklären in ihrem Buch anschaulich, wie man es als Unternehmen richtig macht. Professionelle Schulungen und Hilfestellungen sind essentiell, Vertrauen ebenso. Und selbstverständlich ist es hilfreich, wenn die Leader:innen als Social CEO`s mit gutem Beispiel vorangehen. Viele Firmen machen es schon richtig gut und die Corporate Influencer:innen leisten dort einen wertvollen Beitrag zur Unternehmenskommunikation. Big Player wie die Telekom, DATEV oder OTTO überzeugen ebenso wie der Versicherer LV1871 oder das Klinikum Dortmund.
Dort geben Marc Raschke und seine Truppe einem Krankenhaus ein ebenso professionelles wie emotionales digitales Gesicht. Mitarbeiter:innen-Partizipation ist allerdings nicht nur hilfreich, um ein Unternehmen nach außen heller strahlen zu lassen. Auch im Rahmen der Transformation von Unternehmen, die im Zuge der Digitalisierung nahezu überall stattfindet, spielen Menschen die zentrale Rolle. Aber immer noch werden viel zu viele Task-Forces eingerichtet, die in Workshops eine neue Struktur entwickeln, die dann top-down verkündet und ausgerollt wird. Dem Management wird dabei empfohlen, gegenüber den Mitarbeitenden fortlaufend transparent zu kommunizieren, damit alle „abgeholt“ werden. Winfried Ebner und Klaus Eck schreiben dazu in ihrem Buch: „Wenn alle abgeholt sind, ist keiner mehr da:“ Diesen grandiosen Satz haben sie extra blau unterlegt, damit man ihn nicht nur schmunzelnd liest, sondern idealerweise nachhaltig im Kopf behält. Corporate Influencer mit entsprechendem Gestaltungsspielraum sind schließlich ganz hervorragende Mitgestalter:innen, um Transformationsprozesse erfolgreich zu machen. Dass die modernen diplomatischen Brückenbauer nicht nur digital gut kommunizieren, sondern auch real hilfreich agieren, habe ich schon am eigenen Leibe erfahren.
Als ich einmal mit meinem Smartphone Off war, sorgte mein Lieblings-Magenta-Botschafter Barbaros Kaman mit Rat und Tat dafür, dass ich wieder sendefähig wurde. Kein Wunder, dass ich kürzlich als zufriedener Kunde meinen Mobilfunkvertrag bei der Deutschen Telekom verlängert habe. Zu meiner Überraschung meldete sich daraufhin der oberste Corporate Influencer des Unternehmens – CEO Tim Höttges höchstpersönlich – mit einer Videobotschaft bei mir. „Der wäre auch ein guter Botschafter geworden“, meinte meine Mutter anerkennend, als ich ihr den Clip vorspielte. „Ist er Mama“, meinte ich grinsend, „nur anders.“