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SOZIALGESELLSCHAFT

Bürgergeld statt Hartz IV. Doch was ändert sich eigentlich?

von Isabella Müller-Reinhardt

Es hat sich ausgehartzt! Hartz IV, auch als Arbeitslosengeld 2 bekannt ist bald Geschichte. Die Zukunft heißt Bürgergeld. Aber natürlich ändert sich nicht nur der Name. Die Betroffenen sollen ab 2023 mehr Unterstützung erhalten und auch sonst soll die staatliche Leistung sozialer und gerechter werden. Aber was heißt das genau?

Angespartes

Bisher durften ALG2-Empfänger je nach Alter ein sogenanntes Schonvermögen in Höhe von maximal 10.500 Euro besitzen. Dieser „Freibetrag“ der vom Staat nicht angerührt werden darf erhöht sich. In den ersten zwei Jahren soll er bei 60.000 Euro liegen. Im Anschluss dürfen Leistungsempfänger 15.000 Euro pro Person auf der Seite parken. So wie auch ein eigenes Auto, das nicht mehr verkauft werden muss.

Wohnung

Plötzlich arbeitslos und dann noch die Angst auf der Straße zu landen… Für Singles gilt derzeit ein Wohnraum in Höhe von maximal 45-50 Quadratmeter als angemessen. Für ein Paar liegt die Obergrenze bei 60 Quadratmetern und für jede weitere Person bei 15 Quadratmetern. Ist die Wohnung größer, sind Leistungsempfänger gezwungen, sich eine neue Bleibe zu suchen. Dieser zusätzliche Stress und Druck, man bedenke den derzeitigen Mietmarkt im ganzen Land, soll ab 2023 entfallen. In Zukunft soll es eine zweijährige Schonfrist geben, in der Bürgergeld-Empfänger in ihrer alten Wohnung erstmal bleiben dürfen.

Sanktionen

Hartz IV-Empfänger haben Pflichten, was ja grundsätzlich auch gerechtfertigt ist. Sie müssen beispielsweise werktags für das Jobcenter erreichbar sein, sie müssen ärztliche Untersuchungen mitmachen, sich im Krankheitsfall abmelden, und, das wichtigste, sie müssen sich auch aktiv um eine Wiedereingliederung im Arbeitsmarkt bemühen. Wenn ein Leistungsempfänger seinen Pflichten nicht nachkommt, drohen Sanktionen. Die bewilligten Leistungen können dann teilweise oder sogar komplett gestrichen werden.

Mit der neuen Regelung soll eine Schonzeit von sechs Monaten eingeführt werden. Das bedeutet: Wer in Zukunft Bürgergeld empfängt, hat das erste halbe Jahr keine Leistungskürzungen zu fürchten. Erst nach der sogenannten „Vertrauenszeit“ dürfen Kürzungen von maximal 30 % des Regelsatzes vorgenommen werden. 

Regelsatz

Jedes Jahr legt das statistische Bundesamt den Regelsatz für die kommenden zwölf Monate fest. 2022 liegt dieser bei 449 Euro für Alleinstehende oder Alleinerziehende. Für Kinder gibt es natürlich zusätzliches Geld. Für sechs- bis dreizehnjährige Kids beispielsweise, die in der Bedarfsgemeinschaft leben, gibt es vom Staat 311 Euro im Monat. 

Problem? Bei einer stark steigenden Inflation, wie wir sie derzeit erleben, reicht das ohnehin schon knapp bemessene Geld, vorne und hinten nicht. Daher soll es in Zukunft eine neue Berechnungsgrundlage geben. Wie die genau aussieht ist noch nicht geklärt und das große Diskussionsthema innerhalb der Ampelregierung. Fakt ist, die Regelsätze sollen auf alle Fälle steigen und für dieses Vorhaben werden sowohl die SPD als auch die Grünen mit aller Macht kämpfen.

Wen betrifft es?

Im Juli 2022 beziehen in Deutschland rund 3,6 Millionen Menschen Hartz IV. 3,6 Millionen Menschen (!), die jetzt auf das Go der FDP warten. Im September 2022 soll über die neuen Regelsätze abgestimmt werden. Ab dem neuen Jahr (2023) gibt es dann hoffentlich mehr Geld.

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Isabella Müller-Reinhardt
Isabella Müller-Reinhardt

Die in Madrid aufgewachsene Münchnerin arbeitet seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren als Sportmoderatorin für verschiedene deutsche und englische Fernsehsender. Zu den Stationen Müller-Reinhardts zählen unter anderem ARD, ITV, Sport1, Sky und Arena. Zudem plaudert sie in einem Podcast über „Weiberkram“, schreibt diverse Sportkolumnen und hat mit "Mensch Trainer" im Sommer 2020 ihr erstes Buch veröffentlicht.