Manager im Porträt

Bill McDermott – der Software-Typ mit Sonnenbrille

von Moritz Weinstock

Vor wenigen Wochen gab er überraschend seinen Rücktritt bei SAP bekannt. Nun ist klar, wohin die Reise des Top-Managers geht: wieder zu einem Softwareunternehmen, diesmal in Amerika.

William Richard „Bill“ McDermott erinnert, zumindest optisch gesehen, ein bisschen an die Agenten aus Matrix. Und er ist auch mindestens so gewieft, wie die geheimnisvollen Anzugträger mit ihren verspiegelten Sonnenbrillen. Doch was bei Dermott zum Markenzeichen wurde, hat einen tragischen Hintergrund. Denn der Manager trägt seine Brille nicht, um das Pokerface bei harten Verhandlungen bestmöglich zu wahren. Vielmehr verdeckt er damit sein linkes Auge, das er bei einem Sturz auf ein Wasserglas im Haus seines Bruders im Juli 2015 verlor. Damals, so berichtete die Süddeutsche, sei er „fast verblutet, war ohnmächtig, hat sich dann raus geschleppt auf die Straße“. Er kam mit Blaulicht ins Krankenhaus, wo ihn die Ärzte lange operierten, schlussendlich aber doch das verletze Auge entfernen mussten.

Aufstehen, weitermachen

Trotz dieses tragischen Verlusts, stand der damalige SAP-Chef nur wenige Monate später wieder in seinem Heidelberger Büro und führte den Softwarekonzern erfolgreich weiter. Unter seiner fast zehnjährigen Leitung, richtete er das 1972 gegründete, deutsche Traditionsunternehmen mit Milliardeninvestitionen auf die Zukunft aus, speziell auf das Thema Cloud-Computing. Mit seiner Vision hat Dermott SAP, das vorwiegend Software zur Steuerung von Geschäftsprozessen für Unternehmen herstellt, auf Kurs gebracht – und satte Gewinne eingefahren. Allein im dritten Quartal diesen Jahres stieg der Nettogewinn von SAP um 30 Prozent auf 1,26 Milliarden Euro.

Erfolgreich aufgewertet

Dass McDermott Ahnung vom Software-Geschäft hat, zeigt auch der Blick auf die Entwicklung des Aktienkurses von SAP, seit er dort 2010 den Chefposten übernahm. Damals hättest du eine Aktie für 30 – 38 Euro kaufen können, heute musst du mehr als das dreifache hinblättern: aktuell rund 120 Euro! Der Gesamtwert des DAX-Konzerns beläuft sich übrigens auf derzeit 145,5 Milliarden Euro.

Trotz seiner Begeisterungsfähigkeit für Software und Technologie, sieht Bill die größten Stärken eines Unternehmen allerdings in den Mitarbeitern. Er setzt sich nicht nur aktiv für die Gesellschaft ein, sondern macht sich auch dafür stark, dass Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung hinterherkommen.

Schon immer ein Macher

Bill wurde 1961 in New York City geboren und besuchte das Down College auf Long Island. Hier studierte er Betriebswirtschaftslehre, absolvierte seinen Bachelor und hängte einen Master in Business Administration an der J. L. Kellogg Graduate School of Management der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois dran. Schon zu Studienzeiten betätigte sich Dermott unternehmerisch, führte einen kleinen Delikatessenladen und verkaufte ihn nach seinem Collegeabschluss, den er damit finanziert hatte, gewinnbringend weiter.

Dann folgten 17 Jahre im Verkauf von Xerox Corporation, wo er zum jüngsten Geschäftsbereichsleiter des Unternehmens aufstieg und mit dem Malcolm Baldrige National Quality Award geehrt wurde. Dieser wird jedes Jahr vom amerikanischen Präsidenten verliehen und zeichnet besondere unternehmerische Leistungen aus.

Software, Software, Software

Wer den Chefposten eines Unternehmens besetzt, der sollte viel vom Kerngebiet der Firma verstehen. Für Bill McDermott gehört das eine zum anderen. Noch vor seiner Zeit bei SAP, die bereits 2002 begann, war er beim Marktforschungsunternehmen Gartner Inc. als Präsident im Einsatz, später dann als Executive Vice President für den weltweiten Vertrieb beim Softwarehersteller Siebel Systems. Und auch seine neue Stelle beim US-Software-Konzern ServiceNow passt zu seiner Vergangenheit. Doch während Vorstand und Verwaltungsrat ihn sehnlichst erwarten, hat seine Ankündigung bei den Anlegern für Skepsis gesorgt. Seit dem Bekanntwerden des Neuzugangs ist die Aktie von ServiceNow um knapp 12 Prozent ins Minus geraten. Kein guter Einstand, aber als ehemaliger Chef eines der größtes Softwareunternehmen der Welt wird er mit Sicherheit auch mit der neuen Herausforderung fertig.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.