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BARGELD

Bargeldobergrenze: Was spricht dagegen?

von Isabella Müller-Reinhardt

Letzte Woche habe ich meinen Vater in München besucht. Mein Papa ist mittlerweile 88 Jahre alt und Online-Banking ist ihm in etwa so fremd wie meinem 10-jährigen Sohn lineares Fernsehen. 

Muss mein Vater eine Überweisung tätigen, füllt er zu Hause einen Überweisungsträger aus, fährt in seine Bankfiliale und drückt sie dort einem Bankangestellten in die Hand. Leider war er dazu in den vergangenen Wochen krankheitsbedingt nicht in der Lage und somit musste ich für ihn sämtliche Rechnungen überweisen. Online natürlich. Als ich jetzt bei ihm zu Besuch war, gab er mir das vorgestreckte Geld in bar zurück. Knapp 800 Euro. Mit den 800 Euro ging es für mich am nächsten Tag in die Münchner Innenstadt. Christkindlmarkt, bisschen Bummeln, nach Weihnachtsgeschenken gucken. 

Ihr glaubt nicht, wie viele Verbrecher sich dort in der Stadt tummeln. An jeder Ecke steht ein mieser Taschendieb, der es auf meine Kohle abgesehen hat. Ich wurde auch ständig von irgendwelchen zwielichtigen Gestalten verfolgt. Und alle haben mich angestarrt! Sogar süße Kleinkinder und alte Omis mit Rollator waren Teil dieser kriminellen Bande! Natürlich nicht. Aber ich hatte eine solche Panik, mit so viel Bargeld rumzurennen, dass ich völlig paranoid wurde. Die anschließende Zugfahrt habe ich viereinhalb Stunden damit verbracht, mich mit beiden Händen an meiner Handtasche festzukrallen.

Jetzt stellt euch mal vor, ich müsste mit über 10.000 Euro das Haus verlassen. Ich glaube ohne ein privates Sicherheitsunternehmen, das mich mit Bodyguards begleitet, wäre ich dazu rein nervlich gesehen nicht in der Lage.

Derzeit wird in Deutschland über eine Bargeld-Obergrenze von 10.000 Euro diskutiert. Momentan kannst du egal was und egal wie teuer Cash bezahlen. Bei Beträgen über 10.000 Euro muss der Händler lediglich die persönlichen Angaben des Käufers erfassen und aufbewahren. Gerade beim Gebrauchtwagenkauf bevorzugen viele Menschen nach wie vor die Barzahlung. Eine gebrauchte Karre für 15.000 Euro in bar? Kein Problem. Noch. Denn sollte die Obergrenze tatsächlich kommen, wäre dann damit Schluss.

Aber mittlerweile gibt es ja genügend Alternativen. Paypal oder auch Echtzeitüberweisungen. Nach maximal 20 Sekunden, kommt bereits die Bestätigung, dass das Geld auf dem Empfängerkonto eingegangen ist. Da dauert das Scheine Zählen deutlich länger, gerade bei Summen von über 10.000 Euro.

Was spricht also gegen die Bargeld-Obergrenze? Für mich nichts. Aber ich würde ja auch nie mit so viel Geld in der Tasche vor die Tür gehen. 

Die Idee hinter dem „Bargeld-Gesetz“ ist ja nicht, uns brave, fromme Bürger zu ärgern, sondern Geldwäsche aus kriminellen Geschäften zu erschweren. Waffen, Drogen, Diebesgut, lässt sich bar auch besser verkaufen als mit Kreditkarte. Die Hoffnung ist also, mit der Bargeld-Obergrenze, die zu treffen, die ohnehin illegale Geschäfte betreiben. Ob das klappt, wird sich zeigen. Und alle anderen, legalen Transaktionen können von mir aus gerne digital erfasst werden. Das Finanzamt freut sich sicher auch über mehr Steuereinnahmen und weniger Schwarzgeld.

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Isabella Müller-Reinhardt
Isabella Müller-Reinhardt

Die in Madrid aufgewachsene Münchnerin arbeitet seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren als Sportmoderatorin für verschiedene deutsche und englische Fernsehsender. Zu den Stationen Müller-Reinhardts zählen unter anderem ARD, ITV, Sport1, Sky und Arena. Zudem plaudert sie in einem Podcast über „Weiberkram“, schreibt diverse Sportkolumnen und hat mit "Mensch Trainer" im Sommer 2020 ihr erstes Buch veröffentlicht.