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DER BLICK AUS ZÜRICH

Aufs falsche Pferd gesetzt

von Mikey Fritz

Es ist keine drei Jahre her, da brüsteten sich die Automobilhersteller damit, dass sie in Zukunft nur noch reine Elektroautos herstellen wollen. Die großen Namen überschlugen sich regelrecht mit ihren Ankündigungen. Doch die Realität holte die Unternehmen relativ schnell ein und zwingt sie nun, erneut umzusteuern. 

Jeder Automobilhersteller wollte noch vor wenigen Jahren die Verbrennermotoren im Produktportfolio so schnell wie möglich abschaffen, um zu zeigen, wie „grün“ und umweltbewusst man sei. Die meisten fokussierten sich darauf, die Umstellung ab 2025 zu beschleunigen und bis 2030 abzuschließen bzw. die Neuwagenangebote überwiegend oder gar vollständig auf rein elektrische Fahrzeuge umzustellen. Das Ganze wurde mit einer gewissen Hybris vorgetragen. Die Produktion von Plug-In- und Verbrennerfahrzeugen, so die Darstellung, sei nur noch ein Ballast. 

Das böse Erwachen in den vergangenen Quartalen war umso härter. Die Automobilhersteller mussten feststellen, dass nur ein kleiner Prozentsatz ihrer Kundschaft wirklich ernsthaft an rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen interessiert ist. Vor allem dann noch, als die staatlichen Subventionen wegfielen. Diese eisernen Fans schauen über alle Probleme hinweg, die den Rest der Kundschaft abschreckt. Angefangen bei unerträglich langen Ladezeiten, die jede Reise, die den Namen verdient, zu einem Geduldsspiel machen. 

Die Liste der Nachteile ist lang. So treffen die Reichweitenversprechen der Hersteller in den seltensten Fällen in der Praxis zu. Schon das Einschalten der Heizung im Winter oder gar ein zügiges Fahren auf der Autobahn reduziert die Reichweite so erheblich, dass es zum Standard wurde, im Winter mit dickem Mantel zur Arbeit zu fahren, um nicht schon wieder laden zu müssen. Muss die Batterie nach einigen Jahren getauscht werden, sind die Kosten so hoch, dass in der Regel der Restwert Richtung Null tangiert. 

Der rapide Restwertverfall überrumpelte auch die großen Flottenanbieter weltweit. Besonders deutlich wurden in der Öffentlichkeit die börsennotierten Autovermietungen, die sich einem neuen Gebrauchtwagenmarkt gegenübersahen, dessen Boden plötzlich einbrach. Das Interesse an gebrauchten Elektro-Fahrzeugen ist niedrig und die horrenden Kosten für einen Batterieersatz drücken die Preise massiv unter das Niveau der vergleichbaren Verbrenner. Sixt kämpft beispielsweise in diesem Jahr mit Wertberichtigungen im zweistelligen Millionenbereich, um diesen Preisverfall in der Bilanz widerzuspiegeln. Kurz um: Der Hype um Elektrofahrzeuge hat sich erheblich reduziert. 

Ein Automobilhersteller, der sich dagegen entschied, in der Produktion alles auf eine Karte zu setzen, ist BMW. Die Münchner trauten der Euphorie und Einseitigkeit nicht und sicherten sich nach hinten ab. Ihr Geheimrezept: Die Fahrzeuge werden auf den Produktionslinien unabhängig von ihren Antriebsarten produziert. Ob ein 5er mit Diesel, Benzin, einem Plug-In oder rein elektrisch angetrieben wird, ändert nichts daran, auf welchem Band er produziert wird. Ein Kompromiss ohne Zweifel, der jedoch absichert, dass BMW seine Bänder immer so stark wie möglich auslastet. Und die Auslastung der Kapazitäten ist entscheidend für die Marge. 

Wurde BMW für seine weitsichtige Strategie gelobt? Nein. Sogar ganz im Gegenteil. Das Unternehmen musste sich jahrelang harsche Kritik von Analysten, Journalisten, Investoren und selbsternannten Klimaschützern anhören. Die öffentliche Meinung wurde durch diese Attacken regelrecht vergiftet, was sich letztlich auch in der Börsenbewertung widerspiegelte. Doch der Vorstand ließ sich nicht beirren. Was richtig und wichtig ist, denn Automobilhersteller bewegen sich nur langsam und jeder nennenswerte Strategiewechsel kostet die Aktionäre Milliarden. Statt einem kurzfristigen Hin und Her hat man Kurs gehalten und am Ende Recht behalten. Hut ab dafür!

Die größte Petrischale für Elektrofahrzeuge ist jedoch nicht der europäische, sondern der chinesische Markt. Keine Regierung eines anderen Einzelmarktes setzt so stark auf Elektrofahrzeuge wie die Kommunistische Partei. Nicht weil man so „grün“ ist, sondern weil man einer der größten Importeure von Öl weltweit ist. Eine Abhängigkeit, die man gerne in den Griff bekommen möchte und die Elektrifizierung eines kritischen Teils der chinesischen Pkws hilft, dieses Ziel zu erreichen. 

Einer der größten und etabliertesten chinesischen Anbieter ist BYD. Der Konzern bietet im Automobilbereich zwei Sparten an: Plug-In-Fahrzeuge und reine Elektrofahrzeuge. Und wer sich die jüngsten Produktions- und Absatzzahlen vom Mai ansieht, der stellt fest, dass die Kunden ihre Präferenz geändert haben: Man kehrt wieder zum Hybrid- bzw. Plug-In-Fahrzeug zurück. Die Produktion und der Absatz dieser Sparte wuchsen im Jahresvergleich um mehr als 35 %, während die Nachfrage nach reinen Elektrofahrzeugen nicht einmal halb so stark wuchs. Verständlich, denn die Plug-In-Fahrzeuge liefern auch heute noch das Beste aus beiden Welten. Der Kunde muss auf nichts verzichten und kann je nach Wunsch so stark elektrisch fahren, wie er möchte. 

Eine Trendwende, die sich übrigens parallel auch in Japan abspielt. Toyota ist dort der Vorreiter. Man weigerte sich, der komplett einseitigen Ausrichtung in der Branche zu folgen und stellte Hybrid- und Plug-In-Fahrzeuge an erste Stelle. Eine Position, zu der sich nun immer mehr japanische Konkurrenten hinbewegen. Die Frage ist jedoch, wann diese Erkenntnis in Deutschland und insbesondere in Stuttgart und Wolfsburg ankommt. Erfahre im Zürcher Finanzbrief, welchen Automobilhersteller wir derzeit favorisieren. 

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Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Mikey Fritz an der Börse. Seine Karriere begann er als Wirtschaftsredakteur für die n-tv „Telebörse“. Es folgte die Gründung der FM Research in Berlin, welche Privatkunden und institutionelle Kunden mit eigenem Kapitalmarkt-Research beriet. Vor 15 Jahren setzte er einen neuen Schwerpunkt auf das Portfoliomanagement bei großen Vermögensverwaltern in der Schweiz und Deutschland sowie auf die Beratung von Finanzinstituten. Die Redaktion des Zürcher Finanzbriefes ist und bleibt aber sein Steckenpferd.