Für 9.500 Euro kaufen sie einen alten Schulbus und bauen diesen in dreimonatiger Sisyphusarbeit zu einem Loft auf Rädern um. Die Reise beginnt, und mit ihr die mediale Inszenierung einer Suche nach Erfüllung. Während Authentizität und Selbstverwirklichung zunehmend zur Ware einer narzisstischen Spaßgesellschaft ohne tieferen Sinn werden, kann der verträumte Betrachter gemütlich vom Sofa aus das überragende Schauspiel der Natur und das weniger überragende Schauspiel dieser beiden mutmaßlichen Freigeister bestaunen. Das kennen wir bereits aus dem 2007 erschienenen Filmepos Into The Wild, der sich derselben Grundidee bedient. Doch ein solches Unterfangen ist nicht nur aus soziologischen Gesichtspunkten, sondern auch aus wirtschaftlichen höchst interessant. So schreibt der französische Autor Frédéric Beigbeder in seinem 2001 erschienenen Roman mit dem Titel 99 Francs: „Alles ist käuflich: die Liebe, die Kunst, der Planet Erde, Sie, ich” – und trifft damit den Nerv der Gesellschaft, in der wir leben.
Expedition Happiness
Selima Taibi (25) ist unter dem Alias Mogli als Singer-Songwriterin tätig. Ihr Reisepartner und Freund Felix Starck (28) ist erfolgreicher Filmschaffender. Die beiden wollen aus dem Alltagstrott ausbrechen und eine Weltreise machen. So entsteht auch die Idee für eine neue Doku – denn Starck ist längst kein Newbie mehr im Showbusiness.
Die verträumten Globetrotter kaufen im Internet einen alten Schulbus, buchen zwei Flüge und machen sich schon wenige Wochen später auf den Weg. Angekommen in den USA, holen sie ihren Bus ab, den sie in dreimonatiger Arbeit zu einem Traumhaus auf Rädern umbauen.
Und so beginnt eine mehr als abenteuerliche Reise …
Die beiden Weltenbummler Selima Taibi und Felix Starck lernen sich in Neuseeland kennen, als Felix mit dem Fahrrad um die Welt fährt und den erfolgreichsten Dokumentarfilm dreht, der in Deutschland in den vergangenen Jahren produziert wurde. Nach ihrer gemeinsamen Rückkehr nach Berlin scheint das junge Glück geradezu makellos – die beiden wohnen in einem schicken Berliner Loft, legen sich einen Welpen zu, sind ambitioniert, erfolgreich und verliebt. Doch die eigene Vorstellung von Glück lassen sich die beiden nicht von stereotypischen Normen einbläuen, und so beginnt ihre ganz persönliche Suche nach Glück mit einem alten Schulbus und einem großen Traum vor Augen. Die Idee für einen neuen Film mit dem Titel „Expedition Happiness“ entsteht.
Der Eskapismus der Millennials ist nicht weiter verwunderlich. Wir leben in einer Zeit, in der für viele die Realität nur mit einem Funken Ironie zu ertragen ist. Folglich ist der Ausbruch die logische Antwort auf eine zunehmend ernster werdende weltliche Lage. Es liegt auf der Hand, warum immer mehr junge Menschen sich selbstbestimmter, unabhängiger und freier bewegen, als je eine Generation zuvor es getan hat – die 68er Bewegung mal ausgenommen. Doch der moderne Eskapismus hat seinen Preis, und im Fall der beiden Globetrotter ist dieser gar nicht zu gering.

In der kunterbunten Welt von Selima Taibi und Felix Starck scheint Geld nur eine Nebenrolle zu spielen. Nachdem Starcks erster Film Pedal The World auch ein wirtschaftlicher Erfolg war, hatte das Paar jede Menge davon. Nach „Expedition Happiness“ hatten die beiden eine mediale Aufmerksamkeit unter den reisefreudigen Mittzwanzigern generiert, die ihresgleichen sucht. Innerhalb der inspirierten Fangemeinde gab es etliche Nachahmer, die bereits, bevor es richtig losging, kläglich scheiterten. So berichten die Tampa Bay Times in einem Artikel darüber, wie der Amerikaner Tanner Broadwell (26) und seine Partnerin Nikki Walsh (24) ihr gesamtes Hab und Gut verkauften und ein Segelboot erstanden, um die Welt zu umsegeln. Der Traum endete am zweiten Tag mit einem gesunkenen Boot und leeren Händen. Das heißt, nicht ganz: Ihren Mops (2) konnten sie gerade noch vor dem Ertrinken retten. Auch die Freigeister aus Expedition Happiness haben einen Hund auf ihrer 25.000 Kilometer langen Reise dabei. Immer wieder geraten sie in Schwierigkeiten mit Behörden und überlegen früher abzureisen, immer wieder erinnern sie sich, dass der geplante Film ihre finanzielle Absicherung bildet und sie nicht ausschließlich zum Spaß auf Reisen sind. Im Film selbst wird das nicht angesprochen. Ebensowenig wird gesagt, dass allein der Ertrag aus dem Verkauf des Buses zum Ende der Reise rund 100.000 Euro beträgt.
Zwar empfehlen die beiden Weltenbummler jedem, der den Drang verspürt, eine solche Reise zu machen, dies auch zu tun. Die Finanzierung einer Unternehmung dieser Größenordnung und die Gefahren, die diese birgt, werden nicht offengelegt.
Hier geht’s zum Filmtrailer von „Expedition Happiness“: