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RUNDFUNKGEBÜHREN

ARD, ZDF, Deutschlandradio. Wie lange können wir uns diesen Luxus noch leisten?

von Isabella Müller-Reinhardt

Wer heutzutage Applaus sucht, hat es einfach. Früher mussten wir uns vor Live-Publikum auf eine Bühne stellen und mit mindestens drei Bällen jonglieren oder aber die richtigen Töne treffen. Heute reicht ein Account bei Twitter und der richtige Hashtag.

Gegen die Deutsche Bahn oder die Corona-Maßnahmen zu stänkern klappt immer. Auch gegen die Bundesregierung im Allgemeinen oder Karl Lauterbach im Speziellen zu schießen, bringt die Menge zum Toben. Wofür es auch immer ordentlich Zuspruch gibt, ist die sofortige Absetzung des Öffentlichen Rundfunks zu fordern. In den letzten Tagen gab es wieder einmal ordentlich Beifall für den Hashtag #GEZabschaffen. 

Das ist natürlich völliger Schwachsinn, denn die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) heißt seit mittlerweile 10 Jahren „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“. Aber das wären vermutlich für Twitter zu viele Zeichen gewesen.

Egal. Worum geht es dieses Mal?

Natürlich um die völlig irren und nicht nachvollziehbaren Ausgaben von RBB-Intendantin, Patricia Schlesinger. Wochenend-Trip nach London. A8 Dienstwagen mit Massagesesseln für 146.000 Euro und zwei Chauffeure. Geölter Parkettboden im Büro für 17.000 Euro, eine automatisch bewässerte Pflanzenwand… 

Von mir aus, kann sich jeder Firmenboss, der in seinem Leben viel erreicht und geschafft hat und große Verantwortung trägt gerne auch einen Picasso ins Büro hängen kann. Oder mit Privatjet auf die eigene Insel im Pazifik düsen. 

Jetzt ist Patricia Schlesinger allerdings nicht Chefin eines x-beliebigen, privaten Unternehmens, sondern Intendantin eines öffentlich rechtlichen Fernsehsenders. Jeden Cent, den sie verschwendet, haben wir alle mit unseren Rundfunkgebühren finanziert. Es ist daher unser gutes Recht sauer und enttäuscht zu sein. Mehr noch, es ist skandalös! Ihren Job ist sie mittlerweile los und die Staatsanwaltschaft ermittelt. Gut so.

Aber Frau Schlesinger ist eine Person und nicht der gesamte ÖRR. Es mag vielleicht noch andere, kleinere Schlesingers in der ARD oder dem ZDF geben, aber wegen der wenigen schwarzen Schafe jetzt den ganzen Laden dicht machen? 

Genau das wäre nämlich die Folge von #GEZabschaffen.

Ohne unsere monatlichen Gebühren wäre der ganze öffentlich rechtliche Apparat nach spätestens zwei Monaten pleite. Immerhin machen unsere Rundfunkgebühren gute 85 % (!) der Einnahmen aus. Im vergangenen Jahr sind so 8,42 Milliarden Euro zusammengekommen.

Ne Menge Kohle, die an anderer Stelle fehlt. Für mich stellt sich unabhängig von verschwenderischen Intendantinnen eher die Frage, wie lange wir uns den Luxus eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch leisten können oder wollen? Es gibt nicht wenige Familien, die derzeit jeden Euro zwei Mal umdrehen müssen. Die sich genau überlegen, ob sie sich ein Zeitungsabo oder Netflix noch weiterhin leisten können. Bei den Rundfunkgebühren haben sie die Wahl leider nicht. Daher fällt auch immer wieder der berechtigte Begriff der „Zwangsgebühren“.

18,36 Euro im Monat. Das sind im Jahr über 220 Euro. Wie viele Menschen haben angesichts der Inflation und der enorm gestiegenen Energiepreise jetzt schon Panik vor dem bevorstehenden Winter. Wenn ihr euch entscheiden müsstest zwischen warm duschen oder der Helene Fischer Show. Was ist wichtiger, Sprit fürs Auto oder der Tatort am Sonntag? Das mag jetzt alles polemisch klingen aber diese Gedanken sind für viele Menschen real. Und angesichts dieser Sorgen, ist eine im Luxus lebende RBB-Intendantin noch grotesker als ohnehin schon.

ein Artikel von
Isabella Müller-Reinhardt
Isabella Müller-Reinhardt

Die in Madrid aufgewachsene Münchnerin arbeitet seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren als Sportmoderatorin für verschiedene deutsche und englische Fernsehsender. Zu den Stationen Müller-Reinhardts zählen unter anderem ARD, ITV, Sport1, Sky und Arena. Zudem plaudert sie in einem Podcast über „Weiberkram“, schreibt diverse Sportkolumnen und hat mit "Mensch Trainer" im Sommer 2020 ihr erstes Buch veröffentlicht.