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BÖRSENBEBEN

Zwischen Zoll-Tsunami und Rendite-Rettungsringen

von Zaster Redaktion

Donald Trump hat geliefert. Nicht etwa Argumente, Einsicht oder gar eine durchdachte Wirtschaftspolitik – nein, sondern das, was er für „reziproke Zölle“ hält.

Klingt irgendwie nach Fairness, Gleichbehandlung, Regelbasiertheit. Doch in der Trump’schen Übersetzung bedeutet das: „Wenn ich glaube, du behandelst mich unfair, dann haue ich dir halt willkürlich 50 Prozent Zoll drauf. Peng!“

Seine Methode? Eine ökonomische Offenbarung – im Sinne von Offenbarungseid: Man nehme das Handelsbilanzdefizit der USA mit einem Land, teile es durch die Exporte dieses Landes in die USA, würze das Ganze mit einer Prise „Währungsmanipulation“ und „Handelshemmnissen“, und garniere es mit einem satten 50-Prozent-Zuschlag. Fertig ist der Trump’sche Zollsmoothie – dickflüssig, schwer verdaulich, voller Nebenwirkungen.

Willkommen in der ökonomischen Bronzezeit.

Und das Beste: Die Handelspartner können dem gar nicht entkommen – jedenfalls nicht mit dem, was man in zivilisierten Gesellschaften unter Freihandel versteht. Wer weniger Zölle erhebt, wird nicht belohnt – im Gegenteil, der soll einfach mehr in den USA produzieren. Heißt im Klartext: Fabriken raus aus China, rein nach Kansas. Nähmaschinen ab nach Nebraska. Smartphones künftig „Made in Montana“?

Absurder wird’s kaum – aber Trump gibt alles, um dieses Limit zu sprengen.

Ab dem 5. April wird ein pauschaler Zoll von 10 Prozent auf ALLES erhoben. Vom Plastikspielzeug bis zur Hightech-Fräse, vom Air Jordan bis zum deutschen E-Auto. Das bedeutet: Importieren wird teurer, Unternehmen zahlen mehr – und reichen die Zeche einfach weiter. An wen? Na klar: den US-Verbraucher. Inflation, Baby!

Aber das war nur die Aufwärmrunde.

Ab dem 9. April folgt Phase 2: Zusätzliche Strafzölle auf Importe aus 60 Ländern. Besonders harte Treffer: China mit +34 Prozent, Japan +24 Prozent, die EU +20 Prozent. Und als Sahnehäubchen: Vietnam bis zu 46 Prozent! Die Ironie: Genau dorthin hatten viele US-Firmen ihre Produktion ausgelagert, um dem ersten Trump-Zollrundumschlag zu entkommen. Tja, Volltreffer! „Tim Apple“ (aka Tim Cook) dürfte inzwischen regelmäßig nachts schweißgebadet aufwachen – mit dem Albtraum eines 3.000-Dollar-iPhones, made in Ohio, fast so teuer wie ein gebrauchter Kleinwagen.

Nicht zu vergessen: Nike! Viel Spaß beim Nähen von Sportschuhen in Kansas. Oder Texas – falls der Strom dort mal wieder zufällig funktioniert. Aber hey: America First!

Und weil aller schlechten Dinge drei sind, kam am 3. April schon der nächste Nackenschlag:

25 Prozent Zoll auf alle importierten Autos. Ferrari? Zieht sofort die Preise an. BMW, Toyota & Co? Bekommen Schnappatmung. Für Premium-Hersteller mit dicker Marge noch halbwegs verkraftbar – für Volumenanbieter ein Desaster. Der Wirtschaftsmotor Europas? Läuft demnächst auf Trump’schem Bleifrei.

Doch Trump wäre nicht Trump, wenn er nicht noch einen draufsetzen würde:

Es heißt, er sei „gesprächsbereit“ – aber nur, wenn Länder ihm „entgegenkommen“. Klingt nicht nach Verhandlung, sondern nach einer Folge The Sopranos. Schutzgeldlogik auf diplomatisch: „Mach mir ein Angebot – sonst gibt’s beim nächsten Mal 70 Prozent Zoll.“ Vertrauen? Null. Stabilität? Fehlanzeige. Rechtsstaat? Wird überbewertet.

Was bleibt der Welt? Augen auf und durch.

Die einzige echte Option: Die übrige Welt muss enger zusammenrücken, mehr untereinander handeln und sich vom US-Markt emanzipieren. Denn irgendwann – man darf ja träumen – könnte Trump auf seiner eigenen Zollbombe sitzen bleiben. Boom!

Panik? Durchaus erlaubt – aber bitte mit Strategie.

Und jetzt kommen wir Anleger ins Spiel! Wer sein Geld in den nächsten fünf Jahren braucht, darf ruhig nervös werden. Wenn die US-Anleihemärkte und JPMorgan beide „Rezession“ rufen, kann man schon mal den Finger zum „Verkaufen“-Button führen. Und ja, die Märkte neigen zum Übertreiben – aber diesmal könnte es kein Ausrutscher sein. Wenn Trump auch noch Europa aufs Zoll-Karussell schickt, ist Zirkus Börse eröffnet.

Wer langfristig investieren kann, hat den Luxus, einfach gar nichts zu tun. Manchmal ist die beste Entscheidung eben, nichts zu entscheiden.

Aber was tun, wenn man sich nicht entscheiden will, aber trotzdem clever wirken möchte? Voilà: Die ,,vielleicht”  korrekten Anlagetipps:

Cash is King (für kurze Zeit): In der Stagflation geht alles baden – Aktien, Anleihen, Gold. Bargeld ist dann plötzlich wieder sexy. Nur nicht zu lange – die Inflation frisst’s.

Keine blinde Liebe zu Uncle Sam: Zwei Drittel des Weltaktienmarkts bestehen laut den üblichen Indizes aus US-Aktien. Klingt nach Klumpenrisiko? Ist es auch. Zeit, die USA mal auf Diät zu setzen.

Wenn schon USA, dann Produzenten mit wenig Importbedarf: Wer seine Materialien schon vor Ort hat, kann den Zoll-Tsunami aussitzen – und vielleicht sogar Marktanteile gewinnen.

Europa: Vom Sorgenkind zum Star? Vielleicht, ganz vielleicht, entdeckt Europa gerade wieder seine wirtschaftliche Libido. Infrastrukturprogramme, Subventionen, politische Einigkeit – okay, letzteres war ein Witz, aber der Rest stimmt.

Asien bleibt Pflicht: Trotz aller Trump-Rhetorik: Die Welt endet nicht an der amerikanischen Westküste. Wer China rausschmeißt, schmeißt auch Wachstum raus.

Lieferketten-unabhängige Unternehmen: Wer regional produziert und wenig mit transatlantischem Handel zu tun hat, ist fein raus. Lokal investieren kann plötzlich Sinn machen – Immobilien, Telekom, Versorger, Banken mit wenig Exportabhängigkeit. Dividenden statt Drama.

Timing ist (k)eine Strategie: Wer glaubt, Crashs vermeiden zu können, irrt. Wer glaubt, das vorhersehen zu können, irrt doppelt. Also besser breit streuen – und gut schlafen.

Und last but not least: Gold. In Zeiten politischer Willkür, ökonomischer Selbstverstümmelung und diplomatischer Erpressung hilft nur noch das gute alte Krisenmetall.

Fazit: Trump macht Politik wie ein Flohmarkthändler: Erst 50 Prozent Zoll androhen, dann „großzügig“ auf 30 Prozent runterhandeln. Wer investiert, braucht jetzt eins: einen guten Kompass – und gute Nerven. Dann lässt sich sogar von der Chaos-Dividende profitieren.

Ein Gastbeitrag von Sven Stoll. Stoll beschäftigt sich bereits seit den 1990er-Jahren mit den Finanzthemen, Wirtschaft und Investmentfonds. Er investiert selbst seit vielen Jahren in aktiv gemanagte Fonds und profitiert von zahlreichen Kontakten in der Branche sowie regelmäßigen Gesprächen mit renommierten Portfoliomanagern. Sven ist hauptberuflich Fondsanalyst bei der GSR GmbH.

Dies ist keine Anlageberatung. Bitte informiert euch vor einer Geldanlage über die Risiken und beachtet unsere Hinweise hier.

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Zaster Redaktion
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