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Der Blick aus Zürich

Zinswende in Europa voraus

von Mikey Fritz

Die Zinsen in der Euro-Zone sollen wieder sinken. Das ist das erklärte Ziel der Europäischen Zentralbank. Doch wird es so einfach sein, die Zinsen wieder auf das Pre-Covid-Niveau zurückzubringen? Das Umfeld ist herausfordernd für die Notenbank, bietet aber interessante Chancen für Privatanleger. 

Philip Lane ist sich sicher: Die EZB hat einen Weg gefunden, um die datenbasierten Prognosen zu verbessern und so vorausschauend zu gestalten, dass die Entscheidungen über Zinsveränderungen fundierter getroffen werden können. Stolz ist der Chefvolkswirt der EZB vor allem auf den intern erstellten Arbeitskosten-Index, der die Veränderungen der wichtigsten Lohn- und Gehaltsvereinbarungen verfolgen und synthetisieren können soll. Ein Werkzeug, das die EZB auch dringend braucht, denn die Entwicklung der Arbeitskosten stellen in der aktuellen Phase die größte Gefahr für die Inflationsentwicklung und damit für die Zinspolitik da. 

Denn Inflation ist nicht gleich Inflation. Veränderungen bei Energie- und Lebensmittelpreisen sind beispielsweise sehr volatil: Sie reagieren sehr schnell und in der Breite auf Veränderungen der Eingangskosten und auf Nachfrageveränderungen. Dieses flexible Verhalten gilt aber für beide Richtung. Ausgezeichnet zum Beginn der Ausweitung des Krieges in der Ukraine 2022 zu beobachten gewesen und auch wie sich die Preise dann relativ schnell wieder im darauffolgenden Jahr deutlich reduzierten. 

Arbeitskosten erhöhen die strukturelle Inflation

Wenn sich die Preise jedoch schnell wieder beruhigen, warum wirkt die Inflation dann kumulativ über die Jahre? Hier kommen vor allem die Arbeitskosten ins Spiel. Denn im Gegensatz zu den volatilen Energie- und Lebensmittelpreisen entwickeln sich Löhne und Gehälter deutlich rigider. Nur in sehr seltenen Wirtschaftsphasen entwickeln sie sich zurück. Die Regel ist eine leichte jährliche Steigerung, weswegen die jetzigen Abschlüsse so stark herausstechen. In der jüngeren Vergangenheit haben sich die Zuwachsraten nominal mehr als verdoppelt. Und reichen dennoch nicht aus, um in der breiten Masse einen realen Lohnzuwachs zu erzielen, da die Inflation so gewütet hat und die Inflationsrate immer noch erhöht ist. 

Steigende Löhne und Gehälter werden daher ein Thema sein, dass die Wirtschaft noch in den kommenden Jahren beschäftigen wird. Die Ausläufer werden voraussichtlich mehrere Jahre benötigen, was die Inflation in der Euro-Zone strukturell erhöhen kann. Aus diesem Grund ist die letzte Phase der Inflationsbekämpfung auch die schwierigste aus Sicht der EZB, denn sie wird sich lange hinziehen. 

Erster Zinsschritt im Juni

Für einen ersten Schritt und damit den Beginn der Zinswende reicht es jedoch. Die EZB hat laut und deutlich signalisiert, dass man auf der Sitzung in der kommenden Woche am 6. Juni die drei Zinssätze senken wird. Voraussichtlich um 25 Basispunkte von 4,50 % auf 4,25 % p. a. Für den Einlagensatz würde dies bedeuten, dass in Zukunft wieder eine 3 vor dem Komma stehen wird. Einig ist sich die Börse auch, dass in diesem Jahr dann noch eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte folgen wird. Anfänglich fokussierte sich der Markt auf den Folgetermin im Juli, aber inzwischen driften die Meinungen eher in Richtung der Sitzung am 12. September. 

Das war es dann aber auch. Der Euro-Anleihemarkt preist darüber hinaus keine weiteren Zinssenkungen ein, was insbesondere an dem Wiedererstarken der Konjunktur in den Ländern der Euro-Zone (ausgenommen Deutschland) und dem oben beschriebenen Problem der strukturell höheren Inflation liegt. 

Staatsanleihen attraktiv gepreist

Interessant ist in dieser Hinsicht nach wie vor das kurze Ende der Zinsstrukturkurve. Die 2-jährigen deutschen Schatzanweisungen und Bundesobligationen werden aktuell mit Renditen von knapp mehr als 3 % p. a. auf Endfälligkeit gehandelt, was ausgesprochen hohe Niveaus für die sichersten Wertpapiere der Welt sind. Aufgrund der kurzen Restlaufzeit ist die Gesamtrendite aber selbstverständlich überschaubar und potenzielle Kursgewinne stehen kaum in Aussicht. 

Ganz anders dagegen die 10-jährigen Bundesanleihen, die auf den ersten Blick unattraktiver erscheinen. Mit einer Rendite von mehr als 2,5 % p. a. auf Endfälligkeit erscheinen sie teurer, sind es aber nicht. Denn die Rendite liegt bei diesen Papieren weniger im jährlichen Zins, sondern in der zukünftigen Veränderung des Marktzinsniveaus. Antizipiert die Börse während der Laufzeit eine deutlich niedrigere Inflation, dann werden diese Anleihen deutlich im Kurs steigen, um die Rendite auf Endfälligkeit in Einklang mit der dann sinkenden Marktrendite zu bringen. Und der daraus entstehende Hebel für den Kurs kann erheblich und sehr attraktiv für die Investoren sein. Wer mehr zu den Chancen am Anleihemarkt wissen will, schaut sich den Zürcher Finanzbrief an. 

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Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Mikey Fritz an der Börse. Seine Karriere begann er als Wirtschaftsredakteur für die n-tv „Telebörse“. Es folgte die Gründung der FM Research in Berlin, welche Privatkunden und institutionelle Kunden mit eigenem Kapitalmarkt-Research beriet. Vor 15 Jahren setzte er einen neuen Schwerpunkt auf das Portfoliomanagement bei großen Vermögensverwaltern in der Schweiz und Deutschland sowie auf die Beratung von Finanzinstituten. Die Redaktion des Zürcher Finanzbriefes ist und bleibt aber sein Steckenpferd.