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EURO, DOLLAR, SCHILLING – WAS DEN FINANZMARKT DIESE WOCHE BEWEGT HAT

Vom düsteren Drama zur größten Rally aller Zeiten

von Philipp Grabowski

Der DAX wuchs wie der Phoenix aus der Asche in einem Jahr um fast 80 Prozent. ZASTER-Kolumnist Volker Schilling über die Geschehnisse auf den Finanzmärkten.

Düsteres Drama

Genau vor einem Jahr erreichten die Börsen weltweit ihren Tiefpunkt in der ersten Welle der Coronakrise, ein nie dagewesener Ausverkauf in Dynamik und Höhe. Ein düsteres Drama zeichnete sich ab. Beim Blick in die eigenen Depots wurde es Anlegern mulmig. In meinem Kommentar vor einem Jahr machte ich Mut und schrieb, dass der Ladenschluss im Lockdown nicht zu einem „Schluss im Laden“ führen wird. Und heute, ein Jahr danach, wissen wir, dass nach dem größten Abverkauf aller Zeiten, die größte Rally aller Zeiten kam.

Der deutsche Aktienindex DAX markierte diese Woche bei über 14.800 Punkten ein neues Allzeithoch. Das Tief 2020, genau vor einem Jahr, lag bei 8256 Punkten. Über 6500 Punkte Anstieg oder, um die Dimension noch deutlicher zu machen: Fast 80% Wertzuwachs in einem Jahr! Aus dem düsteren Drama wurde eine fulminante Feier, der Krise zum Trotz. Allerdings zeigt diese radikale Rally auch einige Nebenwirkungen unter den Börsianern.

So zockt inzwischen auch die börsenunerfahrene mutige Maid zusammen mit dem hochmütigen Hagestolz und fällt zu sehr auf die Versprechen von radikalen Rädelsführern herein.

Radikale Rädelsführer

Bereits letzte Woche schrieb ich über die Greenshil Bank und deren illustres Treiben. Während hier vor allem institutionelle Investoren wie Kommunen und Rundfunkanstalten betroffen sind, kommen immer mehr sogenannte Geldpropheten aus den Untiefen der sozialen Medien, um Privatanlegern schnellen Reichtum und finanzielle Unabhängigkeit zu verkünden. Besonders junge Menschen werden mit opulenten Börsengewinne geködert.

Die „Generation GameStop“ ist anfällig für radikale Rädelsführer, die genau wissen, dass das Zeitfenster für manipulative Börsenflashmobs günstig ist.

So sehen wir auch diese Woche wieder eine rabiate Rally, deren Ursprung nicht ganz klar ist, aber diesmal einen deutschen Wert trifft: Volkswagen. So steigen die Stammaktien des Konzerns binnen weniger Tage um 50% an. Auffällig dabei sind die vielen Kleinstorders im US-Markt und die Aktivitäten auf der Tradingplattform Robin Hood. Und auch hier scheint man wieder auf die Marktenge und die Shortanleger abzuzielen. Denn die Stammaktien von VW liegen zu 90% in festen Händen der Porsche Holding (54%), des Bundestaates Niedersachen (20%) und des Staatsfonds von Katar (17%). Der Rest wird zudem gerne für Aktienleihen verwendet, um die Stämme leer zu verkaufen.

Und nicht zu vergessen: In den USA notieren die VW Aktien nur als sogenannte ADRs und nur als Stammaktie.

Kurzum: Ich rechne weiter mit willfährigen Ausschlägen bei der VW-Aktie.

Apropos:

Willfähriges Faktotum

Wie Sie als treuer Leser wissen, ist die Börse in den letzten Jahren ohnehin nur das willfährige Faktotum der Notenbanken. Als Mädchen für alles, saugt die Börse auf, was die Notenbanken vorgeben.

So war diese Woche die US-Notenbank und ihr Chef Jerome Powell dran, um den Märkten zu sagen, wie es weitergeht: Keine Zinsanhebungen bis 2023, keine Rückführung der Anleihekäufe – immerhin 120 Milliarden pro Monat , 6 Prozent Wachstumsprognose für die US Wirtschaft in 2021. Dazu die klare Aussage, dass er erst einmal Inflation über 2 Prozent sehen will und die Arbeitslosigkeit wieder auf Vorkrisenniveau fallen muss.

Mit anderen Worten: Die Börsenrally kann weitergehen, denn an der Notenbankpolitik der massiven Geldflutung ändert sich nichts.

Dazu kommen die diese Woche verschickten Schecks an die US Bürger, die damit einen zusätzlichen Boost in die US Wirtschaft und den US Aktienmarkt bewirken werden.

Alle, die an ein dystopisches Weltbild glauben, müssen sich daher noch gedulden und sich mit meinen Dysphemismen in dieser Ausgabe zufriedengeben.

Ihr Volker Schilling

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ein Artikel von
Philipp Grabowski