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Der Blick aus Zürich

Unternehmensgewinne auf 3-Jahreshoch

von Mikey Fritz

Mangelnden Optimismus kann man der Wall Street nicht vorwerfen. Die Bullen haben sich im 4. Quartal richtig ausgetobt und der Börse zu einem phantastischen Finish verholfen. Durchaus begründet, denn in den USA wächst die Wirtschaft unverändert stark. Die Prognosen für die Unternehmensgewinne liegen auf einem 3-Jahreshoch. 

Die Erwartungen der Börse an die Unternehmenszahlen aus den USA könnten zum Start der Berichtssaison kaum höher sein. Die Analysten haben in ihren offiziellen Prognosen eine Konsens-Gewinnwachstumserwartung von 11,7 % für das 4. Quartal eingepreist. Bewahrheitet sich diese Prognose, dann hätte das Dezember-Quartal das höchste Gewinnwachstum seit dem 4. Quartal 2021 erzielt. Vor drei Jahren wuchs der Gewinn im Jahresvergleich um 31,4 %, allerdings hakt der Vergleich etwas, denn die starke Gewinnentwicklung ergab sich zu einem wesentlichen Teil aus dem schwachen Vorjahresquartal, was den Vergleich erleichterte bzw. die Wachstumsrate überzeichnete. 

Ein Gewinnwachstum von 11,7 % ist mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch nur die Untergrenze dessen, womit wir rechnen dürfen. Häufig wird die Konsens-Gewinnerwartung übertroffen, und das sogar sehr deutlich, da die Analysten im Verlauf des Quartals dazu neigen, ihre Prognosen nach unten zu korrigieren. Dieses Herdenverhalten führt dazu, dass es in den vergangenen 40 Quartalen beim S&P 500 Index nur drei (!) Quartale gab, wo die Konsens-Gewinnerwartungen verfehlt wurden. Das waren in dieser Betrachtung das 1. Quartal 2020 sowie das 3. und 4. Quartal 2022.

Die Überraschungen treiben im Januar die Kurse

Realistisch ist ein Gewinnwachstum von rund 14 % im Jahresvergleich. Wohlgemerkt als Durchschnitt über alle 500 Mitglieder des S&P 500 Index betrachtet. Selbstverständlich wird es viele Ausreißer geben und vor allem auch ganze Sektoren und Industrien, die deutlich stärker und häufiger erheblich weniger stark wachsen.

Entscheidend für die Börsenkurse ist jedoch der Überraschungseffekt. Die Anleger hatten im Verlauf des 4. Quartals ausreichend Zeit, um ihre eigenen Vorstellungen und die Modifizierungen der Analystenprognosen in die Kurse einzupreisen. Das ist also kein Geheimnis mehr und eine reine Bestätigung der Prognosen wird die Kurse im Zweifel nur marginal bewegen. So beispielsweise wie in den ersten drei Quartalen, die alle über den offiziellen Gewinnerwartungen lagen, aber nur marginal. Richtig Bewegung kommt hingegen in die Börse, wenn es rückblickend erhebliche Überraschungen gibt und / oder der Ausblick sich deutlich von den Prognosen unterscheidet. 

Nvidia belastet die Big Techs 

Nvidia ist so ein Fall. Das Schwergewicht – Marktkapitalisierung 3,22 Billionen US-Dollar – wurde im Vorfeld der Berichtssaison abverkauft. Dabei liegen noch gar keine Zahlen für das Dezember-Quartal vor und das Unternehmen wird auch vergleichsweise spät am 26. Februar berichten. Nicht einmal das starke Abschneiden von TSMC konnte den Verkaufsdruck in den vergangenen Tagen stoppen. Warum? 

Weil Nvidia auf der CES den lange angekündigten „Blackwell“ Server AI-Chip nicht vorstellte und nicht einmal einen Termin für den offiziellen Verkaufsstart bekannt gab. Da der Chip als Nachfolger des Bestsellers Hopper essenziell wichtig für die Umsatz- und Gewinnentwicklung im laufenden Jahr ist und Nvidia seit Monaten erst mit Problemen in der Produktion und seitdem mit thermischen Problemen kämpft, preist die Börse nun eine negative Überraschung ein. Ob das gerechtfertigt ist, werden wir spätestens am 26. Februar erfahren, aber bis dahin werden die Kursverluste des Schwergewichts die Indizes – Dow, S&P 500 und Nasdaq – belasten. 

Erträge der Banken steigen stark

Sehr optimistisch werden hingegen die Banken der Wall Street gesehen. Der Fokus der Optimisten liegt vor allem auf dem Netto-Zinsertrag, also Ertrag aus dem Kreditgeschäft mit privaten Haushalten und Unternehmen. Denn: Das Marktzinsniveau war im US-Dollar ausgesprochen hoch. Der Anleihemarkt hatte die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten zum Anlass genommen, um die Inflationserwartungen für die kommenden Jahre deutlich zu erhöhen, was die gesamte Zinsstrukturkurve empfindlich anhob. Schlecht für die Anleihegläubiger, aber gut für die Banken, denn die Nachfrage nach Kredit ist aufgrund der starken Wirtschaft anhaltend hoch. Die Banken profitierten also von vielen neuen Krediten zu vergleichsweisen hohen Zinssätzen. 

Konkret wird für die Banken mit einem Gewinnwachstum von 187 % im Jahresvergleich gerechnet. Wir reden also über ein Goldilocks-Szenario. Das im Übrigen nur für die Banken so gesehen wird, nicht für die Versicherungen, sonstigen Finanzdienstleister usw. Um es konkret auszudrücken: Das Gewinnwachstum des gesamten US-Finanzsektors wird im 4. Quartal bei 39,5 % gesehen. Rechnet man die Banken hier heraus, schrumpft das erwartete Gewinnwachstum auf nur noch 11 % zusammen. 

Die Berichtssaison beginnt heute! Abgesehen von der Bank of America, die am Donnerstag berichten wird, stehen vor allem die Berichte von JPMorgan Chase, BlackRock, der Citigroup und Wells Fargo im Mittelpunkt. Die Zahlen sind deshalb so wichtig, weil das Abschneiden der Banken und deren neuer Ausblick für das 1. Quartal das Vorzeichen für die gesamte Berichtssaison setzen wird. Wer an einer Einordnung der wichtigsten Unternehmensberichte interessiert ist, der liest bitte den Zürcher Finanzbrief. 

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Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Mikey Fritz an der Börse. Seine Karriere begann er als Wirtschaftsredakteur für die n-tv „Telebörse“. Es folgte die Gründung der FM Research in Berlin, welche Privatkunden und institutionelle Kunden mit eigenem Kapitalmarkt-Research beriet. Vor 15 Jahren setzte er einen neuen Schwerpunkt auf das Portfoliomanagement bei großen Vermögensverwaltern in der Schweiz und Deutschland sowie auf die Beratung von Finanzinstituten. Die Redaktion des Zürcher Finanzbriefes ist und bleibt aber sein Steckenpferd.