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10 MINUTEN. 3 FRAGEN. 1 THEMA.

Über Ehegattensplitting, Care-Arbeit und Gerechtigkeit

von Alicia Peters

Auch wenn die stereotype Rollenaufteilung zwischen den Geschlechtern zunehmend aufgebrochen wird, sind Männer heute noch mehrheitlich Hauptverdiener. Während Frauen oft unbezahlte Hausarbeit, Kinderbetreuung oder Altenpflege verrichten, fallen sie zusätzlich in eine schlechtere Steuerklasse. Warum die Abschaffung des Ehegattensplittings und das Anlegen von Sparplänen mehr Gerechtigkeit unter (Ehe-)Partnern schaffen könnte, besprechen ZASTER-Autorin Alicia und Finanzexpertin Carola Ferstl in unserem neuen Interview.

1. Könntest du mir den Begriff „Ehegattensplitting“ einmal kurz erklären? 

Unter Ehegattensplitting versteht man die unterschiedliche Aufteilung von Steuersätzen zwischen dem Mann und der Frau, beziehungsweise zwischen zwei Ehepartnern. Heute müssen das ja nicht mehr notwendigerweise Mann und Frau sein. Hier geht es darum, dass derjenige, der mehr verdient, einen besseren Steuersatz bekommt als der, der weniger verdient, weil das dann in der Gesamtheit der Ehegatten einen besseren Schnitt ausmacht. Aber das stellt natürlich im Grunde genommen denjenigen besser, der mehr verdient und das ist im Normalfall immer eher der Mann gewesen. Insofern wird das Ehegattensplitting als sehr unfair für Frauen beurteilt und deswegen gibt es auch häufig die Forderung, dass es abgeschafft wird. 

2. Das leitet gut zu meiner nächsten Frage über… Aktuell wird in den Nachrichten über das Auflösen des Ehegattensplittings berichtet. Was hältst du davon?

Also ich halte das für einen wichtigen Schritt zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen, dass nicht automatisch immer demjenigen, der mehr Geld verdient, ein steuerlicher Vorteil zusteht. Denn es ist nun mal so, dass das Ehegattensplitting Frauen tendenziell schlechter stellt. Ich würde mir wünschen, dass Frauen auch viel mehr ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie in einer Ehe oder in einer Partnerschaft ihre Ansprüche geltend machen und darüber sprechen. Zu meinen, Geld und Liebe passt nicht zusammen, ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz.

3. Vor ein paar Monaten hat der SPIEGEL einen Artikel über die App WhoCares veröffentlicht und damit die Debatte um nicht bezahlte Care-Arbeit, also putzen, kochen, einkaufen, Kinder großziehen oder auch das Pflegen von älteren Familienangehörigen, aufgegriffen. Was denkst du: Sind es eher Frauen, die diese Arbeit verrichten? Sollte Pflegearbeit finanziell anerkannt werden? Oder welche Möglichkeit gäbe es, da eine Gerechtigkeit hereinzubringen? 

Also das passt ja schon sehr gut zu der Frage zum Thema Ehegattensplitting. Denn es wird natürlich auch immer unterschlagen, dass Frauen, wenn sie auf Arbeit verzichten oder beispielsweise nur noch einen Teilzeitjob haben, meistens dann ja unbezahlte Hausarbeit oder Kinderbetreuung oder eben Altenpflege verrichten. Dass Frauen mehr Zeit für solche Dinge aufwenden, ist ja einer der Gründe, warum sie weniger Zeit für ihren Job haben. 

Insofern ist das ein ganz wichtiger Ansatzpunkt, dass man hier eine Gerechtigkeit schafft und sagt: Ob es nun Hausarbeit ist, ob es Kinderbetreuung ist, ob es Altenpflege ist – es sind eben hauptsächlich Frauen, die Care-Arbeit verrichten. Ich denke, dass das auch immer noch so ist, weil von vornherein viele Männer besser bezahlte Jobs haben. Da ist immer noch diese Debatte: Wenn du ein Kind kriegst, wer hört dann auf zu arbeiten? Der mit dem höheren Gehalt eben nicht und das ist meistens noch der Mann. Das verändert sich vielleicht gerade jetzt, aber, wie gesagt, bei dem Thema Betreuung und Haushalt sollten Frauen wirklich ein größeres Selbstbewusstsein entwickeln und darauf drängen, dass das anerkannt und eben auch ausgeglichen wird. Dafür ist es nicht verkehrt, wenn man in einer Ehe sagt „Okay, ich mache das jetzt für die nächsten Jahre, aber wir schaffen hier einen Ausgleich“. 

Eine Idee wäre es, dass man einen Anlagesparplan für die Frau, die ihre Arbeit verringert, auflegt und dass der Mann dort einzahlt für die Frau, also wirklich auch auf ihren Namen. Meiner Meinung nach wäre das ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit, um hier eben einen Ausgleich zu schaffen und der Frau aber trotzdem eine Basis zu geben. Denn der nächste Begriff, den wir nämlich haben, ist die Altersarmut, die Frauen besonders droht, da sie zu wenig in ihre Rente einzahlen. 

Es gibt natürlich auch den Vorschlag: Wer mehr verdient, zahlt mehr in die Haushaltskasse ein. Das ist sicherlich etwas, das viele schon automatisch tun. Ist ja ganz klar – wenn der eine mehr hat, zahlt er auch mehr ein. Aber wichtig ist, dass es hier eben auch eine Sichtbarkeit für die Arbeit der Frau gibt. Eine Sichtbarkeit, die sich am Ende auch in einem eigenen Geldtopf ausdrückt, möglicherweise in einem eigenen Sparplan oder in einem eigenen kleinen (oder großen, je nachdem) Vermögen, das man über die Jahre angespart hat. Also ich halte das für eine ganz gute Sache. 

Es ist ja auch häufig so, dass gerade Frauen ihr Geld für Dinge ausgeben, die dann noch so anfallen. Das heißt, wenn eine Frau Geld von ihrem Partner bekäme, wird das eben wieder für die Kinder ausgegeben oder irgendwelche Anschaffungen, die man doch nochmal zwischendurch im Alltag hat. Aber dieses Geld sollte der Frau ganz allein zustehen. 

Und daher noch einmal zurück zur Idee, im Ausgleich zur Care-Arbeit einen Sparplan anzulegen: Das ist dann nämlich eine andere Ebene, als wenn du 200 Euro in die Hand gedrückt bekommst. Das Geld wird angespart, und zwar auf deinen Namen. Du siehst das Geld wachsen und du weißt „es ist mein Geld“ und du verstehst, der andere zahlt und schätzt deine Arbeit wert. Das ist eine transparente Fairness, die damit geschaffen wird, finde ich.

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ein Artikel von
Alicia Peters
Alicia Peters

Alicia hat sich im Rahmen ihres Studiengangs „Kultur der Metropole“ mit stadtkulturellen Veränderungen beschäftigt und sich nebenbei das nötige Wissen zum Leben im Großstadtdschungel Berlin angeeignet. In ihrer Kolumne "Young, broke (?) and happy" nimmt sie die Leser*innen mit auf ihren Weg zu finanzieller Selbstbestimmtheit und berichtet dabei von eigenen Erfolgen und Rückschlägen.