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FINANZWISSEN

Turnaround am chinesischen Aktienmarkt

von Markus Kaiser

Die chinesische Wirtschaft schwächelt und hat sich von den Auswirkungen der Coronapandemie noch immer nicht erholen können. Die Imobilienbranche steckt seit Jahren in einer tiefen Krise, der Binnenkonsum ist schwach und die Arbeitslosigkeit unter der jungen Bevölkerung steigt an. Die Währungs- und Geldpolitik wird von der chinesischen Zentralbank verantwortet und die hat nun ein umfassendes Maßnahmenpaket angekündigt, um die schwächelnde Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen.

Eine der Maßnahmen zielt darauf ab, die Zinsen bestehender Immobilienkredite zu senken und bei einem zweiten Wohnbau-Darlehen die Quote für die Mindestanzahlung von 25 Prozent auf 15 Prozent zu reduzieren. Freiwerdende Mittel können den Konsum unmittelbar stärken. Auch sollen die Banken über eine Senkung der Mindestreserve weniger Bargeld vorhalten müssen als bisher. Damit würden dem Finanzmarkt auf einen Schlag rund 980 Milliarden Yuan, das entspricht rund 125 Milliarden Euro, an zusätzlicher Liquidität zur Verfügung stehen. Vor allem der Binnenkonsum soll gestärkt und die Krise im Immobiliensektor gelindert werden.

Die angekündigten Maßnahmen sollen auch dazu beitragen, das staatlich vorgegebene Wachstumsziel von fünf Prozent der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sicherstellen. Der Aktienmarkt in Cina reagierte mit kräftigen Kurszuwächsen. Nun gilt es den Turnaround nach der schwachen Marktentwicklung der letzten Monate fortzusetzen. Institutionelle Investoren halten sich seit Jahren mit Engagements in chinesischen Aktien zurück. Kehrt das Momentum jedoch in den Aktienmarkt zurück, wäre ein enormes Anschlußpotenzial für Kurssteigerungen gegeben. 

Anlagemöglichkeiten vorzugsweise über China-ETFs

Für ausländische Investoren gilt ein beschränkter Zugang zum chinesischen Aktienmarkt und Investitionen in einzelnen Aktien sind dabei äußerst schwierig abzuwickeln, da es verschiedene Aktienklassen gibt, bei denen die Rechte eingeschränkt sein können. Als Alternative zu Einzelaktien können Anleger auf China-ETFs zurückgreifen, die inzwischen sogar einen Zugang zu den streng limitierten A-Shares am nationalen chinesischen Aktienmarkt ermöglichen. Bei den A-Shares handelt es sich um Aktien von Unternehmen, die an der Börse Shanghai oder Shenzhen gelistet sind und in Renminbi (RMB) notieren. Nur chinesische Anleger sowie ausgewählte ausländische institutionelle Anleger, die sogenannten Qualified Foreign Institutional Investors dürfen in A-Aktien investieren. Bei den B-Shares handelt es sich um Aktien der Unternehmen die in Fremdwährungen gelistet sind. Dabei notieren die Kurse an der Börse in Shanghai meist in US-Dollar und an der Börse in Shenzhen in Hongkong-Dollar.

Darüber hinaus gibt es aber auch Börsensegmente, die für ausländische Anleger ganz ohne Einschränkungen zugänglich sind. Dazu zählen u.a. die H-Shares, bei denen es sich um Aktien chinesischer Unternehmen handelt, die auf Hongkong-Dollar lauten und an der Börse Hongkong gelistet sind. Die sogenannten Red Chips werden ebenfalls in Hongkong gehandelt. Red Chips sind Aktien von Unternehmen, die unter Kontrolle von Organisationen oder Firmen stehen, die dem chinesischen Staat, den Provinzen oder den Regionen der Chinesischen Volksrepublik gehören. Bei den P-Chips wiederum handelt es bei sich um Aktien von Unternehmen, deren Sitz sich außerhalb Chinas befindet, die aber einige Kriterien wie Umsatz in China, Eigentümerstruktur oder regionale Konzentration ihres Firmenbesitzes erfüllen.

Große Bandbreite an China-ETFs

Am Markt stehen Anlegern derzeit rund 24 China-ETFs zur Verfügung, die wiederum 12 unterschiedliche Indizes abbilden. Vielfalt ist also gegeben. Auch bei der Gesamtkostenquote (TER) zeigt sich eine große Bandbreite vom günstigsten China-ETF, bei dem lediglich 0,19 % p.a. fällig werden, bis hin zum teuersten China-ETF, bei dem sich die Gesamtkostenquote auf 0,88 % p.a. beläuft.

Größter China-ETF

Mit einem Fondsvolumen von knapp 2 Mrd. Euro ist der iShares MSCI China A UCITS ETF (A12DPT) mit Abstand der größte China ETF im europäischen ETF-Markt. Der thesaurierende ETF wurde am 8. April 2015 in Irland aufgelegt und bildet den MSCI China A Inclusion Index physisch vollständig nach. Der MSCI China A Inclusion Index bietet Zugang zu den chinesischen A-Aktien, die auch im MSCI Emerging Markets enthalten sind. Derzeit umfasst der Index 487 große und mittelgroße Unternehmen. Die Gesamtkostenquote (TER) des ETF liegt mit 0,40% p.a. im Mittelfeld der China-ETFs. Über die Branchen hinweg ist der der iShares MSCI China A UCITS ETF gut diversifiziert. Der größte Anteil entfällt mit rund 21 % auf Finanzwerte. Industriewerte machen 16 % der Gewichtung aus und Techologietitel komen auf einen Anteil von 14 %.

Der MSCI China bildet 85 % des chinesischen Aktienmarktes ab

Mit dem iShares MSCI China UCITS ETF USD (Acc) (A2PGQN) erhalten Anleger Zugang auf rund 600 chinesische Unternehmen, die im MSCI China Index gelistet sind. Der MSCI China Index bietet Zugang zu den größten und umsatzstärksten chinesischen Unternehmen, darunter die gesamte Bandbreite der A-Shares, H-Shares, B-Shares, Red Chips und P Chips. Die Gesamtkostenquote (TER) des ETF liegt mit 0,28% p.a. im unteren Mittelfeld der China-ETFs. Der thesaurierende ETF ist momentan der günstigste und größte ETF am europäischen ETF-Markt, der den MSCI China Index durch vollständige Replikation nachbildet. Das Fondsvolumen des am 20. Juni 2019 in Irland aufgelegten ETF beträgt 942 Mio. Euro,

Die größten Branchen im iShares MSCI China UCITS ETF USD sind Basiskonsumgüter mit einem Anteil von knapp 29 %, gefolgt von Kommunikation mit einem Anteil von 23 % und Finanzwerten mit 18 % Gewichtung. Mit einer Gewichtung von 17 % dominiert der chinesische Internetgigant Tencent die Gewichtung der Einzeltitel.

Günstigster China-ETF

Die Gesamtkostenquote (TER) des Franklin FTSE China UCITS ETF (A2PB5V) liegt bei günstigen 0,19 % p.a.. der damit derzeit als kostengünstigster China-ETF gilt. Der am 4. Juni 2019 in Irland aufgelegte ETF bildet den FTSE China 30/18 Capped Index durch physisch optimierte Replikation nach. Der FTSE China 30/18 Capped bietet Zugang zu mehr als 950 chinesischen Unternehmen mit hoher und mittlerer Marktkapitalisierung, deren Aktien an den Börsen in China (A-Shares) oder außerhalb Chinas gelistet sind (B-Shares, H-Shares, P-Chips, Red Chips, S-Chips, N-Shares).

Das größte Unternehmen im Index wird auf maximal 30 Prozent Gewichtung begrenzt, alle anderen Index-Komponenten auf maximal 18 Prozent. Größter Wert ist derzeit das Kommunikationsunternehmen Tencent mit einer Gewichtung von 15 %, gefolgt von der Alibaba Group Holding Ltd., dem weltweit größten Online- und Mobile-Commerce-Unternehmen, mit einem Anteil von 9 %. Der thesaurierende Franklin FTSE China UCITS ETF hat ein Fondsvolumen von 480 Mio. Euro. 

Fazit

Wer auf eine weltweite Streuung seiner Kapitalanlage setzt, kann auf ein Investment in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht verzichten. Mit mehr als 1 Mrd. Menschen ist China nicht nur bevölkerungsstark, es verfügt durch seine innovativen Unternehmen und neue Hochtechnologien vor allem für die Zukunft über ein enormes Potenzial. In den letzten Jahren blieb die Entwicklung des chinesischen Aktienmarktes deutlich hinter der Entwicklung der etablierten Aktienmärkte der Industrieländer zurück. Dabei sind chinesische Unternehmen inzwischen historisch so niedrig bewertet, wie selten zuvor.

Sollte sich der über die jüngsten Maßnahmen der Geldpolitik befeuerte Turnaround in den kommenden Wochen tatsächlich manifestieren können, bestünde noch ein erhebliches Renditepotenzial für chinesische Aktien. Erst recht dann, wenn auch die institutionellen Investoren chinesische Aktien wiederentdecken und auf den Zug steigender Kurse aufspringen.

Dies ist keine Anlageberatung. Bitte informiert euch vor einer Geldanlage über die Risiken und beachtet unsere Hinweise hier.

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ein Artikel von
Markus Kaiser
Markus Kaiser ist Geschäftsführer der Greiff Research Institut GmbH und leitet den ETF-Bereich der Greiff capital management AG. Der Dipl. Vermögensmanager verfügt über mehr als 20 Jahre Investment-Erfahrung und zählt zu den erfolgreichsten Dachfonds-Pionieren.