Anders als es vielleicht wünschenswert wäre, stellen Erbschaften in Deutschland seit jeher steuerpflichtige Vermögenserwerbe dar. Dementsprechend erhebt der Fiskus Abgaben auf das zu erbende Vermögen. Wie hoch diese im Einzelfall ausfallen, hängt einerseits vom Wert des Erbes ab, andererseits von der Verwandtschaftsbeziehung des Erbenden zum Erblasser – enge Angehörige haben hier in der Regel bessere Karten als beispielsweise Freunde und Bekannte. Denn: Damit der Tod eines engen Verwandten die Hinterbliebenen nicht so stark finanziell belastet, greift eine gesetzliche Staffelung der Steuerfreibeträge im Erbfall. Am meisten profitieren Ehe- sowie eingetragene Lebenspartner, denen ein Freibetrag von 500.000 Euro zusteht.
Kinder können 400.000 Euro steuerfrei erben. Gleiches gilt für Enkel, sofern die Kinder (also die Eltern der Enkel) selbst bereits verstorben sind, ansonsten stehen der zweiten Nachkommengeneration noch 200.000 Euro steuerfreies Erbe zu. Dieser Betrag halbiert sich im Falle von Urenkeln sowie Eltern, die ihre Kinder beerben. Alle übrigen Erben verfügen lediglich über eine Summe von 20.000 Euro, an denen sich der Fiskus nicht beteiligt. Zudem gelten für Lebenspartner und Kinder (abhängig vom Alter), die auf die finanzielle Unterstützung des Verstorbenen angewiesen waren, zusätzliche Versorgungsfreibeträge.
Steuerklassen nach Verwandtschaftsgrad
Übersteigt die vererbte Summe den jeweils geltenden Freibetrag, unterliegt alles, was darüber hinausgeht, der Erbschaftsteuer. Hier erfolgt die Ermittlung anhand der Steuerklasse sowie gestaffelt nach Höhe des Erbes. In welche Steuerklasse ein Erbberechtigter fällt, bestimmt die Verwandtschaftsbeziehung zum Verstorbenen. Ehe- und Lebenspartner sowie Kinder, Stiefkinder und weitere enge Verwandte fallen in Steuerklasse I mit den niedrigsten Steuersätzen. In Klasse II finden sich Geschwister, Stief- und Schwiegereltern, Schwiegerkinder und geschiedene Ehegatten. Außerdem sind hier Eltern und Großeltern betroffen, wenn die Übertragung des Vermögens durch Schenkung statt durch Erbschaft erfolgt. Am meisten Steuern zahlen Erben in Steuerklasse III, die nicht oder nicht näher als zuvor bezeichnet mit der verstorbenen Person verwandt sind.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Selbstverständlich gibt es abweichend von den genannten Regelungen auch Sonderfälle. Für Erben in Steuerklasse I erfolgt die Eigentumsübertragung von Wohnraum steuerfrei, sofern sie diesen in den letzten 10 Jahren kontinuierlich selbst bewohnt haben. Dabei gilt für Ehegatten keine Flächenbegrenzung, Kinder und Enkelkinder können maximal 200 Quadratmeter Wohneigentum erhalten, ohne Abgaben entrichten zu müssen. Hausrat im Wert von bis zu 41.000 Euro und andere bewegliche Gegenstände bis zu einem Wert von 12.000 Euro bleiben für sie ebenfalls von der Steuer unberührt. In Steuerklasse II und III hingegen gilt in diesem Punkt ein Gesamtwert von 12.000 Euro. Grundsätzlich greifen für Schenkungen dieselben Regeln und Freibeträge, jedoch nur bei einem Ansatz innerhalb von 10 Jahren, sodass eine Eigentumsübertragung zu Lebzeiten zwecks Steueroptimierung mindestens 10 Jahre vor dem Tod erfolgen sollte.
Vorsicht ist besser als Nachsicht
Zur Berechnung der Erbschaftsteuer ist es unerlässlich, dass sobald wie möglich nach dem Tod des Erblassers eine Bewertung des Erbes erfolgt. Bei Geldvermögen, in bar oder auf Bankkonten, fällt diese Bewertung abzüglich offener Verbindlichkeiten eindeutig aus. Bei Sachwerten, beispielsweise Fahrzeugen oder Immobilien, hingegen verhält es sich insgesamt etwas schwieriger: Im Falle eines Verkaufs gilt zur Kalkulation der Steuer eine Orientierung am Marktwert. Kommt eine Veräußerung jedoch nicht infrage, bedarf es eines Expertengutachtens, um den Wert zu ermitteln. Dies gilt insbesondere für Sammlerstücke oder Schmuck. Zuletzt sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass Schulden ebenso vererbt werden wie Vermögen. Ausschlagen lässt sich ein Erbe ausschließlich innerhalb einer sechswöchigen Frist nach dem Tod des Erblassers, sodass es in einem solchen Fall umso wichtiger ist, möglichst schnell die finanziellen Verhältnisse zu klären.
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Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Christoph Juhn. Er ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und Gründer der Kanzlei JUHN Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen unter anderem auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, dem Unternehmen- und Konzernsteuerrecht sowie im internationalen Steuerrecht.