Als Josephine Gaede vor neun Jahren im Urlaub einen kleinen Laden am Comer See entdeckte, in dem es gelbgraue Capes aus feinster Lammwolle gab, ahnte sie noch nicht, dass sie auf ihre berufliche Zukunft gestoßen ist. Zurück in Göttingen, trug die damalige Studentin das neue Teil während der Jura-Vorlesungen – ihre Kommilitonen waren verzückt. Gaede lieh sich 2.000 Euro von ihrem Vater, kaufte dem italienischen Lädchen rund 100 Capes ab, die sie innerhalb weniger Wochen mit einem Gewinn weiterveräußerte. Der Start einer Erfolgsgeschichte: Heute hat „Das Cape Mädchen“ seinen Sitz in Berlin, mehrere Mitarbeiter, eine eigene Kleider-Linie und einem Umsatz von mehr als 100.000 Euro. Im Monat.
Die meisten Gründer können von so einer Geschichte nur träumen. Denn mangelndes Startkapital ist noch immer einer der Hauptgründe fürs Scheitern. Für die Umsetzung vieler Geschäftsideen müssen Gründer sogar eine sechsstellige Summe aufbringen – sie kommen also häufig nicht drum herum, einen Kredit aufzunehmen. Unternehmensberater Steffen Ehlert meint: „Jede Finanzierung ist anders, und es hängt immer von den persönlichen Umständen des Gründers ab – bei einem Finanzierungsvolumen von einer Million ist die Laufzeit des Kredits natürlich länger als bei 20.000 Euro.“
Wie hoch die Belastung bei hohen Finanzierungskosten eines Start-ups ist, weiß Gundula Cöllen. Sie eröffnete 2016 das Berliner Fitnessstudio „BeCycle“. Dort können Sportbegeisterte Kurse in Spinning, Yoga und Barre (ein Ganzkörper-Workout) belegen, mit cooler Musik, ohne monatliche Gebühr. Durch die exponierte Lage, hohe Material- und Personalkosten und vor allem dem Umbau der Immobilie zu einem hippen Boutique-Studio türmten sich die Kosten gleich zu Beginn. Cöllen sagt zu ZASTER: „Der Druck ist enorm hoch. Beim Umbau gibt es viele Faktoren, die man nicht beeinflussen kann. Am schwierigsten ist es, eine genaue Kostenaufstellung des Projekts zu kalkulieren, da es viele Unbekannte gibt. In der Regel wird alles doppelt so teuer. Ich hatte viele schlaflose Nächte, weil ich nicht wusste, wie schnell wir Geld bekommen, um die Bauarbeiter zu zahlen.“ Der 35-Jährigen half in der Situation viel Sport, insbesondere Yoga und Meditation. „Meistens kann man alle Knoten irgendwie lösen, man darf nur nicht verzweifeln, denn dann überzeugt man auch nicht mehr gegenüber potenziellen Investoren“, erklärt sie.
Gemeinsam mit ihrer Mitgründerin hatte Cöllen sich für eine private Finanzierung entschieden. Und da ihr Fitness-Konzept in den USA schon länger von Erfolg gekrönt ist, konnten die beiden über ihr Netzwerk in New York Interessenten begeistern. Allerdings stellte sich nach drei Monaten Baustelle heraus, dass alles viel teurer wurde. Also sollte einen großen Teil der zusätzlichen Kosten ein Gründerkredit der KfW Bank decken.
Gundula Cöllen erzählt: „Der Antrag musste über unsere Hausbank gestellt werden, für die es auch das erste Mal war. Viele Banken kennen sich mit solchen Themen immer noch nicht aus. Unsere eigene Recherche hatte uns dann sehr viel Zuversicht gegeben, dass wir für diesen Kredit alle Kriterien erfüllen. Doch was wir nicht wussten: Sobald man eine Eigentumswohnung besitzt, hat man keinen Anspruch mehr auf den KfW-Gründerkredit. Somit wurde uns der Kredit nach dreimonatigem Warten abgesagt. Unsere Baustelle kam ins stocken, Firmen mussten bezahlt werden.“ In der Not konnte das Duo dann doch noch weiteres Investment über Kontakte sichern. Nach Cöllens Meinung ist Durchhaltevermögen sowieso eine der wichtigsten Eigenschaften eines Gründers. Und natürlich Leidenschaft, man muss für seine Idee brennen. Sie lächelt und sagt: „Know-how lässt sich dagegen einkaufen.“