So liegen Sie immer richtig

Zahlen bitte! Aber wer eigentlich?

von Hannes Lustermann

Beim Essen sitzt man noch entspannt und gut gelaunt zusammen, aber sobald die Rechnung auf dem Tisch liegt, verfinstern sich die Mienen: Wer zahlt die Zeche? Wann darf man teilen, wann blecht besser jeder für sich? Der ZASTER-Bezahl-Knigge für einen stilvollen Abgang aus dem Restaurant.

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Das Date – es ist kompliziert

Früher waren romantische Verabredungen einfach, zumindest was das Begleichen der Rechnung angeht: Der Mann lud zum Rendezvous ins Restaurant und bezahlte Essen und Getränke – schließlich verdienten Männer in den vergangenen Jahrzehnten meist deutlich mehr als Frauen.

In Zeiten, in denen viele Frauen berufstätig sind und nicht klar ist, wer mehr verdient, zieht der Kavaliers-Codex ohnehin nicht mehr. Zudem gibt es Frauen, die sich bevormundet fühlen, wenn der Mann automatisch zur Geldbörse greift: 59 Prozent der Frauen in Deutschland möchten ihren Teil der Rechnung selbst bezahlen, ergab eine 2016 durchgeführte Forsa-Umfrage in Zusammenarbeit mit der Gothaer Versicherung. Männer hingegen kann es verunsichern, wenn Frauen ihre nett gemeinte Geste abschmettern.

Dating-Apps wie Tinder scheinen alles noch komplizierter zu machen: Es ist keine Seltenheit, dass man mehrere Dates pro Woche hat und selbst wenn man sich nur auf einen Drink trifft, kann das ins Geld gehen.

Etikette-Experten haben deshalb eine einfache Regel gefunden: Wer einlädt, zahlt – völlig egal, ob Mann oder Frau, älter oder jünger. Sollte auf ein Date ein weiteres folgen, empfiehlt es sich, die Rechnungen abwechselnd zu übernehmen.

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Familienessen – sharing is caring

Streit über Geld kommt in den besten Familien vor. Daher ist es ratsam, vorab zu klären, wer die Rechnung übernimmt. Allgemeine Knigge-Regeln gibt es nicht, aber man kann sich an folgenden lockeren Richtlinien orientieren: Steht ein Treffen mit der Verwandtschaft an, geht die Rechnung entweder auf das älteste Familienmitglied oder denjenigen, der eingeladen hat. Bei regelmäßigen Zusammenkünften sollte man teilen oder abwechselnd zahlen.

Sind Eltern mit ihren erwachsenen Kindern zum Essen verabredet, ist es üblich, dass die Eltern die Rechnung übernehmen – es sei denn, die Kinder laden explizit ein. Gleiches gilt für eine Verabredung mit den Schwiegereltern: In der Regel zahlt die älteste Person der Familie. Wer die Schwiegereltern ausdrücklich einladen will, kann nach vorheriger Absprache die Rechnung gern übernehmen.

3
Geschäftstermin – mit Großzügigkeit punkten

Beim Business-Lunch wirkt es kleinlich, Rechnungen zu splitten – es handelt sich schließlich um Betriebskosten, die anteilig steuerlich geltend gemacht werden können. Die Gepflogenheiten beim Geschäftsessen sind klar definiert: Wer die Einladung ausspricht, bezahlt auch die Rechnung. „Darf ich Sie zum Essen einladen“, verpflichtet den Einladenden, die Rechnung zu begleichen. „Gehen wir gemeinsam essen“, ist keine Einladung, sondern ein Angebot.

Als Faustregel gilt: Lieferanten laden Kunden ein, nicht umgekehrt. Verabreden sich Chef und Angestellter zum Mittagessen, zahlt üblicherweise der Chef. Patricia Napier-Fitzpatrick, Gründerin und Vorsitzende der „Etiquette School of New York“ rät aber, das eigene Portemonnaie wenigstens zu zücken: Das signalisiere, dass man sich nicht aushalten lassen will und entspannt die Situation.

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Unter Freunden – Fair aufteilen

Wie verhält man sich, wenn eine große Runde am Tisch zusammensitzt? Benimm-Coach Verena Gorris von „behave – Etikette-Coaching 2.0“ erklärt gegenüber ZASTER, dass es immer auf den Anlass ankommt: Wenn jemand zum großen Essen einlädt, könne man davon ausgehen, dass der Einladende auch bezahlt. Bei gemeinsamen Verabredungen wird hingegen geteilt. Gorris empfiehlt: „Entweder legt jede Partei ihrem Betrag inklusive Trinkgeld in bar auf den Tisch oder einer zahlt mit Karte und sammelt das Geld von den restlichen Parteien ein. Wenn Paare getrennt bezahlen, können sie das ja untereinander klären – nichts ist unangenehmer, als stundenlang wegen einer Rechnung ewig zu lamentieren.“

Falls man schon während des Essens feststellt, dass alle anderen viel mehr konsumieren als man selbst, könne man mit dem Kellner die eigenen Kosten abrechnen, bevor er die Rechnung bringt: „Nicht am Tisch, sondern direkt an der Kasse. Wenn dann die Rechnung kommt, kann man kurz Bescheid sagen, dass man seinen Teil schon bezahlt hat, weil man ja nur eine Vorspeise hatte oder keinen Wein getrunken hat. Der Rest der Gruppe kann dann entsprechend teilen“, so Gorris.

5
Geburtstags-Dinner – Feingefühl für die Feierkosten

Ein Sonderfall des Restaurantbesuchs in einer größeren Runde ist ein Geburtstag: Auch hier weiß Verena Gorris Rat: „Lädt ein gut situierter Freund ein, der nicht auf den Cent schauen muss, können Sie seiner Einladung nachkommen. Ich würde trotzdem pro forma mein Portemonnaie zücken, wenn die Rechnung kommt.“ Wenn jedoch eine frisch getrennte Freundin Geburtstag habe, sei es nett, wenn die Freunde sie einladen.

„Komisch finde ich allerdings – auch bei getrennten Freundinnen – wenn man sich reich beschenken UND in einem teuren Restaurant einladen lässt. In diesem Fall sollte das Geburtstagskind wenigstens die Getränke übernehmen.“ Und was ist, wenn man die finanzielle und private Situation nicht einschätzen kann? Gorris: „Dann würde ich ganz unemanzipiert sagen: Die männlichen Geburtstagskinder laden die Runde ein, die weiblichen werden von ihren Freunden eingeladen.“

ein Artikel von
Hannes Lustermann