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WIE GLÜCKLICH MACHT GELD?

Mitglied im Club der klaren Kommunikation

von Frank Behrendt

Als ich nach der Ausbildung an der ehrwürdigen Deutschen Journalistenschule in München einst als Juniortexter in der Kommunikationsbranche startete, sagte mir mein damaliger Chef mit einem Augenzwinkern: „Wenn Kommunikation einfach wäre, wären wir hier überflüssig.“

Die Sorge war und ist komplett unbegründet: Kommunikationsberatung boomt, gerade Krisen wie die Corona-Pandemie legen kommunikative Defizite in Unternehmen oder der Politik gnadenlos offen. „Das größte Problem in der Kommunikation ist die Illusion, sie hätte stattgefunden,“ sagte einst der irische Dichter George Bernard Shaw. Ob er dabei gegrinst hat, ist nicht überliefert, zustimmen würde ich ihm auf jeden Fall.

Denn häufig kommt auf der anderen Seite nicht an, was eigentlich gesagt werden sollte – trotz vermeintlich bester Absicht und dem eigenen Gefühl, doch eigentlich alles klar und deutlich gesagt zu haben. Den schwarzen Fehler-Peter schieben der oder die AbsenderIn dann gerne zu den Rezipienten, sollen sie doch besser zuhören. Aber damit machen es sich viele zu einfach. Wir alle sollten uns häufiger damit beschäftigen, wie wir sprechen, welchen Tonfall und welche Worte wir wählen. Einen guten Hinweis erhielt ich einst an der Omnicom University in Boston von einem versierten Speaker-Coach. „Talk easy, keep sentences short.“ Word. 

Viele meinen fälschlicherweise, dass kurze Wortbeiträge weniger Gewicht haben und verstricken sich daher gerne in endlose Ausführungen, obwohl das Wesentliche längst gesagt ist. Alles, was auf die Kernaussage folgt, lenkt nur ab, langweilt, nervt irgendwann und macht die Kernbotschaft, um die es eigentlich geht, am Ende unklarer. Ob Teambesprechung oder große Rede: Die Hauptaussage sollte gleich zu Beginn gesendet werden, wenn die Aufmerksamkeit der Audience am höchsten ist. Ebenso wichtig ist es, konkret zu werden, viele Führungskräfte flüchten sich allerdings nur allzu gerne ins vage. Dabei tragen persönliche, zeitliche, sachliche und räumliche Bezugspunkte dazu bei, dass Aussagen an Klarheit gewinnen.

Gerade wenn es um Kritik geht, bringt Konkretisierung sie nicht nur auf den Punkt, sondern reduziert auch die möglicherweise verletzende Härte. Die pauschale Aussage, jemand arbeitet schlecht, wirkt komplett anders als die konkretisierte Kritik: “Ich bin mit deiner Arbeitsleistung der letzten vier Wochen nicht zufrieden, weil du bei zwei Projekten die abgesprochenen Deadlines nicht eingehalten hast und wir uns dadurch eine Kundenbeschwerde und eine Reduktion der Rechnung eingehandelt haben.“ Damit können die Betroffenen etwas anfangen und ihr Handeln entsprechend optimieren.

Für Lob gilt diese Methodik übrigens auch, Anerkennung gewinnt für die Gelobten deutlich an Wert, wenn sich die Aussage auf etwas konkret Nachvollziehbares bezieht. Und noch einen Tipp habe ich mir in meinem dicken blauen Notizbuch, in das ich alles reinschreibe, was mich an Input weiterbringt, notiert: „Cool down“, gerade wenn es um Feedback, vor allem Kritik geht. Wer sich gerade richtig geärgert hat, spricht ausschweifend und eher verletzend.

Mein geschätzter früherer Coach, Dr. Bertold Ulsamer, der als Psychologe stets alles so wunderbar herleiten kann, hat mir das mal sehr anschaulich vorgeführt. Wenn wir sehr wütend, ängstlich oder genervt sind, können wir nicht klar denken, entsprechend sprechen wir auch. Nicht strukturiert, wild, Fragezeichen plakatierend anstatt Punkte zu machen. Daher ist es seiner Meinung nach immer hilfreich, selbst neben das eigene Bild zu treten, Abstand zu sich zu gewinnen – gerade, wenn man emotional auf der Palme ist. Wer sich und seinen Gefühlen etwas Zeit zum runterkühlen gibt, hat anschließend wieder einen klaren Kopf und kann sich mit Sicherheit besser und zielführender artikulieren.

Zu den Ehrenmitgliedern im Club der klaren Sprache gehört mit Sicherheit der frühere Verlagsleiter des „Stern“ und Chefredakteur der „Welt“, Wolf Schneider. Auch ihm durften wir an der Journalistenschule lauschen, als er uns als versierter Sprachkritiker und Sprachstillehrer die Leviten las. Wir verschlangen im Anschluß sein Buch: „Wörter machen Leute: Magie und Macht der Sprache“. Er war wie ein begnadeter Maler, der mit sparsamen Pinselstrichen ein ausdruckstarkes Portrait auf eine weiße Leinwand zauberte. Der Meister der Linguistik machte das mit Worten. Er strich gnadenlos Füllworter, trieb uns dazu, nach immer besseren Ausdrücken aus der „unendlichen Schatzkiste an Begriffen, die unsere deutsche Sprache bietet“ zu fahnden. Es ging ihm immer darum, den perfekten Satz für die jeweilige Situation zu kreieren. Schneider selbst war gerade bei Interviews immer ein Vorbild in Sachen Klarheit und Komprimierung: Er brauchte für seine Antworten stets deutlich weniger Worte als der Interviewer für seine Fragen – seine Message wurde trotzdem immer verstanden, oder vielleicht gerade deshalb.

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.