Frugalismus

Sparen um mit 40 in Rente zu gehen?

von Anton Kleihues

Eine Bewegung aus den USA schwappt langsam über den Atlantik zu uns rüber. Was in Blogs angefangen hat und anfangs nur ein paar Verrückte Anhänger hatte ist heute beliebter den je. Der Frugalismus stellt das Arbeitsleben wie wir es kennen nachhaltig infrage!

Schon seit längerer Zeit ist vereinzelt bei Menschen in den westlichen Industrienationen eine Abkehr vom kapitalistischen Konsumverhalten zu beobachten. Sie suchen Glück in Genügsamkeit und im Minimalismus. Es ist aber nicht nur die Freiheit des Kopfes und die Konzentration auf die wirklich wichtigen Dinge, die sie an einem solchen Lifestyle reizt. Auch das Geld spielt natürlich eine zentrale Rolle. So erfreut sich in den USA die so genannte „FIRE“ – Bewegung immer größerer Beliebtheit. „FIRE“ steht für „Financial Independence Retire Early“, was übersetzt so viel heißt wie „finanziell unabhängig früh in Rente gehen“. Anhänger dieser Ideologie sind nicht einfach nur Minimalisten, die Besitz als belastend empfinden und die danach streben, möglichst frei und unabhängig zu leben: Sie sind vor allem auch große Sparer. Schon in sehr frühen Jahren – häufig noch in der Schulzeit – entscheiden sie sich ganz bewusst, sparsam und entbehrungsreich zu leben, um möglichst früh nicht mehr arbeiten zu müssen. Es ist ein radikales Konzept, die die vorherrschende Idee eines Arbeitslebens bis 65 im Grundsatz infrage stellt.

Anhänger der Bewegung leben von wenig Geld. Den Großteil ihres Einkommens investieren sie in Aktien und andere Anlagemöglichkeiten. Auf diese Art und Weise kommt häufig in ein paar Jahren ein großer Haufen Geld zusammen. Die Bewegung ist in den letzten Jahren auch in Deutschland angekommen. Hier nennen die Anhänger der „FIRE“-Bewegung sich „Frugalisten“; „frugal“ steht für „einfach“. Viele trauen der deutschen Rentenpolitik nicht mehr und wollen es einfach in die eigene Hand nehmen. Sowohl Frugisten als auch Anhänger der „FIRE“ – Bewegung eifern dabei zumeist dem Vorbild des Erfinders dieser Lebensideologie nach. Dieser heißt Pete Adeney und wurde unter dem Pseudonym „Mr. Money Mustache“ berühmt. Sein Tipp für Menschen, die (so wie er) mit 30 in Rente gehen wollen:

Überdenke jede Ausgabe, bevor Du sie machst, und entscheide, ob das etwas ist, das Dich glücklicher macht.

Dadurch soll es gelingen, die sogenannte „Sparquote“ so hoch zu schrauben wie nur irgend möglich, ohne dabei dem Gefühl des Verzichtens zu erliegen. Die Sparquote ist die Differenz zwischen Einkommen und Ausgaben. Je höher diese Quote ist, desto schneller kann die Frührente kommen. Und je niedriger das Startalter, desto besser die Chancen.

Pete Adeney, oder „Mr. Money Mustache“, wie von seinen Fans genannt wird, bedient sich für seine Argumentation einiger groben Faustregel: Ab Rentenbeginn kann sich ein Frührentner vier Prozent seines Geldes auszahlen lassen, ohne dabei das Vermögen zu verringern. Grund hierfür ist die Rendite, die das angehäufte Geld erwirtschaftet. Verschiedenen Studien zufolge ist von mindestens 5 Prozent Rendite auszugehen. Inflationsbereinigt bleiben ungefähr 4 Prozent. Davon kann dann wiederum errechnet werden, wie groß das Vermögen sein muss, um in Rente gehen zu können: Mindestens das 25-fache der Jahresausgaben sollte auf der hohen Kante verfügbar sein. Wer also mit 30 Tausend Euro pro Jahr gut auskommt, muss 750 Tausend Euro anhäufen, um von den Renditen seines Vermögens leben zu können. Auf seinem Blog beschreibt Adeney das Ganze im Detail. Der Amerikaner lebt nun bereits sei 13 Jahren als Frührentner. Mit seinem Blog verdient er viel Geld. Dennoch geben er und seine Familie nicht mehr als ca. 25.000 Dollar im Jahr aus. Adeneys Motto ist:

„Verlangen nach Luxus ist eine Schwäche, die dem Glück im Weg steht.“

Der deutsche Frugalist Oliver Noeting hat für die Huffinton Post drei Gründe, warum auch du Frugalist werden solltest, aufgeschrieben:

1
Die Arbeitswelt hält nicht das, was sie verspricht.

Er argumentiert darin, dass sich der vermeintliche Traumjob nicht selten in der Praxis als „Hamsterrad“ entpuppt. Er schreibt, dass viele Menschen innerlich bereits gekündigt haben und nur noch arbeiten, weil sie das Geld brauchen: „Die Angst vor Einkommenseinbußen steht einem Karrierewechsel häufig im Weg.“

2
„Wir leben sowieso schon über unseren Verhältnissen“

Noeting beschreibt, dass Klimawandel und Umweltzerstörung das Produkt unseres energie- und ressourcenhungrigen Lebensstils sind. Selbst sparsame Menschen leben verschwenderischer als es unsere Erde verträgt. Deshalb findet er, dass dicke SUVs und Amazon-Dauershopping „total out“ sind: „Wer seinen Kindern etwas Sinnvolles für die Zukunft mitgeben will, der geht mit gutem Beispiel voran und lebt auf etwas kleinerem Fuß.“

3
„Wir haben eigentlich schon alles, was wir brauchen“

„Die meisten von uns leben heute in großem materiellen Wohlstand.“ Trotzdem wollen viele Menschen immer mehr und mehr. Noeting argumentiert, dass gesellschaftlichen Werte, unser soziales Umfeld und Werbung uns permanent vermitteln, dass wir nicht zufrieden sein dürfen. Er glaubt, dass wir aus den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, deutlich mehr Zufriedenheit und Lebensglück herausholen könnten.

ein Artikel von
Anton Kleihues
Anton studiert Politik in Berlin und liebt es, zu schreiben. Als ZASTER-Redakteur versucht er dabei immer neue, aktuelle und relevante Themen zu behandeln. Am liebsten berichtet er über Politik und Sport.