Eins vorweg: Forschungen weisen darauf hin, dass unsere Gene und unsere Persönlichkeit rund 50 Prozent unserer Zufriedenheit beeinflussen, zudem spielen Faktoren wie Gesundheit, Beziehungen und Job eine gewichtige Rolle. Aber wie viel Einkommen ist fürs Glück optimal? Zu diesem Thema gab es bereits diverse Studien.
- Der Psychologe Daniel Kahneman gab vor einigen Jahren als Maßgabe vor, dass ein jährliches Haushaltseinkommen von 75.000 US-Dollar (rund 68.000 Euro) das Maß der Dinge darstelle. Je niedriger das Jahreseinkommen unter diesen Wert falle, desto unglücklicher. Mehr würde das Glück aber nicht mehr steigern.
- Die Purdue University nahm das Thema in einer anderen Studie auf und kam zu anderen Schlussfolgerungen. Dazu sezierten die Forscher das Glück in zwei Teile: Lebenszufriedenheit (allgemeine Grundsituation) sowie emotionales Wohlbefinden (alltäglicher Gemütszustand). Für Ersteres reiche demnach ein Jahreseinkommen zwischen 60.000 bis 75.000 US-Dollar (54.000 bis 68.000 US-Dollar), während das emotionale Wohlbefinden erst mit rund 95.000 US-Dollar (86.000 Euro) seinen Höhepunkt erreiche.
Höheres Einkommen bringt mehr Zufriedenheit
Ergo: Man muss nicht Millionen verdienen, um glücklich zu sein. Doch nun hat eine neue Studie ergeben, dass es ganz anders sei. Demnach steigern sehr hohe Gehälter das emotionale Wohlbefinden doch. Der Psychologe Matthew Killingsworth von der University of Pennsylvania befragte mehr als 33.000 berufstätige Erwachsene in den USA zu zufälligen Tageszeiten per App: „Wie fühlen Sie sich gerade“? Das eindeutige Ergebnis der 1,7 Millionen Einzeldatensätze: Nicht nur die allgemeine Lebenszufriedenheit, sondern auch das tägliche emotionale Wohlbefinden nahm mit steigendem Haushaltseinkommen zu, und zwar weit über eine Summe von 80.000 US-Dollar hinaus. Er nennt als einen der Gründe, dass reiche Menschen das Gefühl haben, mehr Kontrolle über ihr Leben zu haben. Eine Obergrenze gibt er nicht an. Killingsworth fasst zusammen: „Es mag zwar einen Punkt geben, jenseits dessen Geld seine Kraft zur Verbesserung des Wohlbefindens verliert, aber die aktuellen Ergebnisse legen nahe, dass dieser Punkt höher liegen könnte als bisher angenommen.“
Andere Glücksformel in Deutschland?
Die Probanden wurden dabei in Echtzeit über das Smartphone befragt, statt im Nachhinein. Außerdem wurden ihre Emotionen auf einer breiten Skala abgefragt und nicht nur dichotom (ja oder nein) – ein Vorgehen, das auch Jan Delhey begrüßt. Der Glücksforscher und Soziologe von der Universität Magdeburg lobt zudem die detaillierte Einkommensmessung der Studie in einer unabhängigen Klassifizierung. „Die insgesamt bessere Methode könnte tatsächlich zu dem neuen Ergebnis geführt haben“, so Delhey. Der Wissenschaftler ist aber auch der Meinung, dass sich die Ergebnisse nicht einfach auf Deutschland übertragen lassen. Schließlich sei die Gesellschaft in den USA viel wettbewerbsorientierter und materialistischer, zudem hänge Erfolg stärker vom wirtschaftlichen Status ab. Nicht zuletzt hätte sich die Studie, unabhängig von kulturellen Unterschieden, allein auf Berufstätige konzentriert, für die materielle Dinge grundsätzlich eine größere Rolle spielte.
Geld richtig ausgeben
Nichtsdestotrotz meint Delhey, dass ökonomische Variablen oft unterschätzt werden, wenn es um Fragen der Lebenszufriedenheit geht. Diese Auffassung unterstreicht eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2020, wonach Millionäre in Deutschland die größte allgemeine Lebenszufriedenheit hätten. Allerdings, so Delhey, ist es nicht nur wichtig, wie viel Geld man hat, sondern auch, wofür man es ausgibt: „Die Forschung zeigt, dass Erfahrungen glücklicher machen als Waren, weil sie sich weniger abnutzen und nicht so leicht durch Vergleiche entwertet werden können.“ Ebenso mache es glücklich, wenn man Geld nicht allein für sich selbst, sondern auch für andere ausgibt. Und er gibt zu bedenken: „Studien über den Zusammenhang zwischen Geld und Glück sind nur statistische Faustregeln.“ Reiche hätten lediglich eine größere Chance auf eine höhere Lebenszufriedenheit: „In Einzelfällen finden wir sowohl unglückliche Großverdiener als auch Menschen mit geringem Einkommen und hohem Wohlbefinden.“