Spenden statt erben

Kindern viel vererben: Ein Fehler?

von Nils Matthiesen

Was haben Bill Gates, Warren Buffet und Michael Bloomberg gemeinsam? Sie weigern sich, ihren Kindern ihr Vermögen zu hinterlassen. Gemein oder richtig?

Traditionell hinterlassen Eltern ihr ganzes Geld ihren Kindern und Enkelkindern. Viele vermögende Menschen berichten neuerdings aber freimütig, dass sie ihren Kindern wenig oder überhaupt nichts vererben. Zum Beispiel Mark Zuckerberg und seine Partnerin Priscilla Cha, die in einem Facebook-Post anlässlich der Geburt der eigenen Tochter Max verkündeten, 99 Prozent ihrer Facebook-Aktien nicht zu vererben, sondern wohltätigen Organisationen zu überlassen.

Oder Laurene Powell Jobs, die der New York Times kürzlich in einem Interview verriet, dass sie das 24 Milliarden Dollar-Vermögen, das sie von ihrem verstorbenen Ehemann Steve Jobs geerbt hat, nicht an ihre Kinder weitergeben wolle. „Ich werde das Vermögen nicht vererben, und meine Kinder wissen das“, sagte Jobs der Times. Auch Musiklegende Sting will nicht, dass der Großteil seiner 300 Millionen Dollar bei seinen sechs erwachsenen Kindern landet. „Sie müssen arbeiten. Alle meine Kinder wissen das.“

Aber nicht nur Superreiche denken so. Auch Fotograf Paul Ripke ließ unlängst im hauseigenen Podcast AWFNR verlauten, dass er seinen Kindern kein Geld hinterlassen wolle.

Kein Erbe: Besser für die Kinder?

Diese Einstellung ist diskussionswürdig. Dafür spricht, dass Eltern das Geld, dass sie im Leben hart erarbeitet haben, für sich selbst ausgeben sollten, etwa für Reisen, Hobbys oder Luxus. Ein viel wichtigeres Argument aber: Geschenktes Geld soll weniger wert sein. „Je weniger wir für etwas arbeiten, desto weniger scheinen wir es zu schätzen“, meint etwa Börsenlegende Warren Buffet. Da ist sicher etwas dran.

Dafür spricht auch: Jeder dritte Amerikaner haut sein Erbe innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt der Erbschaft auf den Kopf. Pläne, das Familienvermögen zu schützen und für künftige Generationen zu bewahren, scheitern oft. Aus diesem Grund entstand das englische Sprichwort „From shirtsleeves to shirtsleeves in three generations“. Das meint soviel wie: Die erste Generation verdient das Geld, die zweite kommt damit gut über die Runden und die dritte schöpft den Rest ab: eine Entwicklung wie bei den Buddenbrooks von Thomas Mann.

Große Erbschaft, geringe Motivation

Auch prominente Kinder sehen das Vererben von Vermögen kritisch, beispielsweise US-Journalist Anderson Cooper, der von dem 200 Millionen-Dollar-Vermögen seiner Mutter Gloria Vanderbilt keinen einzigen Cent bekommen soll. Unverdientes Geld, sei aus seiner Sicht ein Fluch. „Wenn ich von klein auf das Gefühl gehabt hätte, dass ein Topf voll Gold auf mich wartet, wäre ich in jungen Jahren nicht so motiviert gewesen“. Genau diese Auffassung vertreten viele weitere Erb-Verweigerer. Aus ihrer Sicht ist es desto umso wahrscheinlicher, dass die Kinder ohne lockendes Erbe, produktive Mitglieder der Gesellschaft werden.

Superreiche taugen nicht unbedingt als Vorbild

Ist es aber allgemein besser, seinen Kindern kein Geld zu hinterlassen? Generell gilt, dass wir immer älter werden und somit oft viel Geld fürs Altern zurücklegen müssen. Allein aus diesem Grund bleibt sowieso oft nicht viel übrig. Der Trend geht zudem dahin, das Ältere schon zu Lebzeiten Geld verschenken und sich darum kümmern, dass der Nachwuchs einen guten Job findet.

Abhängig vom Charakter des Erben spricht zudem nichts dagegen, dem Nachwuchs alles zu vererben und dadurch ein entspannteres Leben mit weniger finanziellem Druck zu ermöglichen. Schließlich verprasst nicht jeder sein Erbe innerhalb weniger Jahre. Oder man hält es wie Multi-Milliardär Warren Buffet, der meint: „Ich will meinen Kindern gerade so viel überlassen, dass sie das Gefühl haben, alles machen zu können – aber nicht so viel, dass sie keine Lust hätten, überhaupt etwas zu tun“.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.