Kolumne: Kindergeld

Wie mein Kind beim Fußball plötzlich Geld verdient

von Sebastian Fiebrig

Sebastian Fiebrig ist Vater zweier Söhne und stellt sich immer wieder die Frage, wie er den beiden den richtigen Umgang mit Geld beibringt. In der ZASTER-Kolumne „Kindergeld“ nimmt er uns mit auf die schwierige Erziehungsreise.

Alle zwei Wochen gehe ich mit meinen Kindern zum Fußball. Wir stehen beim 1. FC Union Berlin etwas in der Ecke des Stadions an der Alten Försterei und haben einen hervorragenden Blick auf das Spielfeld. Weil die kleinen Kinder auf Stehplätzen etwas benachteiligt sind, reihen sie sich an einem Geländer auf, das hoch bis zu einer alten Anzeigetafel geht, bei der das Ergebnis noch von Hand mit Tafeln angezeigt wird.

Mein Kleiner heißt Paul und ist 9 Jahre alt. Ich erinnere mich, wie er als Kleinkind noch mit Ohrenschützern im Stadion lieber Netflix schaute, als mit den Männern auf dem Spielfeld mitzufiebern. Damals musste ich mit ihm die Plätze verlassen, wenn ihn plötzlich der Hunger packte oder die Blase drückte.

Doch das ist schon lange her. Deswegen war ich ganz verwundert, als der Junior neulich kurz vor Abpfiff fragte, ob er schon losgehen könnte. Natürlich nicht, antwortete ich. Denn wir bleiben immer bis zum Schlusspfiff. Egal, wie das Spiel ausgeht. Das gebietet der Respekt.

Paul aber zupfte an meiner Jacke und deutete auf den Weg zum Tunnel, der aus dem Stadion führte und zeigte mir einen leeren Plastikbecher. Dort unten standen ein Mädchen und ein Junge und hielten leere Plastikbecher hoch. Ich verstand. Er wollte sich dazu stellen und von den vielen tausend Stadionbesuchern die leeren Pfandbecher sammeln. 1 Euro je Becher. Da kommt schon was zusammen.

Also ließ ich ihn gehen und staunte 20 Minuten später nicht schlecht, als Paul mit einem riesigen Becher-Turm im Arm mich anstrahlte. Am Getränkestand gab es 32 Euro dafür. Ganz schön viel für einen Viertklässler, der 2 Euro Taschengeld die Woche bekommt. Aber ich wollte auch die Initiative nicht stoppen, sich selbst Geld zu verdienen.

Wir redeten darüber, dass das sehr viel Geld sei und er dafür nicht wirklich arbeiten müsse. Ob es nicht gerecht sei, einen Teil davon abzugeben? Paul fand das erst ungerecht, aber später nur fair. Und seitdem geht ein Drittel seiner Pfandsammlungen immer an diejenigen, die sehr viel Zeit und Geld in die großartigen Choreographien investieren. So haben alle was davon. Auch der Junior, der jetzt weiß, dass er selbst einen Teil dazu beigetragen hat, wenn zum Anpfiff eine große Choreographie das Stadion einhüllt.

ein Artikel von
Sebastian Fiebrig
Sebastian Fiebrig ist mehrfach ausgezeichneter Blogger und Podcaster. Und vor allem auch Vater, der sich ständig fragt, ob er bei der Erziehung in Geld-Dingen alles richtig macht.