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Wie glücklich macht Geld?

Inspiration – der Powerriegel für die Business-Birne

von Frank Behrendt

Früher, als wir noch kein Google hatten, da schauten wir oft in den guten alten Duden um die richtige Schreibweise, aber auch die Bedeutung von Begriffen zu klären. Ich mache das immer noch, allerdings online.

Zum Stichwort „Inspiration“ steht da: „Erhellende Idee, die jemanden, besonders bei einer geistigen Tätigkeit, weiterführt.“ Geistige Tätigkeit, also Denken müssen wir immer noch, die Künstliche Intelligenz kann schon einiges, aber – zum Glück – eben (noch) nicht alles, was wir Menschen können. Nun gibt es wie immer im Leben ganz unterschiedliche Sichtweisen, wie man Impulse bekommt für seine tägliche Arbeit, die einen weiterbringen. Es gibt jede Menge Fachbücher, Zeitschriften, Blogs und vieles mehr, die sich um das Themenfeld drehen, in dem man selbst agiert.

Auch jede Menge Messen, Seminare, Kongresse und andere Live-Formate – digital oder real – offerieren den BesucherInnen oder inzwischen immer öfter ZuschauerInnen alles, was aktuell Hot ist und natürlich den Blick in die Business-Glaskugel der Zukunft. Ich bin mal wieder ehrlich: Mich hat die Beschäftigung mit Informationen aus meiner unmittelbaren Busineee-Blase selten wirklich inspiriert. Inzwischen gehe ich sogar soweit, dass ich ganz bewußt vieles, was da marktschreierisch offeriert wird, ausblende. Alle, die schon ein paar Jahre länger im Berufsleben aktiv sind, stellen fest, dass vieles, was vermeintlich so neu ist schon mal da war, sich zwar die technologischen Möglichkeiten verändern, aber die Essenz, das Wesentliche, um das es geht, die Methodik, die Inhalte kaum verändert haben.

Wie bei der alten Geschichte von „des Kaisers neue Kleider“ gab und gibt es immer wieder findige BranchenkollegInnen, die altes neu beschreiben – „Storytelling“ klingt halt heute smarter als „Geschichten erzählen“ und „Content“ ist selbstverständlich das Gold, nach dem jetzt alle buddeln, nun gut, früher haben wir das gleiche mit Inhalten getan. Daher habe ich vor geraumer Zeit begonnen, mir Inspiration abseits der ausgetretenen Branchen-Pfade zu besorgen. Wenn mir Verlage neue Fachbücher über Kommunikation zusenden lese ich sie gar nicht mehr – ganz ehrlich, sie langweilen mich. Und wenn die dann auch noch als e-books daherkommen, schau ich nicht mal mehr rein. In einem echten Buch würde ich wenigstens mal blättern, durch ein eBook durchzuklicken: Keine Lust mehr.

Stattdessen kaufe ich mir mit Begeisterung richtige Bücher, gedruckt und gebunden mit Schutzumschlag. Von Leuten, die mich inspirieren, die ich bewundere, die ich großartig finde. Werner Herzog ist so einer, sein Urwaldepos „Fitzcarraldo“, bei dem ein Exzentriker – gespielt vom grandiosen Schauspieler Klaus Kinski – im peruanischen Dschungel ein Opernhaus bauen will verursacht bei mir sofort eine Gänsehaut, wenn ich die bildgewaltigen Szenen in meinem Kopfkino abrufe. Unmögliches zu träumen und zu versuchen ist schließlich der Stoff, der Innovationen und die Welt vorantreibt.

In Anbetracht der vor uns liegenden Herausforderungen brauchen wir Menschen, die scheinbar verrückte Ideen versuchen umzuzsetzen. Herzogs neues Buch „Vom Dämmern der Welt“ hat mich inspiriert. Nur 127 Seiten, aber voller Magie und Poesie, bestens Storytelling über einen japanischen Soldaten, der auf einem pazifischen Eiland nicht mitbekam, dass der Krieg zu Ende war und daher Jahrzehnte weiter seinen Dienst tat. Es geht um Zeit, ihre Bedeutung, das Vergängliche und das Wichtige. Darüber nachzudenken bringt einen persönlich weiter. Ich schaue auch kaum noch Diskussionsrunden im Fernsehen, auch die unzähligen Wahlsendungen, die wir in den vergangenen Wochen über uns ergehen lassen mussten. Ich persönlich fand sie am Ende einfach nur noch nervig und null inspirierend.

Daher bin ich zu meinem eigenen Programmdirektor geworden, nutze die Streaming-Dienste als Angebot der Vielfalt und picke mir Serien und Sendungen heraus, die mir einen Impuls geben. Die bemerkenswerte Doku auf Netflix über Michael Schumacher zum Beispiel. So geht Dokumentation, gewürzt mit Emotionen und Statements von Menschen, die unter die Haut gehen. Oder die Serie „Ted Lasso“. Bei einer Podcast-Aufnahme wurde sie mir vom geschätzten Audio&Video-Unternehmer Gerhard Schröder empfohlen. Ich schaute zu Hause rein und wurde direkt süchtig. AppleTV freut sich über einen neuen zahlenden Abonnenten, ich freue mich über jede Folge über den amerikanischen College-Football-Trainer, der eine mittelmäßige englische Premier-League-Mannschaft übernimmt. Wie der vom großartigen Schauspieler Jason Sudeikis verkörperte Coach mit ungewöhnlichen Methoden versucht, zynische Spieler und skeptische Fans von sich zu überzeugen, das ist viel mehr als Comedy: Es ist ein inspirierender mix aus Coaching, Psychologie und Spaß. Mich bringt das Zuschauen nicht nur zum Lachen, sondern auch auf Ideen. Für meinen Job. 

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.