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Wie glücklich macht Geld?

Im Urlaub Digitale Devices abschalten, um richtig aufzutanken 

von Frank Behrendt

Bald sind Sommerferien! NRW legt bereits am 27. Juni 2022 los, in Bayern dauert es noch, da beginnen die „schönsten Wochen des Jahres“, wie einst ein großer Reiseveranstalter diese Zeit beschrieb, erst am 1. August 2022.

Klar ist, wir alle haben uns den Urlaub verdient, gerade nach der quälend langen Corona-Pandemie ist endlich wieder so etwas wie Normalität spürbar und das kollektive Aufatmen in der Sonne schwingt wie der Soundtrack einer längst vergangenen Eiscreme-Werbung durchs Land. Diesen Sommer sollten wir maximal genießen, denn wenn man den Vorhersagen unseres Bundesgesundheitsministers glauben mag, dann droht uns im Herbst schon wieder Übles.

Nun aber erstmal Urlaub. „Mal so richtig abschalten“, seufzte kürzlich ein gestresster Zeitgenosse in sein Smartphone, während er in der Schlange an der Supermarktkasse vor mir stand und seinem Gesprächspartner von einer nahenden Italienreise berichtete. „Abschalten“ ist das richtige Stichwort – ich habe allerdings meine Zweifel, ob der Lautsprecher hinterm Einkaufwagen das auch wirklich beherzigt.

Die Digitalen Devices in unserer Always-on-Welt sorgen dafür, dass wir eigentlich gar nicht mehr richtig abschalten. Meine Mutter schwärmt noch heute von unseren früheren Sommerreisen. Man war einfach weg und nicht erreichbar. Als Lebenszeichen gab es eine Postkarte für die Daheimgebliebenen. Wenn es sein musste, rief man von einem Münzfernsprecher in einem Telefonhäuschen an. Ansonsten konnte man wirklich abschalten, weil es nichts gab, was angeschaltet war. Heute können sich die meisten ein Leben ohne Handy gar nicht mehr vorstellen. Die Dinger sind ja auch praktisch, denn es ist alles drin und immer aktivierbar: Telefon, Kamera, Lexikon, Navi, Taschenlampe. Bei allen Vorteilen sind die digitalen Geräte aber auch elektronische Fesseln.

Nicht nur Psycholog:innen wissen, dass Menschen, die ständig erreichbar und vom Smartphone abgelenkt sind, viel schwerer wirklich im Urlaub ankommen und dauernd wieder herausgerissen werden, wenn sie gerade im Begriff sind, sich endlich mal zu entspannen. „Das Hirn braucht Phasen der Erholung“, erklärte schon vor Jahren die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie. Auch wenn es schwerfällt, es macht Sinn, das hilfreiche Smartphone einfach mal auszuschalten. Ich packe es oft in den Zimmersafe, wenn es mit der Familie an den Stand oder zum Pool geht, damit ich erst gar nicht erst in die Versuchung komme, „mal schnell zu checken, ob was war“. Man muss aber nicht gleich komplett abtauchen, sondern kann sich auch „Check-Slots“ einrichten.

Die machen auch für mögliche Anrufe, die mit dem Job zusammenhängen, Sinn. Idealerweise hat man vom Büro komplett Ruhe, aber es gibt immer mal Projekte oder Situationen, wo ein Call nicht vermeidbar ist. Dafür empfiehlt es sich, feste Telefonzeiten zu vereinbaren, an denen man kurzfristig zur Klärung entsprechender Sachverhalte erreichbar ist. Gleiches gilt auch für Daheimgebliebene.

Mit unseren Omas haben wir zum Beispiel Slots vereinbart, die in der Phase zwischen Duschen und Abendessen liegen. Dann sind alle beruhigt, dass es uns gut geht und wir werden nicht während der relaxten Strandstunden oder der Besichtigung eines malerischen Bauwerkes vom Klingelton aus besonders schönen Momenten gerissen. Reiseblogger:innen geben oft und gerne Tipps, wie man anderswo besonders gut entspannen kann. Bei dem einen oder anderen musste ich im ersten Moment schmunzeln, aber sie machen durchaus Sinn. Zum Beispiel dieser hier: „Kaufe Duschgel und Shampoo vor Ort und lass dich von fremden Düften aus dem Alltag entführen“.

Genau darum geht es beim Abschalten – das Gewohnte ausschalten und neuen Impulsen Raum lassen. Das kann das exotische Duschgel sein, landestypisches Essen statt der bekannten Pizza oder auch mal eine Wanderung auf eigene Faust, anstatt einer geführten Tour. Auch Urlaubslektüre will gut überlegt sein. Ich weiß noch, dass ich früher oft die ganzen Fachbücher mit in den Urlaub genommen habe, für die ich im Alltag keine Zeit hatte. Als ich dann auf der Liege am Meer lag und meiner Frau eine gute Passage aus einem Wälzer vorlas, war sie alles andere als erfreut: „Lass mich mit Deinem Business-Kram in Ruhe, wir haben Ferien.“

Recht hatte sie, denn durch das Fachbuch bleibt man im Job-Kosmos und überlegt bei jedem neuen Impuls, wie man ihn demnächst in den beruflichen Alltag integrieren kann. Inzwischen lese ich im Urlaub nur noch Belletristik, die mich inspiriert oder zum Lachen bringt. Wenn ich daraus eine Passage vorlese, lacht auch meine Frau mit. Ich wünsche euch allen schöne Ferien! Schaltet die digitalen Geräte mal ab und dafür Faullenzen und Spaß an. 

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.