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SEHENSWERT

Hochwertig versus billig

von Isabella Müller-Reinhardt

Ich bin blind. Nicht aber, weil ich verliebt bin. Nein, ich werde alt.
Vor einem Jahr habe ich meine Freundin noch ausgelacht als sie mir erzählte, dass sie sich die Schrift in ihrem IPhone vergrößert hat. Jetzt, 12 Monate später, bin ich stolze Besitzern von 4 (!) Lesebrillen. (Nachttisch, Wohnzimmer, Küche, Handtasche. Immer eine griffbereit). 

Allerdings musste ich schmerzlich feststellen, mit Lesebrillen ist es wie mit Feuerzeugen oder Haargummis. Die verschwinden einfach. Gehen mit imaginären Füßchen auf Wanderschaft. Anfang des Jahres war ich beim Optiker. Ein hübsches Gestell, die passenden Gläser. Kosten: 279 Euro. Zuschuss der Krankenkasse? Null. Niente. Frechheit! Augen sind doch genauso Verschleißteile wie Hüften oder Niere! Und in den anderen Fällen übernimmt die Kasse doch auch die Kosten für die Ersatzteile. Aber wenn es um die Augen geht, guckste in die Röhre.

Egal, zurück zu meiner schicken Brille. Nach sechs Wochen war der teure Spaß nämlich vorbei. Brille weg. Ich kann nur hoffen, dass der Finder in etwa meine Gesichtsform und meine Augenstärke hat und sich dadurch die horrenden Kosten für eine eigene Brille gespart hat. Ich dagegen trage jetzt Modell Drogeriemarkt. Zwei Brillen habe ich mir bei Rossmann gekauft und zwei weitere bei DM. Keine teurer als 12 Euro. Da kann ich mir sogar gleich vier Stück leisten. Ehrlicherweise waren es sogar schon sechs.

Von den Billig-Teilen habe ich nämlich auch schon eine verloren und auf eine Lesebrille habe ich mich versehentlich draufgesetzt. Aber bei den Drogerie-Preisen muss ich nicht gleich wieder weinen, wenn eine futsch ist. 

Ich weiß, Qualität zahlt sich am Ende aus. „Kaufst Du billig, kaufst Du viel“ Bei Küchenmessern, Bratpfannen, Werkzeug, Winterjacken, Schuhen, Lederwaren oder der Sportausrüstung mag das absolut Sinn machen. Lieber einmal in den teuren, sauren Apfel beißen und in ein hochwertiges Produkt investieren als viele billige Teile kaufen.

Nur bei Brillen sehe ich das mittlerweile anders. Und das wichtigste ist doch, dass ich überhaupt etwas sehe. Auch wenn meine Krankenkasse das alles natürlich gar nicht einsieht.

ein Artikel von
Isabella Müller-Reinhardt
Isabella Müller-Reinhardt

Die in Madrid aufgewachsene Münchnerin arbeitet seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren als Sportmoderatorin für verschiedene deutsche und englische Fernsehsender. Zu den Stationen Müller-Reinhardts zählen unter anderem ARD, ITV, Sport1, Sky und Arena. Zudem plaudert sie in einem Podcast über „Weiberkram“, schreibt diverse Sportkolumnen und hat mit "Mensch Trainer" im Sommer 2020 ihr erstes Buch veröffentlicht.