© Anton Voglmaier
EUROPA

Grundsätzliche Überlegungen zur EU

von Anton Voglmaier

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt heute (26.07.2022) und morgen (27.07.2022) über den Corona-Fonds. Es geht um die Frage, ob das mit dem Fonds aufgelegte Konjunkturpaket der EU in Höhe von 750 Milliarden € die Grenze zur Transfer- und Fiskalunion überschritten hat.

In meiner heutigen Kolumne geht es nicht um die Beantwortung der obigen Frage, sondern um grundsätzliche Überlegungen zur Europäischen Union (EU). Das Projekt wurde bereits kurz nach dem 2. Weltkrieg von europäischen Politikern initiiert, da sich die Schrecken des 2. Weltkrieges nicht wiederholen sollten. Zunächst wurde bereits 1951 eine wirtschaftliche Zusammenarbeit im Bereich Kohle und Stahl angestrebt, da diese Bereiche oft ein Zankapfel zwischen Deutschland und Frankreich waren.

Bereits 1957 einigten sich die sieben Länder der Montanunion – darunter Deutschland, Frankreich und Italien – auf die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), deren Ziel die europäische Integration durch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik war.

Im Laufe der Zeit wurde diese Integration auf immer mehr politische Bereiche ausgedehnt und gipfelte schließlich 1993 in der Gründung der Europäischen Union (EU) mit dem Vertrag von Maastricht, der den bisher größten Integrationsschritt darstellt. Sie beschreibt sich selbst als „eine neue Etappe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas“.

Und hier mache ich einen Schnitt, denn es lohnt sich, darüber nachzudenken: die Verwirklichung eines immer engeren Zusammenschlusses der Völker Europas.

Der Einmarsch Russlands in sein Nachbarland Ukraine sollte der Idee neues Leben einhauchen, denn schon die Gründung der Montanunion 1951 geschah genau in der Absicht, dass es keinen Krieg mehr auf europäischem Boden geben sollte. Jetzt ist es also an der Zeit, die Integration innerhalb der demokratischen Staaten in Europa voranzutreiben, denn auf europäischem Boden findet ein brutaler Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine statt und kein Staat kann vor weiteren Übergriffen Russlands sicher sein, da Energie und andere Dinge auch von Russland als Waffen eingesetzt werden können. Eine gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sollte das Ziel einer vertieften europäischen Integration sein, damit sich Europa als eigenständiger Akteur auf der Weltbühne behaupten kann.

Natürlich können die oben genannten Ziele nur durch eine Vergemeinschaftung der Schulden und / oder eine Transferunion innerhalb der dann vertieften EU erreicht werden. Damit wäre aber auch der Euro ein für alle Mal aus dem Feuer genommen, da es dann keine Klagen mehr gegen Maßnahmen der EU-Institutionen (Kommission etc.) geben müsste und die Marktteilnehmer nicht mehr auf ein Auseinanderbrechen des Euro spekulieren würden. Mehr hier. In meinen Augen lohnt es sich jedenfalls, im Lichte der aktuellen Ereignisse gründlich darüber nachzudenken.

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Anton Voglmaier ist Geschäftsführer der Deutschen Fondsgesellschaft und Mitglied im Anlageausschuss "Der Zukunftsfonds". Er blickt auf jahrzehntelange Erfahrung an den Kapitalmärkten zurück.