Karriere

Ein guter Gründer macht noch lange keinen guten CEO

von Zaster Redaktion

Es gibt wenig Befriedigenderes im Leben eines Startup-Gründers als den Moment, in dem man merkt: Es funktioniert. All die Mühen haben sich gelohnt, endlich explodieren die Nutzerzahlen, sprudeln die Umsätze, berichten die Medien. Wer ein Startup gründet, der arbeitet von Tag eins an auf diesen Moment hin. Doch während die Korken knallen, lauert bereits die nächste Herausforderung: Aus dem produktgetriebenen Gründer muss schleunigst ein CEO werden, der das große Ganze im Blick hat – ein Aspekt, den viele Gründer zu spät erkennen.

Die allermeisten Gründer in meinem Umfeld eint der Mut, mit ihren Produkten oder Geschäftsmodellen etwas grundlegend Neues zu probieren und sich dabei häufig gegen alle Wahrscheinlichkeiten zu stellen, weil sie fest an ihre Ideen glauben. Doch insbesondere am Anfang lauert das Scheitern an jeder Ecke – kurzfristiges und rasend schnelles Wachstum ist unabdingbar, fortwährende Verbesserungen des Produkts sind Arbeitsalltag, die nächste Finanzierungsrunde hat stets oberste Priorität.

Bei allem Selbstvertrauen und aller Überzeugung ist doch die Unsicherheit, ob das eigene Startup tatsächlich eines Tages Erfolg haben wird, allgegenwärtig. Entsprechend umtriebig und gleichzeitig detailversessen agieren Gründer, um die unterschiedlichsten Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Sie führen Vertriebsgespräche, pitchen vor potentiellen Investoren, graben sich tief in technische Details ein und stellen Mitarbeiter ein – häufig alles an einem Tag. Wer gründet, der trägt aus freien Stücken volle Verantwortung für alles und jeden.

Vom Tausendsassa zum CEO

Stellt sich nun eines Tages der Erfolg ein, dann ist dies für die meisten Gründer ein zutiefst erfüllendes Gefühl. Doch mit dem Erfolg verändern sich die Anforderungen an die Rolle des Gründers radikal: War er bislang als eine Art Tausendsassa mit jedem Detail vertraut, hat er plötzlich eine wachsende Anzahl an Mitarbeitern zu führen, ja, er hat ein richtiges Unternehmen zu führen. Spätestens hier ist der Punkt erreicht, an dem jeder Gründer das Mikromanagement ad acta legen und stattdessen auf die großen Linien schauen muss. Mit einem Mal wird aus dem Gründer das, was seit Tag eins auf seiner Visitenkarte steht: ein richtiger CEO. Aus meiner Erfahrung als Startup-Mentor weiß ich jedoch: Dieser Wendepunkt ereilt viele Gründer häufig weitgehend unvorbereitet und stellt sie entsprechend vor enorme Herausforderungen.

Gründer arbeiten im Unternehmen, CEOs arbeiten am Unternehmen

CEO in seinem eigenen Unternehmen zu sein, bedeutet vor allem eines: loslassen. Wer weiterhin in jeden Prozessschritt involviert sein will, wird sich verzetteln und seinem Unternehmen auf Dauer eher schaden als nutzen. Ich empfehle Gründern hier folgende Faustregel: Als Gründer arbeitet man im Unternehmen, als CEO hingegen arbeitet man am Unternehmen. Das bedeutet nicht zuletzt, dass an die Stelle der Fokussierung auf das Produkt die Fokussierung auf die Mitarbeiter tritt. Als CEO gilt es, Verantwortung zu delegieren und selbst in eine vollkommen neue Rolle hineinzuwachsen, denn während Gründer Produkte bauen, bauen CEOs Umfelder, in denen Mitarbeiter Produkte bauen können – ein gewaltiger Unterschied. Wer vormals auf kurzfristiges Wachstum, Produktdetails und die nächste Finanzierungsrunde geschaut hat, muss künftig für nachhaltiges Wachstum sorgen, Mitarbeiter motivieren und das Unternehmen strategisch auf Kurs halten.

So können Gründer in die CEO-Rolle hineinwachsen

In gewisser Weise arbeitet auch ein CEO produktgetrieben: bloß ist das Produkt nun das eigene Unternehmen und die Nutzer – der Vergleich hinkt ein wenig – sind die eigenen Mitarbeiter. Was sie über das Unternehmen erzählen, wie sie über ihre Arbeit denken und wie motiviert sie jeden Morgen ins Büro kommen, ist eine der entscheidenden Messgrößen für den nachhaltigen Erfolg des CEO und mithin des Unternehmen. Als Geschäftsführer von smartsteuer verstehe ich es als meine Aufgabe, Umfelder zu schaffen, in denen meine Mitarbeiter sich wohl und wertgeschätzt fühlen, in denen sie ihre Potenziale abrufen können und so Ergebnisse erzielen, die das Unternehmen dauerhaft erfolgreich machen. Damit das gelingt, achte ich darauf, mir im eng getakteten Alltag immer wieder Zeitfenster für Reflexion und Strategie-Arbeit freizuschaufeln – ein Aspekt, den viele Gründer im Eifer des Gefechts gern vergessen. Aus meiner Erfahrung kann ich es jedem Gründer hier sehr empfehlen, frühzeitig mit einem Business-Coach oder Mentor zusammenzuarbeiten, um die eigene Rolle von außen kritisch zu hinterfragen und sich so als Führungspersönlichkeit konsequent weiterzuentwickeln.

Nicht jeder Gründer ist zum CEO geboren

Die CEO-Rolle mag nicht jedem Gründer liegen und sie muss auch nicht für jeden Gründer der zwangsläufige Entwicklungsschritt sein. Manche Gründer etwa, die auch im Erfolgsfall gerne weiter nahe am Produkt arbeiten möchten, setzen dann einen externen CEO ein, der die Entwicklung des Unternehmens als Ganzes vorantreibt. Andere wiederum nutzen den Erfolgsfall, um ihr Unternehmen zu verkaufen und sich der nächsten Gründung zu widmen. In jedem Fall gilt es für Gründer, frühzeitig und aktiv abzuwägen, ob sie bereit sind in die CEO-Rolle hineinzuwachsen.

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Zaster Redaktion
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