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Der Blick aus Zürich

Gewinner und Verlierer des Trump Trade

von Mikey Fritz

Die Wahl ist Donald Trump nicht mehr zu nehmen. Nicht einmal seine größten politischen Gegner widersprechen dem noch. Entsprechend beginnt sich die Wall Street zu positionieren, was zu einer umfassenden Gruppenrotation führt. Wer davon profitieren will, muss jetzt auf Zack sein, um die potenziellen Gewinner und Verlierer frühzeitig zu identifizieren.

Die neue Trump Administration wird keine Zeit verschwenden. Man wird direkt in medias res gehen und so viele Fakten schaffen wie irgend möglich. Denn Trump wartet nicht. Er fragt auch nicht um Erlaubnis, sondern setzt seine Vorstellungen um und überlässt es dann seinen Gegnern, sich an den geschaffenen Fakten abzuarbeiten. Die Planung der Agenda der Amtszeit ist längst abgeschlossen und damit setzt sich die nächste Amtszeit von Trump deutlich von seiner ersten ab, denn:

Fakt ist, dass es 2016 kein Schattenkabinett Trump gab. Donald Trump hat den Wahlkampf geführt, um politischen Einfluss zu erlangen, hatte aber nicht wirklich damit gerechnet, dass er gewinnen wird. Was dann deutlich in den ersten Monaten der Amtszeit sichtbar wurde, denn im Kern verlief der Übergang zwischen den Administrationen Obama und Trump ohne jegliche Planung und wurde im Wesentlichen improvisiert. Das daraus resultierende Chaos war erheblich, denn die anstehenden Entscheidungen mussten quasi über Nacht getroffen werden. Und gerade die ersten Weichenstellungen entscheiden darüber, wie schnell und effektiv die Ziele erreicht werden. Ein Beispiel: 

Jede neue Administration besetzt eine Vielzahl von Schlüsselpositionen. Das betrifft insbesondere die Exekutive, angefangen vom Kabinett, über die Führungsebenen der 15 wichtigsten Behörden, den nachgeordneten Behörden sowie den unabhängigen Behörden. Je nachdem, wie intensiv man die Exekutive beeinflussen will, fällt dann die Tiefe der Personalveränderungen aus. Und da kommen dann zum Beginn einer neuen Administration schnell mehrere Tausend neue Stellenbesetzungen zusammen. Mit Experten, die selbstverständlich im Vorfeld genau ausgesucht, überprüft und interviewt werden müssen. 

Geschwindigkeit ist Trumpf

Im Hinblick auf die Gesetzgebung sind gerade die ersten zwei Jahre von Bedeutung. Gelingt es den Republikaner nicht nur Trump erneut ins Weiße Haus zu verhelfen, sondern auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus und Senat auszuweiten, haben sie quasi eine Carte blanche bis zu den Mid Terms. Es können dann große Gesetze durch die Legislative gebracht werden, die in einem ausgeglichenen Kongress sonst nicht oder nur mit umfangreichen Kompromissen möglich wären. Solche großen Gesetze schreiben sich aber nicht über Nacht, müssen vorbereitet werden und auch intern eine Mehrheit finden. 

Das sind alles Themen, die derzeit umgesetzt werden. Trump weiß, dass ihm nur wenig Zeit bleiben wird und ein schneller Start über den Gesamterfolg entscheidet. Entsprechend kann man davon ausgehen, dass die neue Administration Trump sehr viel vorbereiteter ins Amt kommen wird und gerade in den ersten 100 Tagen die meisten gravierenden Veränderungen durchgesetzt werden. Was das 1. Halbjahr 2025 sehr interessant machen wird. 

An welchen Stellen wird Trump am Kapitalmarkt direkt oder indirekt Einfluss nehmen? Trump ist ein Freund niedriger Zinsen und hoher Indexstände. Schon zu Zeiten seiner ersten Administration drängte er Fed-Chair Jerome Powell beständig dazu, die Zinsen niedrig zu halten. Dessen Amtszeit reicht bis zum Mai 2026 und Powell bestätigte bereits am Montag vor dem Economic Club of Washington, dass er die volle Amtszeit dienen will. Der politische Druck auf die Federal Reserve wird aber ohne Zweifel hoch sein. Offiziell ist die Notenbank unabhängig, aber das sind Gepflogenheiten, an die sich der Kongress halten wird. Donald Trump im Zweifel aber nicht. 

Trump wird Anleihen und Aktien bewegen

Für den Anleihemarkt ist ein Ende der inversen Zinsstrukturkurve zu erwarten. Für ein niedrigeres kurzes Ende spricht nicht nur, dass sich Donald Trump das wünscht, sondern das es mit Blick auf 2025 ökonomisch sinnvoll werden wird. Die Inflation in den USA ist noch ein kleines Stück – rund 100 Basispunkte – vom Ziel entfernt, womit die Fed quasi in den Sinkflug übergeht. Gleichzeitig beginnt die Arbeitslosenrate zu steigen, was ein klassisches Zeichen für zukünftig sinkenden Inflationsdruck ist. Das lange Ende wiederum wird stark von der Haushaltspolitik der Republikaner beeinflusst sein, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das Defizit erheblich ausweiten werden, was die Inflationserwartungen und damit das Zinsniveau am langen Ende hochhalten wird.

Apropos Haushalt: 

Trump favorisiert niedrigere Steuern. Das ist ein entscheidender Faktor für den gesamten Aktienmarkt, denn fallende Unternehmenssteuern bedeuten, dass die Profitabilität steigt und die Bewertung sinkt, ohne den Kurs oder das Geschäftsmodell zu verändern. Obendrein haben die Unternehmen dann größere Cashflows zur Verfügung, um mehr zu investieren. 

Der zweitwichtigste Punkt ist das Thema Deregulierung. Trump wird die Weichen stellen, um die Wirtschaft von bürokratischen Hindernissen zu befreien, wovon insbesondere die Banken, Finanzdienstleister, Immobiliengesellschaften und Versicherungen profitieren werden, ebenso wie der Sektor Shadow-Banking (Private Equity, Private Debt usw.). Aber auch die Energiebranche und die Versorger, deren Geschäft auf fossilen Energieträgern und Atomkraft beruhen, werden unter Trump aus der Defensive in die Offensive kommen. „Grüne“ Energieträger werden hingegen ihren Fürsprecher verlieren. Eine Weichenstellung, die sich bis nach Deutschland auswirkt.  

Deregulierungen und Steuersenkungen heben die Bewertungen

Ganz oben auf der Favoritenliste steht der amerikanische Rüstungskomplex. Trump macht keinen Hehl daraus, dass er Ausgaben für den Verteidigungsetat priorisiert. Er wird aber auch versuchen, die Alliierten erneut dazu zu drängen, dass diese ihre Etats erhöhen (und bei den amerikanischen Rüstungskonzernen kaufen). Das dann absehbare Ende des Krieges in der Ukraine wird an diesen Forderungen nichts ändern. Trump fordert bekanntlich von allen NATO-Mitgliedern, dass sie ihren fairen Teil bezahlen, was in erster Linie in Deutschland einen weiter steigenden Rüstungsetat erzwingen wird. Zieht Trump die USA aus der NATO heraus, würde sich der Druck für Europa noch einmal deutlich erhöhen.

China ist Trump bekanntlich ein Dorn im Auge. Alle Unternehmen, die noch stark vom chinesischen Markt abhängig sind, werden unter einer Administration Trump stärkeren Gegenwind bekommen. Da die Administration Biden jedoch die Sanktionen und Repressalien gegenüber China nicht abgeschwächt, sondern ausgeweitet hatte, wird es in diesem Punkt keine wesentlichen Veränderungen geben. Die meisten amerikanischen Unternehmen, die davon betroffen sind, haben sich bereits angepasst. Zu den Verlierern können aber chinesischen Aktien zählen, die im 1. Halbjahr zu einem Rebound angesetzt hatten. 

China und ESG sind die größten Verlierer

Das Thema ESG wird unter Trump endgültig begraben. Die Republikaner haben der informellen Einflussnahme von ESG (Environmental, Social and Corporate Governance) auf die Wirtschaft schon lange den politischen Krieg erklärt und unter einer Administration Trump ist im Zweifel mit einem direkten Verbot zu rechnen. Die Wall Street reagiert schon seit zwei Jahren auf den Gegenwind und die Kapitalflüsse sind seit Längerem negativ. Ein Trend, der sich in den kommenden Monaten beschleunigen kann. 

Natürlich gibt es auch noch viele Nebenschauplätze, die kaum einzugrenzen sind. So fährt Trump bekanntlich einen Anti-Immigrationskurs. Was dazu führen kann, dass die zahlreichen in die USA geströmten Immigranten verstärkt in Gewahrsein genommen werden. Im Hinblick auf die Börse ist das von Interesse, da die Amerikaner einen Teil ihrer Gefängnisse privatisiert haben und einige Unternehmen auch börsennotiert sind. 

Was den Trump Trade herausfordernd macht, ist der politische Zickzack-Kurs, den Trump in der Vergangenheit gezeigt hat. Auch ist nicht entscheidend, welche Ansichten Trump vertritt, sondern nur, was die Administration auch wirklich umsetzt. Das richtig einzusortieren und zu bewerten, wird in den kommenden Quartalen über den persönlichen Erfolg an der Wall Street entscheiden und damit auch ein Schwerpunkt in der Strategie des Zürcher Finanzbriefs werden.

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Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Mikey Fritz an der Börse. Seine Karriere begann er als Wirtschaftsredakteur für die n-tv „Telebörse“. Es folgte die Gründung der FM Research in Berlin, welche Privatkunden und institutionelle Kunden mit eigenem Kapitalmarkt-Research beriet. Vor 15 Jahren setzte er einen neuen Schwerpunkt auf das Portfoliomanagement bei großen Vermögensverwaltern in der Schweiz und Deutschland sowie auf die Beratung von Finanzinstituten. Die Redaktion des Zürcher Finanzbriefes ist und bleibt aber sein Steckenpferd.