Einblick ins Haushaltsbuch

Für meine Tochter gebe ich am meisten Geld aus

von Hannes Lustermann

Sebastian K. (38) ist für drei Jahre mit seiner Familie nach Peking gezogen, um dort als Projektmanager für eine deutsche Beratungsfirma zu arbeiten, die sich auf die Geschäftsentwicklung von Unternehmen und Institutionen in China konzentriert. Seine Freizeit verbringt er meistens mit seiner sechsjährigen Tochter. Zusammen gehen sie schwimmen, zum Kung Fu oder Tennis – in China kostspielige Hobbies.

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Sebastian (38), Projektmanager, stürzt sich in den Business-Dschungel Chinas. ©
Ich möchte, dass meine Tochter alles ausprobieren kann, worauf sie Lust hat – auch wenn ihre Hobbies hier deutlich teurer sind, als in Deutschland.

Kostspielige Anschaffungen sind eher selten. „Meine teuerster Kauf war in letzter Zeit ein neues Smartphone für 460 Euro. Meine Freunde und Kollegen investieren im Gegensatz zu uns viel mehr Geld in ihre Urlaube. Wir machen kaum private Reisen. Und wenn, dann nur, um unsere Familien zu besuchen. In den Sommerferien und an Weihnachten fliegen wir immer zu dritt nach Hamburg, wo meine Eltern und meine Schwester wohnen. Ein Flug kostet pro Nase zwischen 800 und 1000 Euro, wobei die Firma pro Jahr zwei Flüge für meine Frau und mich übernimmt. Den Platz für unsere Kleine müssen wir eben extra dazubuchen. Die Familie meiner Frau lebt in Shenyang, dort fliegen wir ca. drei Mal im Jahr hin. Aus Deutschland sind wir nur ein Mal im Jahr während des Frühlingsfestes angereist. Es ist das wichtigste traditionelle Familienfest in China – so bedeutend wie für uns Weihnachten.“

Viel wichtiger ist Sebastian die Entwicklung seiner Tochter. „Ich möchte, dass sie alles ausprobieren kann, worauf sie Lust hat. Momentan spielt sie gerne Tennis und Schach, am Wochenende gehen wir zusammen schwimmen. Ihre Hobbies sind hier deutlich teurer als in Deutschland: Eine Stunde Schwimmunterricht kostet zum Beispiel 40 Euro. Insgesamt zahle ich monatlich rund 900 Euro für die Freizeitgestaltung meiner Tochter, aber das ist es mir wert. Für mich gebe ich außer den 81 Euro für das Fitnessstudio kaum Geld aus. Ich bin recht sportlich, laufe manchmal einen Marathon mit, aber das Lauftraining in der freien Natur oder im Stadtpark ist ja zum Glück immer noch kostenlos.“

Bio-Produkte sind in China extrem teuer: Ein Kilo Bio-Rindfleisch kostet locker 80 Euro.

Am Essen wird ebenfalls nicht gespart. „Gesunde Ernährung ist für mich ein Muss, ich habe schon immer auf Bioqualität geachtet. In China gibt es leider kaum reine Bio-Läden, aber in den Supermärkten gibt es immerhin biologisch wertvolle Produkte, die leider extrem teuer sind. Ein Kilo Bio-Rindfleisch kostet ca. 80 Euro, normales Schweinefleisch dagegen nur 16 Euro. Günstiger und in der gleichen Qualität kann man aber auch Lebensmittel im Internet bestellen. Meiner Meinung nach ist die Gesundheit das Wichtigste, und unter der hohen Luftverschmutzung leidet die in China ohnehin schon ziemlich stark.“

Der Wohnraum in Peking ist knapp. „Unsere Wohnung ist mit 90 Quadratmetern recht groß. Wir leben in einem Hochhaus mit einem so genannten Doorman. Das heißt, jemand nimmt unten am Empfang Pakete entgegen und passt auf, dass kein ungebetener Gast ins Haus kommt. Das klingt luxuriös, ist in der chinesischen Mittelschicht aber normal. Peking ist mit 22 Millionen Einwohnern eine Mega-City, in der alles Mögliche passieren kann. Da fühlt man sich mit einem Doorman einfach sicherer.“

Für die Altersvorsorge haben wir noch nicht viel gespart. Manchmal habe ich deswegen ein schlechtes Gewissen.

Klamotten und Statussymbole sind ihm egal. „Ich kaufe mir selbst keine Kleidung, meistens bekomme ich neue Sachen zum Geburtstag oder an Weihnachten von meinen Eltern geschenkt. Bei der Arbeit muss ich Anzüge tragen, die sollten natürlich gut sitzen. Ich habe lieber zwei bis drei gute Designerteile, die lange halten, als viele günstige. Für die Altersvorsorge haben wir noch nicht viel getan, weil das tägliche Leben fast alles aufbraucht. Manchmal habe ich deswegen ein schlechtes Gewissen. Aber meine Frau hat bisher nicht so viel verdient, das wirkt sich natürlich auch auf unser Einkommen aus.“

Eine Kostenübersicht hat Florian stets durch eine App von WeChat. „Mit nur einem Klick kann ich meinen Kontostand einsehen, Überweisungen tätigen, meine Rechnungen zahlen, einkaufen, oder man kann sich gegenseitig sogar mal Geld leihen. In China bezahlt kaum jemand mit Bargeld. Meine deutschen Freunde sagen: ‚Per App ist es so einfach, Geld auszugeben – das verleitet.‘ Ich empfinde das Gegenteil, weil der Kontostand durch die App stets anzeigt wird. Außerdem ist der Bezahlvorgang versichert: Sollte ein Handy mal geklaut werden, wird der abgebuchte Betrag rückerstattet.“

ein Artikel von
Hannes Lustermann