Wie glücklich macht Geld?

Teestunde mit dem allergrößten deutschen Storyteller

von Steven Plöger

Vor 122 Jahren checkte ein Mann im feinen Kölner Excelsior Hotel Ernst ein, den man normalerweise eher an einem Lagerfeuer im Wilden Westen Nordamerikas vermutet hätte: Karl May. Er gilt als der meistgelesene Schriftsteller deutscher Sprache mit über 100 Millionen verkauften Büchern.

Er bezog seinerzeit gemeinsam mit seiner Frau Emma eine Suite mit Blick auf den Dom. Anno 1897 war der Schöpfer von Winnetou und Old Shatterhand ein Popstar der Literatur. Wo immer er zu seinen „Sprechstunden für Leser“ auftauchte, warteten hunderte Fans und wollten Autogramme. Hätte es damals schon Smartphones gegeben, er wäre vor lauter Selfies kaum zum Vorlesen gekommen.

Vor ein paar Tagen fand im Excelsior Hotel Ernst eine Veranstaltung unter dem Motto „Afternoon Tea meets Karl May“ statt. May-Kenner Thomas Grafenberg berichtete höchst unterhaltsam aus dem Leben des genialen deutschen Storytellers. Dazu wurden die vom Autor geliebten „Eierscheggen“ – eine sächsische Hefekuchen-Spezialität – gereicht. Karl May kam erst nach vielen Irrungen und Wirrungen sowie diversen Gefängnisaufenthalten zur Schreiberei. Ein findiger Verleger entdeckte sein Talent und fortan schrieb er rund um die Uhr.

Auch skurrile Gedichte wie: „Wanderer steh und weine, hier liegen meine Gebeine. Ich wünschte, sie wären deine.“ Bekannt wurde er aber durch seine großen Romane. In seiner Blüte schrieb er 20.000 Seiten in 5 Jahren – allesamt per Hand. Erst viele Jahre später besuchte er die Schauplätze seiner oft erfundenen Geschichten, bei denen er auch noch vorgab, sie als Held selbst erlebt zu haben.

Aber die Menschen haben ihm damals alles geglaubt: „Wikipedia und Google gab es schließlich noch nicht“, erklärte Referent Grafenberg grinsend. Der in bitterarmen Verhältnissen aufgewachsene Karl May wurde im Alter ein vermögender Mann. Sein Geld hat er nach seinem Tod einer Stiftung hinterlassen, die sich um Bedürftige kümmerte. Winnetous Erben gewissermaßen, so heißt schließlich auch eines seiner populären Bücher.

Foto: Scarabea / Shutterstock.com

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Steven Plöger