Euro, Dollar, Schilling – was den Finanzmarkt diese Woche bewegt hat

The Dogs of Wall Street

von Marcus Lucas

Die Wall Street rettet vor allem erstmal die Wall Street. Die „German Angst“ vor der Inflation geht um. Und bei Wirecard bleibt es turbulent… Der Wochenrückblick von Finanzexperte Volker Schilling

Feines Fressi

Diese Woche ging es los mit den Unternehmensanleihekäufen der US-Notenbank FED. Ein gefundenes Fressen für alle, die darauf setzen, dass man notleidenden Unternehmen jetzt auch direkt durch die Notenbanken hilft. Da man aber noch nicht in der Breite direkt die Schulden von Unternehmen kauft, erfolgt der Eingriff über den Kauf von Indexfonds, sogenannten ETFs. Damit haben wir einen weiteren durch die Notenbank manipulierten Markt. In doppelter Hinsicht ist hier Kritik angebracht. Hier wedelt der Schwanz mit dem Hund, denn ein Großteil der Unternehmen, die in den High Yield ETFs drin stecken, haben mit ihren Schulden üppige Aktienrückkaufprogramme gefahren, die weder ökonomisch noch gesellschaftlich Nutzen stifteten. Oder noch schlimmer: Private Equity Gesellschaften, die Unternehmen aufgekauft haben, um mit maximaler Schuldenaufnahme ihre Deals zu finanzieren. Hier rettet die Wall Street die Wall Street. Noch pikanter ist die Tatsache, dass die FED den Auftrag zum Kauf der ETFs direkt an Blackrock vergeben hat, die mit 75 Mrd. US-Dollar und bis zu zehnfachem Hebel den Aufkauf umsetzen sollen. Ausgerechnet Blackrock, der größte Vermögensverwalter am Platze, der selbst ein großer ETF Anbieter (I-shares) ist? Ich weiß nicht. Ich gebe doch auch nicht meinen Hund zum Aufpassen beim China-Restaurant ab. Da bekommt die Überschrift eine ganz neue Bedeutung.

Ja, wo ist er denn

… der Preisanstieg? Die Nachrichtengazetten sind schon wieder voll mit der reflexartigen Angst vor Inflation. Die einfache Formel: Staaten und Notenbanken werfen so viel Geld ins System, dass zwangsläufig die Preise steigen werden. Mit der Inflation ist es wie mit dem Hund von Baskerville: Niemand hat sie in den letzten Jahren gesehen, aber ständig herrscht Angst davor. Mal abgesehen davon, dass dies eine typische „German Angst“ ist, entbehrt sie zumindest kurz- bis mittelfristig jeder Grundlage. Oder glauben Sie allen Ernstes, dass jetzt die Zeit der großen Lohnsteigerungen ist oder dass die Energiepreise durch die Decke gegangen sind? Glauben Sie wirklich, dass die Unternehmen jetzt in der Breite ihre Produkte teurer anbieten können? Nein, nichts von alledem. Im Gegenteil. Massiv steigende Arbeitslosenzahlen und damit einhergehende Kaufkraftverluste, kräftig abgerutschte Energiepreise und Unternehmen in Not werden vieles hervorbringen, aber Inflation sehe ich keine. Wir kämpfen vorerst einmal gegen eine deflationäre Tendenz. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen im April, die diese Woche gemeldet wurden: Die Inflation fällt auf den tiefsten Stand seit 2016.

Der will nur spielen!

Diesen Eindruck könnte man haben, wenn man das Krisenmanagement von Markus Braun, dem Vorstandsvorsitzenden von Wirecard beurteilt. Da sich bekanntermaßen nur der Hund freut, wenn man ihm etwas vorwirft, fordern die einen seinen Abgang und die anderen sein Bleiben und verehren ihn als den großen Visionär der deutschen Tech-Branche. Und da die Wahrheit meist irgendwo in der Mitte liegt, einigte man sich auf einen Umbau des Vorstandes von fünf auf sieben Personen. Braun muss Macht abgeben, darf aber bleiben. Wem die Turbulenzen der Wirecard-Aktie auf den Magen schlagen, der könnte sich auch mal spannende Mitbewerber wie Fiserv aus den USA oder Adyen aus den Niederlanden ansehen.

Ihr Volker Schilling

ein Artikel von
Marcus Lucas