Duellant
Die Duellanten der Woche sind Kamala Harris und Donald Trump. Der ritualisierte TV-Zweikampf der US-Präsidentschaftskandidaten ist dabei weniger eine Ehrbezeugung als eine Ehrbeschmutzung. Inzwischen gleicht die Show mehr einer Reality Soap als einer inhaltlichen Auslotung von Positionen. Mehrwert damit gleich Null. Es handelt sich nur noch um eine amüsante Auseinandersetzung um essbare Haustiere oder Beliebtheitspunkte bei Autokraten. Früher waren Duelle noch Ehrensache und man parierte die Attacken des Gegners kunstvoll. Heute dagegen gehen die Duellanten beide angeschossen aus dem Zusammentreffen hervor. Die Börsen sehen die Kontrahenten bisher gelassen und orientieren sich in dieser Hinsicht an den sprichwörtlich kurzen Beinen. Wichtiger als die Duellanten der Politik sind momentan die Adjutanten aus der Wirtschaft:
Adjutant
Die Adjutanten einer verheißungsvollen Wirtschaftsentwicklung sind die weltweiten Notenbanker. Während die europäische Notenbank mit ihrer Adjutantin Christine Lagarde diese Woche erneut die Zinsen um einen Viertelprozentpunkt gesenkt hat, spekulieren die Adjutantenprognostiker, ob US-Notenbankchef Jerome Powell nächste Woche die Zinsen ebenfalls um 0,25 % senkt oder gleich zu einem Zinsschritt von 0,5 % greift. Und noch während die Hilfsadjutanten grübeln, meldet die US-Statistik die aktuelle Inflation bei 2,5 %. Damit wäre die Tür auch für eine größere Zinssenkung offen, wäre da nicht die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel), die weiterhin auf 3,2 % verharrt und damit dem Chefadlatus der US-Notenbank geradezu verbietet zu euphorisch an die Senkung heranzugehen.
Ich bleibe dabei, es wird nächste Woche die erste Zinssenkung in den USA seit 2019 geben, aber nur um 0,25 %. Alles andere würde nicht helfen die Inflation weiter zu bekämpfen und gleichzeitig die Wirtschaft zu unterstützen. Schließlich kommt der Begriff des Adjutanten vom lateinischen adjuvare, was so viel wie helfen oder unterstützen bedeutet. Ein lateinisches Synonym wäre das Verb secundare, was so viel wie „begünstigen“ bedeutet. Das Partizip heißt secundans und findet sich im deutschen Wort Sekundant wieder:
Sekundant
Normalerweise achtet der Sekundant darauf seinen Duellanten zu unterstützen und dass die Regeln eingehalten werden. Auch an der Börse sind diese Woche Sekundanten gefragt, denn zwei deutsche DAX Unternehmen scheinen sich in ein Übernahmeduell zu begeben. Letzte Woche habe ich darüber berichtet, dass sich der deutsche Staat von seinem Aktienpaket an der Commerzbank trennt. Zur Seite sprang ihm der Sekundant Unicredit, die sich damit still und heimlich fast 10 % an der Commerzbank gesichert hat. Beleg- und Gewerkschaft warnen vor einer Übernahme, die Aktionäre hingegen freuen sich über unerwartete Kurssprünge. Da noch kein Schuss im Duell gefallen ist, gibt es noch keinen klaren Ausgang, aber ich wage die Prognose, dass der Kurs der Commerzbank Aktie weiter anziehen wird. Ebenso bei Covestro, die nach Berichten des Sekundanten Financial Times von der Abu Dhabi National Oil Company, kurz Adnoc, umworben werden.
Ein Übernahmeangebot in Höhe von 14,4 Mrd. Euro steht im Raum. Dies würde einen Kurs von weit über 60 Euro rechtfertigen. Das sollte nicht nur die bestehenden Aktionäre freuen, sondern beim aktuellen Kurs auch noch weitere Investitionen rechtfertigen. Und auch die Deutsche Bahn trennt sich von ihrem lukrativsten Teil, der DB Schenker. Der dänische Logistiker DSV ist der neue Sekundant. Klingt insgesamt nach einem Ausverkauf der deutschen Wirtschaft. Jetzt rächt sich, dass deutsche Unternehmen viel zu billig gehandelt werden. Wie die Duelle auch ausgehen mögen, am Ende verschwindet meist einer der Duellanten von der Bildfläche und die Adjutanten und Sekundaten räumen auf. Ich räume jetzt zumindest für diese Woche das Feld.
Ihr Volker Schilling