Kolumne

Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig?

von Nikolina Krstinic

Knauserige Menschen haben etwas Verbissenes, findet Laura Karasek. Bei ZASTER schreibt sie über größte Fettnäpfchen beim Umgang mit Geld – und das Glück, es auszugeben.

Das schöne Gefühl, Geld zu haben, ist nicht so intensiv wie das Scheißgefühl, kein Geld zu haben.

Herbert Achternbusch (deutscher Schriftsteller, Künstler und Regisseur)

Ich bin eine Verschwenderin! Ich verprasse Gefühle, Worte und manchmal auch Geld. Das habe ich von meinem Vater geerbt – meine Mutter nannte ihn die „Geldvernichtungsmaschine“. Auch ich sollte zum Beispiel nicht betrunken auf irgendwelche Online-Shoppingseiten gehen. Da kaufe ich mir gern mal aus Versehen einen vollautomatischen Massagestuhl, der überhaupt nicht in meine Wohnung passt. Aber die Idee einer Rückenmassage schien mir in diesem Fall nach vier Campari Soda einfach total verlockend … Dann ist es fast besser, Sie schicken betrunken eine Liebeserklärung an den Ex, oder senden versehentlich ein laszives Selfie an Ihren Steuerberater … Man sollte das Handy einfach ab 0,8 Promille sperren können, Fingerabdruck nicht mehr erkennbar. „Bitte probieren Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.“

Ein berühmtes Zitat lautet: Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig? Der österreichische Dramatiker Johann Nepomuk Nestroy lag mit diesem Spruch zwar nicht ganz daneben, denn die Chinesen hatten wohl schon früher das Geld erfunden; aber in einem Punkt behält er recht: Geldsorgen sind Scheiße. Und: Wer zu viel aufs Geld achtet, wird auch nicht glücklich. Knauserige Menschen haben so etwas Verbissenes. Und bei Männern ist Geiz ohnehin die allerschlimmste Eigenschaft, kurz nach Mundgeruch und Gonorrhoe. Geiz ist NICHT geil – auch wenn uns das ein Werbeslogan früher einreden wollte.

Und Geiz MACHT auch nicht geil. Es soll Typen geben, die Frauen nach einem One-Night-Stand bitten, ihnen doch Geld für Wasser- und Stromverbrauch (gemeinsames Duschen, Lampe an beim Sex) dazulassen. Es soll Frauen geben, die von Freunden für eine Mitfahrgelegenheit Geld wollen – aber nicht nur fürs Benzin, das wäre ja gerade noch nachvollziehbar. Nein: für die Abnutzung des Autos …

Charmant ist, wenn der Mann einlädt

Vielleicht ist das jetzt nicht #metoo genug, aber ich finde es charmant, wenn ein Mann mich auf einen Wein einlädt. Neulich wollte einer doch tatsächlich von meiner Freundin, dass sie ihm einen Euro für die Cola da lässt, die sie bei ihm zuhause (!) getrunken hatte.

Gleichwohl – auch das ist die bittere Wahrheit –, Geld macht nicht glücklich. Aaaber, so wusste schon Publizist Marcel Reich-Ranicki: „Es ist besser, in einem Taxi zu weinen als in der Straßenbahn.“ Einer Studie zufolge macht selbst ein Lottogewinn nicht langfristig glücklich. Aber seien wir doch ehrlich: Gibt es IRGENDWAS, das langfristig glücklich macht?

Glück ist oft doch der Moment davor, ein Augenblick. Jedenfalls neigen Menschen dazu, massiv zu überschätzen, wie stark die Wirkung eines plötzlichen Riesengewinns ist, und auch, wie lange diese Veränderung anhält. Klar, so ein plötzliches Milliönchen löst in der Tat einen Glückskick, einen Rausch aus. Allerdings: Nach ein paar Monaten, spätestens ein bis zwei Jahren, ist die Euphorie verflogen, verballert. Der Mensch gewöhnt sich emotional an die neuen Lebensumstände. Das Außergewöhnliche schrumpft zur Normalität, wird banal. Es ist wie mit allem: Die Verknappung eines Guts macht den Reiz aus. Wir brauchen unerfüllte Träume. Sogar in der Liebe kehrt nach der schwindeligen Verliebtheit und der wilden Eroberungsphase eine gewisse Normalität ein. Denn: Nichts ist toter als ein erfüllter Wunsch.

Aber Gott sei dank gibt es ja noch unzählige neue Wünsche …

ein Artikel von
Nikolina Krstinic
Nikolina Krstinic studierte in Wien und Berlin Kulturwissenschaften, Journalismus und Unternehmenskommunikation. Sie ist als freie Autorin und Journalistin tätig - seit Februar 2018 auch für Zaster.