Die große Kryptoserie – Teil 2

Alles nur heiße Luft?

von Jonas Rüffer

Kryptowas?
Von Bitcoin bis Ethereum, von Blockchain bis Mining. Unsere große Kryptoserie macht Sie zum Experten von digitalen Währungen. Heute in Teil 2: Die Gefahren der Kryptowährungen.

Die exakte Definition einer Blase

Tidjane Thiam – CEO Credit Suisse zu Bitcoin

Willkommen im zweiten Teil unserer großen Kryptoserie. Ihnen wird sicherlich nicht entgangen sein, dass die Vorteile der digitalen Währungen gleichzeitig auch ihre Nachteile sein können. Denn obwohl Kryptowährungen sehr innovativ sind, bergen sie einige Gefahren, und es ist wichtig, sie zu kennen:

Kapazität: Wer von Ihnen besitzt Bitcoins? Und wer von Ihnen hat schonmal mit welchen im Geschäft oder im Restaurant damit bezahlt? Hier liegt nämlich das Problem. Keiner weiß, was passiert, wenn immer mehr Menschen die Währung tatsächlich verwenden und ob das überhaupt möglich ist. Als Paradebeispiel wird häufig das VISA-System genannt. Es kann mehrere tausend Transaktionen pro Sekunde verarbeiten und führt manchmal bis zu 150 Millionen Transaktionen pro Tag durch. es ist ein verlässliches Bezahlsystem, da Visakarten fast überall akzeptiert werden und sein Netzwerk stabil bleibt, egal wieviele Menschen gerade ihre Karte gleichzeitig nutzen.

An diese Kapazität kommen Kryptowährungen bisher bei weitem nicht heran. Bitcoin stand lange vor dem Problem, nur 7 Transaktionen pro Sekunde verarbeiten zu können – inzwischen ist man bei rund 40 angelangt, was im Verhältnis zu Visa nach wie vor verschwindend gering ist. Die Währungen stecken also noch in den Kinderschuhen. Je mehr Menschen sie benutzen, desto klarer wird sein, ob sie tatsächlich massentauglich sind.

Volatilität: Dieser Fachbegriff steht für Schwankungen. Kryptowährungen sind als Anlage nämlich sehr instabil. Noch ist unklar, wie sie sich künftig entwickeln, welche sich langfristig etablieren und ob sie überhaupt geeignet sind, eine große Zielgruppe zu bedienen. Im Vergleich zu herkömmlichen Anlagemodellen wie Aktien und Fonds ist das Risiko durch diese Ungewissheit sehr viel höher. Wer mit den Coins wie Ethereum handeln möchte, sollte sich das dahinterstehende System und seine Funktionsweise vorher genauestens anschauen.

Die Paradewährung Bitcoin etwa, erreichte im Dezember ihre Rekordmarke von mehr als 18.000 Dollar und stürzte danach massiv ab. Aktuell pendelt sie zwischen 5500 und 6000 US-Dollar.

Grundsätzlich kann zwischen zwei Arten von Investition unterschieden werden:

Die einen sehen in diesen Währungen die Zukunft. Netzwerke wie Ethereum wachsen rasant und die Möglichkeiten scheinen endlos.Demgegenüber stehen große Firmen wie Microsoft, die längst mitmischen, um den Anschluss nicht zu verpassen. Sie investieren in die Coins, um die dahinterstehenden Netzwerke nutzen zu können.

Die Volatilität lockt aber auch viele Spekulanten an, die hoffen, mit Kryptowährungen das schnelle Geld machen zu können. Dadurch werden die Währungen wie im Kursbeispiel von Bitcoin kurzzeitig extrem angeheizt. Solch eine rasante Blase kann ebenso schnell wieder platzen.

Forks: Damit sind die verschiedenen Gabelungen innerhalb einer Blockchain gemeint. Der Vorteil ihrer vielen Nutzer und Zeugen ist nämlich zugleich ein Problem: Erneuerungen des Systems können nicht über die Köpfe der Nutzer hinweg entschieden werden, da alle Nutzer eine Kopie der Blockchain besitzen und damit auch ein gewisses Mitbestimmungsrecht beanspruchen können. So kommt es regelmäßig zu großen Diskussionen in der Community, wenn eine Innovation ansteht. Denn dafür müssen die Blockchain geändert, anders weitergeführt oder aufgespalten werden. Für Nutzer bedeutet das, Programme updaten, sich umstellen und neue Spielregeln akzeptieren. Das führt oft zu großem Streit.

Die Folge waren unter anderem auch Abspaltungen: So entstand etwa mit Bitcoin Cash eine weitere Kryptowährung, als sich eine Gruppe Nutzer aufgrund der Unzufriedenheit mit der Entwicklung beschloss, die Blockchain anders weiterzuführen. So sind zwei Währungen aus ein und derselben ursprünglichen Blockchain entstanden. Das kann passieren, wenn die sich abspaltende Gruppe groß genug ist, um ein eigenes Netzwerk zu bilden. Es wird immer noch diskutiert, welche der beiden im nachfolgenden abgebildeten Blockchains die „Original-Bitcoin-Idee“ ist.

Die verschiedenen Gabelungen in der Bitcoinblockchain

Im obigen Bild sehen Sie, was solche Gabelungen für Auswirkungen haben. BitcoinCash und die Segwit Blockchain sind Währungen mit unterschiedlichen Lösungen für ein und dasselbe Problem: die niedrige Transaktionsrate von Bitcoin. Die Nutzer standen am Scheideweg, eine Gabelung tat sich auf, die in letzter Konsequenz zur Abspaltung führte. Weitere sollten folgen.

Dezentralität: Der größte Vorteil der Kryptowährungen ist auch ihr größter Nachteil. Durch ihre dezentrale Struktur einziehen sich die Währungssysteme komplett der staatlichen Kontrolle. Was die einen als größten Erfolg gegen staatliche Zensur und Regulierung sehen, bemängeln andere kritisch als Schlupfloch für Steuerhinterziehung und andere Formen der Kriminalität. Letztere sind vor allem Regierungen, Behörden wie das Finanzamt und Polizei. Sie können beispielsweise das auf autonom geschalteten Apps basierende Netzwerk Ethereum nicht einfach abstellen. Dafür müsste jeder einzelne Computer, der Teil des Netzwerkes ist, ausgeschaltet werden.

Was gegen Zensur hilft, beeinträchtigt zugleich die rechtsstattliche Verfolgung und Verhinderung von kriminellen Machenschaften innerhalb der Netzwerke. Die wahren Entwickler agieren anonym und es gibt keine feste Datenzentrale, auf die man zugreifen könnte, um das System auf illegale Aktivitäten zu prüfen. Beim jüngsten Datenskandal konnte etwa Facebook als Verantwortlicher ausgemacht und geahndet werden – in der Welt der Kryptowährungen ist es quasi unmöglich auszumachen, wer zur Rechenschaft gezogen werden kann. Dieser mangelnde Zugriff veranlasst Staaten immer wieder, die Erschaffung und den Handel von Kryptowährungen einzuschränken oder zu verbieten. Zuletzt war das in China der Fall – wie andere Regulierungsbehörden also in Zukunft mit Kryptowährungen umgehen, ist noch offen.

Strom: Wir haben in Teil 1 dieser Serie bereits über das Bitcoinmining berichtet. Die Computer müssen unter anderem ihre Dienste für das Netzwerk bereitstellen, den Hash erzeugen und Transaktionen bestätigen. Da diese Dienste nicht nur zeitaufwendig sind, sondern auch eine große Rechenleistung benötigen, laufen die meisten Computer rund um die Uhr. Die Datenzentren werden auf gewisse Temperaturen runtergekühlt, Ventilatoren laufen und immer größere Farmen (so nennen sich diese Datenzentren) werden installiert. Die Hardware wird beständig verbessert, die jedoch zugleich einen stetig steigenden Strombedarf hat. Das Mining ist also ein enormer Ressourcenverbrauch: Wie Business Insider berichtet, lag der Stromverbrauch für Bitcoinmining 2017 höher als der jeweilige Verbrauch von 159 Staaten.

Wir halten fest: Am spannendsten wird eindeutig die Rolle der Staaten und ihrer Institutionen sein. Sie stellen die größte Hürde für den Erfolg von Kryptowährungen dar, denn es stellen sich dringende Fragen: Werden autonome Systeme wie Ethereum und Bitcoin toleriert oder versuchen die Staaten versuchen, Zugriff auf die digitalen Währungen zu erhalten und falls ja, ob das gelingt.

Das wars mit Teil 2 der großen Kryptoserie. Nächste Woche stellen wir Ihnen im dritten Teil die erste Kryptowährung genauer vor: den Bitcoin.

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ein Artikel von
Jonas Rüffer
Jonas Rüffer (Jahrgang 1991), ist seit Februar Teammitglied der Zasterredaktion. Vorher hat er seinen Master in Politik abgeschlossen. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit Servicethemen wie Kryptowährungen oder Geld- und Finanzpolitik.