Der (Roh-)Stoff, aus dem die Träume sind
„Die Welt-Energiekrise“ titelte das Handelsblatt am Wochenende und macht damit mal wieder eines klar: Mit Angst macht man am besten Schlagzeilen. Ob Öl, Gas oder Kohle, die Preise gehen durch die Decke. Und wie es läuft, ist es verkehrt. Fallen die Preise der Rohstoffe zu stark, so hat man Angst vor einer stockenden Wirtschaft. Steigen die Preise zu stark, hat man Panik vor Inflation und Energieknappheit. Man könnte sich auch freuen, denn je stärker die Preise von fossilen Brennstoffen steigen, desto attraktiver werden alternative Energien. Und war nicht genau das gewollt? Ist das nicht der Stoff, aus dem die Träume aller Klimaschützer sind? Kaum trifft es den eigenen Geldbeutel, ist der Klimaschutz schon wieder relativ. Gewöhnen Sie sich daran, denn das ist es, was man uns immer nicht sagen möchte: Die Schaffung einer nachhaltigen erneuerbaren Energieversorgung kostet uns erst einmal Geld und Wohlstand. Das ist auch ok und anstatt darüber zu jammern, könnten Sie auch überlegen, in Rohstofffonds zu investieren. Ich hatte an gleicher Stelle schon mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Anlageklasse nicht nur völlig unterbewertet ist, sondern inzwischen richtig Value bietet – Dividenden inklusive. Ganz nach dem Motto:
Es muss nicht immer Kaviar sein
Das dachten sich diese Woche auch die Aktionäre von US-Banken und haben nach den teilweise sehr guten Quartalszahlen erst einmal Kasse gemacht. So hat JPMorgan seine Prognosen weit übertroffen, dennoch schickten die Anleger die Aktie erst einmal auf Talfahrt. Bei Blackrock dagegen honorierte man die üppigen Erträge mit Kurssteigerungen. Insgesamt verdienen die US- Banken prächtig am Geld-, Börsen-, IPO- und Übernahme-Boom. Nein, es muss nicht immer Kaviar sein, es braucht auch Champagner bei diesen Zahlen. Dafür, dass die Anlageklasse Bankaktien ähnlich unbeliebt ist wie Rohstoffaktien, schürfen sie wenigstens eine Menge Kohle. Ganz anders diese Woche CureVac, die jetzt ihren geplanten Corona Impfstoff ganz aus dem Rennen genommen haben. Die Aktie weiter im Sinkflug. Dort knallen keine Champagnerkorken mehr, sondern nur noch die Türen von frustrierten Aktionären, die alle raus wollen. Wenigstens unser einzig wirklich global vorzeigbares Softwareunternehmen SAP lässt die Börsengourmet-Herzen höherschlagen. Das Cloudgeschäft boomt und ist jetzt endlich auch bei SAP angekommen. Die interne Mission „Rise with SAP“ ist jetzt auch das Motto aller Aktionäre. Damit rufen die Anleger des deutschen Aktienmarktes nach der Korrektur in der Vorwoche:
Hurra, wir leben noch
Wir leben in einer Zeit der Nachrichtenflut. Und wie eingangs erwähnt, verkauft sich Krise immer besser als Chance. Unser Steinzeitgehirn reagiert besser auf Angst und meint unser Überleben hängt immer noch davon ab, dass wir darauf schnell anspringen. Für einen guten Börsianer zählt allerdings die Intelligenz des Optimismus. Die Masse schätzt aber Skeptiker als intelligenter ein. An dieser Aussage habe ich so meine Zweifel. 😉 Wie dem auch sei, das in dieser Woche vorgelegte Herbstgutachten senkt das deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von 3,7% im Frühjahr auf jetzt nur noch 2,4%. Panik an der Börse? Nein, fulminanter Anstieg diese Woche. Warum? Das gleiche Herbstgutachten prognostiziert für kommendes Jahr jetzt 4,8% Wachstum statt 3,9% aus dem Frühjahrsgutachten. Sie sehen, alles eine Frage der Perspektive. Und rein statistisch ist es klüger für die Börse optimistisch zu sein, denn dann verpassen Sie auch nicht die so wichtigen Anstiege. Schöne heile (Börsen-)Welt. Klingt fast alles so seicht, wie in einem Roman von Johannes-Mario Simmel.
Ihr Volker Schilling