Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant? ZASTER-Kolumnist Volker Schilling hat wie immer die Woche für uns zusammengefasst.
Dabei sein ist alles
Das Wichtigste bei Olympischen Spielen ist es angeblich, nicht zu siegen, sondern daran teilzunehmen. Übertragen auf Politik und Wirtschaft würde man wohl sagen, dass es nicht wichtig ist, jemanden zu besiegen, sondern sein Bestes zu geben. Das dachte sich wohl diese Woche auch US-Präsident Joe Biden, der sich mit den republikanischen Senatoren einigte, sein Infrastrukturpaket endlich auf den Weg zu bringen. Aus 2 Billionen US-Dollar wurden jetzt 0,58 Billionen US-Dollar, aus Klimaschutz wurde jetzt Straßen- und Brückenbau und aus Steuererhöhungen wird jetzt erst einmal gar nichts. Ganz nach dem olympischen Motto, hat Biden hier mit einem riesigen Anlauf einen kleinen Sprung in die Sandgrube gemacht. Die Zuschauer, hier in Form der Börsianer, quittieren die Leistung dennoch mit Applaus durch steigende Kurse. Keine Steuererhöhungen ist das Lieblingsmotto der Haussiers. Ähnlich wie bei Olympia, steht das Ereignis selbst im Vordergrund und weniger die Leistung. Die aktuell anstehenden Sommerspiele in Tokio haben das Ganze dann noch auf die Spitze getrieben:
Vereint durch Gefühl
„United by Emotion“ lautet der offizielle Slogan der diesjährigen Olympiade in Japan. Wenn das nicht in die Zeit passt: Gefühle zählen ja anscheinend mehr als Fakten. Argumente sind nichts mehr wert, wenn mein Gegenüber sich dabei nicht gut fühlt. Der NZZ Journalist Alexander Kissler hat das in seinem Buch „Die infantile Gesellschaft“ genannt. Der Slogan „Vereint durch Gefühl“ passt aber auch super zu den aktuellen Ereignissen bei Bitcoin und Co. Denn China schlägt gnadenlos zu und verbietet kurzerhand vielen Banken und Marktteilnehmern den Handel mit Bitcoin. Handelsplattformen werden geschlossen und Bitcoin-Mining verboten. Das schlägt Wellen und der Bitcoin-Kurs lag diese Woche damit zeitweise unter der 30.000 US-Dollar-Marke. Doch die Bitcoin-Anhänger sind vereint durch Ihr Gefühl für den unaufhaltsamen Aufstieg der digitalen Kryptowährung. Mehr denn je sieht man Bilder von Anhängern, die sich mit „Laser-Augen“ zeigen, dem Symbol an den unzerstörbaren Glauben, dass der Bitcoin die 100.000 US-Dollar-Marke erreichen wird. Und danach ist in ihrer unerschütterlichen Meinung noch lange nicht Schluss. Danach geht es…
Höher, schneller, weiter
Womit wir beim eigentlichen Motto der olympischen Spiele der Neuzeit sind. 1894 wurden die Worte des Dominikanerpaters Henri Didon – „citius, altius, fortius“ – zur offiziellen Devise erkoren. Im Deutschen mit „höher, schneller, weiter“ übersetzt, steht es sogar im Widerspruch zu der „Dabei sein ist alles“-Mentalität oder der „Nur das Gefühl zählt“ -Gesinnung. Der Anspruch besser zu sein, mehr zu erreichen, ist auch die große Triebkraft der Wirtschaft. Innovation (höher), Marktanteile (schneller) und Erträge (weiter) dominieren die Schaffenskraft der Wirtschaft, um Wohlstand zu erzeugen. Dieser Tage schön zu sehen bei geplanten Börsengängen. Der Computerspieleentwickler Krafton will in Südkorea an die Börse. Mit 5 Mrd. USD geplantem Volumen würde das der größte Börsengang Südkoreas werden. Dabei wird nicht nur Gründer Chang Byung–gyu um 3,5 Mrd. USD reicher, sondern auch das Beteiligungsunternehmen Tencent, das einen 13%-Anteil hält. Apropos Beteiligungsunternehmen: Hyundai, auch ein Südkoreaner, hat sich diese Woche Roboterspezialist Boston Dynamics einverleibt. Softbank hat dafür seine Anteile verkauft, behält aber weiterhin 20%. Vielleicht sollten Sie mal darüber nachdenken, in einen Aktienfonds für Beteiligungsunternehmen zu investieren? Allen, die weder investieren wollen noch jemals etwas von Boston Dynamics gehört haben, empfehle ich folgendes unterhaltsames Video zur Leistungsfähigkeit der Roboter von Boston Dynamics: Do you love me? Kommen Sie genau so beschwingt in die nächste Woche und behalten die Liebe zu meiner Kolumne.
Ihr Volker Schilling