Wenn der Rubel immer rollt

Bedingungsloses Grundeinkommen – Realistisches Szenario oder reine Utopie?

von Julia Brinker

Was würdest du machen, wenn du dir keine Gedanken um deine Grundsicherung machen müsstest, egal, ob du arbeiten gehst, oder nicht? Die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens sind sich sicher, dass letzteres der Fall wäre – und eine neue Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen auch dieser Meinung sind.

Was bringt das zusätzliche Geld?

Mehr Geld bedeutet mehr Freiheit. Ein Grundeinkommen, das alle Bürger unabhängig von sozialem Status, Ausbildungsgrad, Alter und Beruf absichert, würde also dafür sorgen, dass wir in einer Gesellschaft ohne Eingrenzung, sozialem Gefälle und Unsicherheit leben. Das klingt zu utopisch und perfekt, um wahr zu sein, oder? Seit Jahrzehnten beschäftigen sich Wissenschaftler und Soziologen in Studien und Modellprojekten mit dem Thema.
Seit Juli 2019 wird in Berlin erneut ein Modell für solidarisches Grundeinkommen für Arbeitslose getestet.

Bevölkerung gespalten

Bei einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sprach sich knapp über die Hälfte aller Befragten für ein bedingungsloses Grundeinkommen aus. Stehen wir kurz vor einem gesellschaftlichen Wandel? Und worin unterscheiden sich die beiden Modelle? Wir waren uns auch nicht ganz einig und haben uns daher für dich schlau gemacht!

Die zwei Hauptkonzepte des Grundeinkommens

Solidarisches Grundeinkommen

Das solidarische Grundeinkommen ist im Gegensatz zum bedingungslosen Grundeinkommen an Bedingungen geknüpft … Überraschung. Welche das sind? Das solidarische Grundeinkommen kann man auch als öffentlich geförderte Beschäftigung bezeichnen. Wer es bezieht, muss eine Beschäftigung im gemeinnützigen Bereich annehmen und wird nach Tarif- oder Mindestlohn vom Jobcenter bezahlt. Die Hoffnung? Diese Menschen schnell wieder auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren und aus dem prekären und vorurteilsbehafteten HartzIV herausholen. Kritiker sehen in dieser Form der Absicherung eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vom Staat, die vor allem die Zahlen schönt.

Bedingungsloses Grundeinkommen

Das bedingungslose Grundeinkommen hat den Grundsatz, komplett frei von Anforderungen gezahlt zu werden. Dabei ist es auch egal, ob der oder die Bezieherin einen Job hat oder eben nicht. In Deutschland sind oft von 1.000 Euro im Monat die Rede, die eine Existenz grundabsichern sollen. Kritiker bemängeln die nicht mögliche Finanzierbarkeit dieser Idee. Die Befürworter verweisen jedoch auf Ergebnisse von vergangenen Modellprojekten, in denen die Bezieher weiterhin arbeiten gingen und dank besserer mentaler und physischer Gesundheit weniger Kosten für die Allgemeinheit verursachten.

Projekte und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit

Der gemeinnützige Verein „Mein Grundeinkommen“ erforscht seit 2014 das bedingungslose Grundeinkommen und klärt in diesem Rahmen über die Vorteile des Konzeptes auf und verlost regelmäßig einjährige bedingungslose Grundeinkommen in Höhe von 1.000 Euro im Monat (bisher 368 Mal!). „Mein Grundeinkommen“ finanziert sich dabei ausschließlich über Spenden und Crowdfunding-Zuwendungen sogenannter Crowdhörnchen. Mitmachen kann jeder – jeder kann sich auf der Seite für ein bedingungsloses Grundeinkommen bewerben. Die Gewinner werden öffentlich verkündet und die meisten teilen sogar auf der Seite des Vereins mit, was sie mit dem Geld machen möchten. Neugierig? Dann melde dich hier für die nächste Ziehung an! Unklar bleibt zumindest auf den ersten Blick allerdings, ob und inwiefern die Ergebnisse der Verlosung Teil der Aufklärungsarbeit des Vereins werden.

Chancen des bedingungslosen Grundeinkommens

Die Chancen für eine Realisierung eines festen Grundeinkommens für alle Bürger stehen zwar nicht miserabel, allzu große Hoffnungen sollte man sich gerade aber nicht machen. Trotz der Studienergebnisse, der zahlreichen Umfragen und ersten Erfolgen. Vielleicht wird das Thema mit der wachsenden Digitalisierung noch akuter – viele Arbeitsbereiche werden in naher Zukunft nämlich obsolet sein.

ein Artikel von
Julia Brinker
Julia Brinker studierte in in Bonn und Bochum Germanistik und Romanistik und lebt nun in Berlin das Leben, das sie immer leben wollte. Warum? Weil sie in der Kultur- und Lifestyle-Metropole endlich Geld für all die Dinge ausgeben kann, die ihr am meisten Spaß machen.